Brüssel/Athen/Berlin. Deutsche und griechische Medien spekulieren über neuen Milliardenhilfen für Griechenland. Im November sollen die zusätzlichen Mittel angeblich beschlossen werden. Beteiligte Politiker halten sich jedoch zurück - oder reagieren verärgert auf die immer neuen Spekulationen und Gerüchte.
Die Euroländer wollen Griechenland einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge einen neuen Kredit zwischen 16 und 20 Milliarden Euro gewähren. Das zweite Hilfspaket vom Februar in Höhe von 130 Milliarden Euro reiche nicht aus, zusätzliche Kredite seien unvermeidlich, sagte ein ranghoher Vertreter der Eurozone der Donnerstagsausgabe der Zeitung.
Die Euro-Finanzminister würden die zusätzlichen Mittel voraussichtlich am 12. November beschließen. Das neue Kreditpaket müsste vom Bundestag bewilligt werden. In jedem Fall wolle die Euro-Zone Griechenland noch einmal den Schuldendienst erleichtern durch eine weitere Zinssatz-Senkung und durch Laufzeitverlängerungen für Kredite.
Athen spart wohl weniger als geplant
Die zusätzlichen Kredite würden demnach nötig, weil Athen in den kommenden Jahren weniger spare als bislang geplant, hieß es in dem Bericht. Den Plänen nach sollte das Land spätestens 2014 einen Primärüberschuss von 4,5 Prozent im Haushalt erzielen. Das Ziel werde nun erst zwei Jahre später, also 2016 erreicht, wie aus dem sogenannten Memorandum of Understanding hervorgehe, das die Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission mit Griechenland aushandelte. Ein Entwurf des Papiers lag dem "Handelsblatt" nach eigenen Angaben vor.
Umstritten in der Troika sei zudem, ob Griechenland bis 2020 seine Schuldenquote auf das maximal erträgliche Niveau von 120 Prozent senken kann. Die EU-Kommission glaube, dass dies erst 2022 gelingen werde. Dagegen bestehe der IWF auf dem bislang vereinbarten Zieldatum 2020, hieß es demnach in Brüssel.
Schäuble ärgert sich über Griechenland-Spekulationen
Zu den Spekulationen wollte sich der Präsident der EZB, Mario Draghi, nicht äußern. "Es gibt Fortschritte, aber einige Teile sind noch nicht fertig", sagte er in Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich sogar verärgert darüber, dass "jeden Tag" neue Spekulationen über Griechenland angestellt würden. Zum Teil würden Meldungen "gestreut, erfunden oder konstruiert". Dies könne zu neuer Verunsicherung führen.
Griechische Medien gehen von einer Verlängerung der Frist aus, nachdem sich unter anderem die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, dafür ausgesprochen hatte. Sie hatte vor knapp zwei Wochen erklärt, die Zeit sei nötig, um das Konsolidierungsprogramm anzugehen.
Haushaltsexperten sehen keine Chance für drittes Milliardenpaket
Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke äußerte Zweifel an dem Zeitungsbericht. Er habe jedenfalls von neuen Krediten an Griechenland nichts gehört, sagte er dem rbb InfoRadio. "Es gibt immer wieder schöne neue Theorien." Zudem bedürften alle neuen Programme und Hilfen einer Mehrheit im Deutschen Bundestag. "Für ein drittes Paket für Griechenland kann ich keine Mehrheiten sehen", sagte Fricke.
Für neue Hilfen, wie sie in dem Bericht beschrieben werden, sehe er keinerlei Chancen. Gehe es um kleinere Änderungen bei den Fristen von bestehenden Kreditprogrammen, dann müsse man sich das genauer anschauen. Keine Grundlage sieht Fricke auch für Äußerungen des griechischen Finanzministers Yannis Stournaras, nach denen dem Land inzwischen eine Fristverlängerung für das Erreichen seiner Reform- und Sparziele gewährt worden sein soll.
SPD möchte Griechenland mehr Zeit zum Sparen geben
Die SPD plädierte indes dafür, Griechenland mehr Zeit zur Erfüllung seiner Sparauflagen zu geben. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Joachim Poß sagte der "Passauer Neuen Presse", die SPD würde eine zweijährigen Aufschub unterstützen. "In der Abwägung überwiegt klar der positive Effekt, den ein Verbleib Griechenlands in der Eurozone hat", sagte Poß.
Poß sagte, die bisherigen drastischen Sparprogramme hätten in Griechenland zu einem Wachstumseinbruch von sechs bis sieben Prozent geführt haben. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, müsse nun politisches Versagen ausbügeln, auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Noch immer unklar ist, ob bald die nächste Hilfstranche aus dem zweiten Griechenland-Programm von über 30 Milliarden Euro freigegeben werden kann. Der entscheidende Bericht der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF über die Entwicklung in dem Land steht immer noch aus. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte am Mittwochabend nochmals unterstrichen, Bedingung für die Freigabe dieser Gelder sei die Erfüllung der Reform- und Sparzusagen des Landes.(afp/rtr/dapd)