Prominente CDU-Politiker werfen der Hochschule Dilenttantismus vor - oder Absicht, weil ein vertraulicher Bericht über die Plagiatsanschuldigung gegen Ministerin Schavan an die Öffentlichkeit gelangen ist. Rektor Piper sagt, die Unterlagen seien gestohlen worden - und verteidigt das Vorgehen der Universitätsgremien.
In der Diskussion über Plagiatsvorwürfe gegen Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) bläst die Union zur Attacke gegen die Universität Düsseldorf. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) warf der Hochschule, die derzeit Schavans Doktorarbeit auf Täuschung überprüft, Befangenheit vor. Das Prüfverfahren in Düsseldorf müsse so schnell wie möglich beendet und noch einmal an anderer Stelle neu begonnen werden, forderte Kauder. Universitätsrektor Michael Piper warnte dagegen vor einer verzerrten Beurteilung des Falls aus politischen Gründen.
Vergangene Woche war ein vertrauliches Gutachten der Hochschule in die Öffentlichkeit gelangt, in dem der Ministerin teils absichtliche Täuschung unterstellt wird. Schavan bestreitet dies. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann legte ihr dennoch den Rücktritt nahe. Der Promotionsausschuss prüft nun, ob die Universität ein sogenanntes Rücknahmeverfahren der Titelverleihung eröffnen sollte.
Kauder wirft Universität "Dilettantismus" vor
Kauder unterstellte der Hochschule "Dilettantismus". Er zeigte sich "entsetzt über die Art und Weise", wie die Universität Düsseldorf bei der Prüfung der Doktorarbeit vorgegangen sei. "Alle an diesem Verfahren Beteiligten sind so eindeutig befangen", sagte der CDU-Politiker der "Welt". Kauder ist sich völlig sicher, dass Schavan "die Vorwürfe entkräften kann".
Der baden-württembergische CDU-Chef Thomas Strobl unterstellte der Universität gar eine mögliche Bestechlichkeit. "Es wäre interessant zu untersuchen, ob in Fällen wie diesen womöglich auch Geld fließt. Es könnte sich hier möglicherweise auch um eine Beihilfe oder eine Anstiftung zu einer Straftat handeln".
Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe verlangte ein faires Verfahren, "das nach den inakzeptablen Durchstechereien erst einmal wieder sichergestellt werden muss". Er warnte dabei vor Vorverurteilungen. "Diesen Appell richte ich insbesondere an jene in der Opposition, die sich wieder einmal gehörig im Ton vergreifen", sagte er. Vergangene Woche war ein Gutachten der Promotionskommission der Uni Düsseldorf bekannt geworden, das Schavan schwer belastet - aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. "Wir sind bestohlen worden", sagte dazu Piper. Er hob hervor, die Universität habe alles getan, um den Bericht vertraulich zu halten. Zum Beispiel sei dieser nicht elektronisch verschickt, sondern nur in Papierform persönlich übergeben worden, um eine Verbreitung zu erschweren. Die Universität hat wegen der Verbreitung und Veröffentlichung des Gutachtens Anzeige gegen Unbekannt erstattet.
Auch der Düsseldorfer Parteienrechtler Martin Morlok nahm die Universität gegen Vorwürfe wegen der Veröffentlichung in Schutz. "Das war kein willentlicher Akt der Universität Düsseldorf, sondern die private Aktion eines Universitäts-Mitglieds" sagte Morlok
Sollte Schavan der Doktortitel aberkannt werden, müsste sie nach Ansicht einer Mehrheit der Deutschen auch als Ministerin zurücktreten. Dies ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag von "Bild am Sonntag". Für einen Amtsverzicht sprachen sich demnach 59 Prozent der Bürger aus. 34 Prozent halten einen Rücktritt auch bei Aberkennung des Doktortitels für nicht notwendig. Auch 54 Prozent der Unionsanhänger fordern Schavans Rücktritt, falls die Plagiatsvorwürfe zutreffen.
Rektor Piper fordert mehr politische Neutralität
Universitäts-Rektor Piper verteidigte zudem das Vorgehen gegen die Ministerin. Man könne nicht die Maßstäbe ändern, weil es um "eine verdiente Ministerin" gehe. Das habe nichts mit wissenschaftlicher Aufklärung zu tun. Mehrere Organisationen hatten im Zuge der jüngsten Affären um Doktorarbeiten Richtlinien verabschiedet und ein strengeres Vorgehen gegen Plagiate und anderes Fehlverhalten vereinbart. "Nun soll hinter diese Standards zurückgetreten werden", kritisierte Piper. Der Vorsitzende des Doktorandennetzwerkes Thesis, Norman Weiss, warf Schavan unterdessen vor, die gängigen Zitierregeln nicht zu kennen und sich nicht zu ihnen zu bekennen. "Das hat sie nicht getan und sich immer nur herausgeredet. Das kreide ich ihr an", sagte Weiss. Ob sie täuschen wollte, sei gar nicht so entscheidend.
Der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) sagte, Schavan habe nicht geschummelt, sie habe lediglich auch Sekundärliteratur verwendet. Er fügte hinzu: "Steinbrück hat sich bei seinen Nebeneinkünften an alle geltenden Regeln gehalten, Frau Schavan hat sich an die Regeln gehalten, die vor 32 Jahren galten. Im Nachhinein wird das Verhalten der beiden in Kampagnen skandalisiert. Das ist der Skandal."