Im Streit um Bochumer Vortrag schaltet Steinbrück Anwalt ein
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Berlin. Spende oder nicht? Der SPD-Kanzlerkandidat will die offenen Fragen um die 25.000 Euro für einen Auftritt bei den Bochumer Stadtwerken nun juristisch klären lassen. Laut Medienberichten hat er neben Vortragseinkünften zusätzlich mit Büchern und anderen Tätigkeiten weitere 500.000 Euro verdient.
Im Streit mit den Bochumer Stadtwerken um ein 25.000 Euro-Honorar setzt SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nun auf eine juristische Klärung. Die Behauptung des Stadtwerke-Sprechers, es sei vereinbart worden, dass Steinbrück das Honorar für seinen Auftritt an eine karitative Einrichtung spenden solle, sei falsch, bekräftigte ein SPD-Sprecher am Samstag. Daher sei ein Anwalt beauftragt worden, auch seitens der Stadtwerke für eine entsprechende Klarstellung zu sorgen.
Für seine Teilnahme am "Atriumtalk" der Stadtwerke Bochum im November 2011 hatte Steinbrück ein Honorar von 25.000 Euro erhalten. Nach Darstellung der Stadtwerke war vereinbart, dass dieses Geld gespendet werden soll, an eine von Steinbrück "zu benennende Stiftung oder karitative Einrichtung", wie Stadtwerke-Sprecher Thomas Schönberg der "Bild"-Zeitung in der vergangenen Woche sagte. Seitdem ist der Stadtwerke-Sprecher nicht mehr für Medien zu erreichen. Die SPD betont dagegen, Absprachen zur Verwendung des Honorars habe es nicht gegeben.
Fußball-Fan Peer Steinbrück
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Das Honorar stößt auch auf Kritik, weil es von einem Betrieb in öffentlicher Hand in einer finanzschwachen Kommune gezahlt worden war. Vertreter der Partei-Linken sehen Schaden für die Glaubwürdigkeit der Partei. Ihre Sprecherin Hilde Mattheis sagte dem "Focus": "Es geht um hohe Summen. Wenn sich die SPD als Partei der sozialen Gerechtigkeit mit so einer Debatte herumschlagen muss, ist das für uns natürlich schwierig."
Insgesamt zwei Millionen verdient?
Gleichzeitig wurde bekannt, dass Steinbrück angeblich eine weitere halbe Million Euro mit seinen Büchern und anderen Tätigkeiten verdient haben soll. Nach Berechnungen von "Focus" und "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" kommen zu den 1,25 Millionen Euro, die Steinbrück nach eigenen Angaben für seine Vortragstätigkeiten erhalten hat, noch einmal Einkünfte von rund 500.00 Euro. Steinbrück hatte die Buchhonorare mit der Begründung nicht offen gelegt, dass man ihm in diesem Bereich keine Abhängigkeiten unterstellen könne.
Nach "Focus"-Informationen erhielt Steinbrück allein für sein Erstlingswerk "Unterm Strich" eine halbe Million Euro. Für das Buch "Zug um Zug" sollen mehr als 100.000 Euro geflossen sein, die er sich mit dem Co-Autoren Helmut Schmidt teilt. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" geht hingegen von einem Honorar in Höhe von 300.000 Euro für das erste und 180.000 Euro für das zweite Buch aus. Nach Angaben aus der Verlagsbranche, auf die sich die Zeitung bezieht, könnte der Autorenanteil auch höher liegen.
Hinzu kommen laut "Focus" 115.000 Euro, die der Ex-Minister bereits als Vergütung für sein Aufsichtsratsmandat beim Stahlriesen ThyssenKrupp erhalten haben soll. Noch ausstehend sei die Summe von rund 65.000 Euro, die dem SPD-Politiker laut Unternehmenskreisen für das abgeschlossene Geschäftsjahr zustehe. Berücksichtigt man zudem die fünfstellige Summe, die Steinbrück für ein Interview im Geschäftsbericht des Baukonzerns Bilfinger Berger erhalten haben soll, käme der Sozialdemokrat in der laufenden Legislaturperiode auf Nebeneinkünfte in Höhe von rund zwei Millionen Euro.
In der Kanzlerfrage ist Steinbrück deutlich abgeschlagen
Die Debatte um die Nebeneinkünfte wirkt sich offenbar auf die Umfragewerte aus. Für die Kanzlerin dagegen sieht es derzeit gut aus: Angela Merkel (CDU) hat Umfragen zufolge im direkten Vergleich mit Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) deutlich die Nase vorn. Vor allem die Ostdeutschen stehen hinter der Mecklenburgerin.
Laut einer Erhebung von TNS Emnid für die Magazine "Focus" und "Superillu" halten die Bundesbürger die CDU-Chefin für sympathischer, durchsetzungsfähiger und glaubwürdiger als Steinbrück. Die Kanzlerin gilt auch als kompetenter in der Europapolitik und bei der Sicherung der Sozialsysteme. Ihr Herausforderer Steinbrück kann allerdings in der Wirtschafts- und Finanzpolitik punkten.
In der Kanzlerfrage hat Merkel den Abstand zu Steinbrück sogar ausgebaut. Wollten Ende September im Fall einer Direktwahl noch 46 Prozent der Befragten für Merkel und 37 Prozent für Steinbrück stimmen, wollen der aktuellen Emnid-Umfrage zufolge 51 Prozent der CDU-Chefin und 26 Prozent dem SPD-Politiker ihre Stimme geben. Im Osten kann Merkel mit 60 Prozent, Steinbrück nur mit 18 Prozent rechnen.
Mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) halten Merkel für durchsetzungsfähiger als Steinbrück (24 Prozent), 48 Prozent halten sie für glaubwürdiger und 50 Prozent für sympathischer als ihren Herausforderer. Dieser gilt lediglich 29 Prozent als sympathischer und 21 Prozent als glaubwürdiger als die CDU-Politikerin. Bei den Wählerinnen liegt Steinbrück noch weiter im Hintertreffen: 56 Prozent der Frauen halten Merkel für sympathischer und 49 Prozent für glaubwürdiger. Nur 23 Prozent der Frauen finden Steinbrück sympathischer und 19 Prozent glaubwürdiger.
Auch SPD-Wähler unterstützen Merkels Europa-Politik
Die meisten Wähler billigen Merkel der Umfrage zufolge auch eine größere Sachkenntnis als Steinbrück zu. In der Wirtschafts- und Finanzpolitik halten allerdings 42 Prozent der Befragten den SPD-Herausforderer für kompetenter, 37 Prozent Merkel. Im Osten dagegen hat Merkel auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik die Nase vorne. Knapp die Hälfte der Wähler in den neuen Ländern sehen sie als kompetenter an. Steinbrück kommt hier auf 31 Prozent.
In der Europa-Politik deklassiert Merkel Steinbrück. 62 Prozent halten sie hier für kompetenter als Steinbrück, nur 17 Prozent diesen für fähiger. Selbst in der SPD liegt Merkel bei der Europa-Politik mit 60 Prozent deutlich vor ihrem SPD-Herausforderer, der nur auf 28 Prozent kommt.
Besuch von Peer Steinbrück
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Merkel trauen die Bundesbürger auch mehrheitlich mehr Kompetenz bei der Sicherung der Sozialsysteme zu. Hier liegt sie mit 40 Prozent vor Steinbrück mit 31 Prozent.
Das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid befragte für "Focus" und die Zeitschrift "Superillu" zwischen 26. und 30. Oktober 1201 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger. (dapd)
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