Bengasi. . In Libyen haben Tausende Demonstranten als Reaktion auf den Tod des US-Botschafters in der vergangenen Woche drei Stützpunkte radikalislamischer Milizen gestürmt. Dabei kamen in der Nacht zum Samstag in Bengasi nach Krankenhausangaben zwei Demonstranten ums Leben, 30 weitere wurden verletzt.
Tausende Demonstranten haben am Samstag in der libyschen Stadt Bengasi die Stützpunkte der radikalen Islamistengruppe gestürmt, der die Tötung des US-Botschafters vorgeworfen wird. Bei den Zusammenstößen von Anhängern der neuen Regierung und den bislang mächtigen Extremisten kamen mindestens vier Menschen ums Leben, 34 wurden verletzt, wie Klinikmitarbeiter sagten.
Bei ihrem Sturm auf das Hauptquartier der Islamisten riefen die Menschen "Libyen, Libyen", "Weg mit Al-Kaida" oder "Das Blut, das wir für die Freiheit vergossen haben, soll nicht umsonst gewesen sein." Der Angriff auf die Extremisten schien Teil einer koordinierten Aktion von Polizei, Regierungstruppen und Aktivisten zu sein, die auf Massenproteste gegen die Milizen am Freitag folgte.
Die USA beschuldigen die der Al-Kaida nahestehenden Ansar al-Scharia-Miliz, hinter dem Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi Mitte des Monats zu stehen. Dabei wurden der Botschafter und drei Diplomaten getötet. Die Vertreibung der Milizionäre könnte einen Wendepunkt bei der Herstellung der Ordnung im Land darstellen, die der Übergangsregierung nach der Revolte gegen Machthaber Muammar Gaddafi noch große Schwierigkeiten bereitet. Zahllose bewaffnete Gruppen weigern sich, ihre Waffen niederzulegen, und nehmen das Gesetz häufig selbst in die Hand. Allerdings hat Ansar al-Sharia im Osten des Landes, vornehmlich in der Küstenstadt Derna, noch weitere Stützpunkte.
Bevölkerung habe genug von den Extremisten
Nach den Vorkommnissen in Bengasi habe die Bevölkerung genug von den Extremisten, sagte ein Demonstrant. "Dieser Ort ist wie die Bastille", sagte Hassan Ahmed. "Von hier aus hat Gaddafi Libyen kontrolliert und dann hat Ansar Al-Sharia ihn übernommen. Für die Bevölkerung Bengasis ist das ein Wendepunkt." Wie Reuters-Reporter berichteten, zogen sich die Islamisten nach Gefechten in den frühen Morgenstunden aus ihrer letzten größeren Basis in der Stadt zurück. Einem Demonstranten zufolge wurden vier Personen befreit, die dort festgehalten wurden.
Tausende Libyer hatten am Freitag gegen Islamisten und für Demokratie protestiert. Unter dem Motto "Rettet Bengasi" riefen sie die Regierung auf, militante Gruppen endlich zu entwaffnen. Einige nutzten die Proteste auch dazu, ihrem Unmut über die Tötung von US-Botschafter Christopher Stevens Luft zu machen. Sie hielten Plakate mit Aufschriften wie "Wir verlangen Gerechtigkeit für Stevens" oder "Libyen hat einen Freund verloren" in die Höhe.
Andere teilten diese Meinung nicht. Er sei gekommen, um Bengasi zu verteidigen, sagte der 26-jährige Ingenieur Amdschad Mohammed Hassan. Die Tötung des Botschafters stünde auf einem ganz anderen Blatt. "Das interessiert mich nicht. Die Amerikaner haben den Propheten beleidigt. Ich bin nur für Bengasi hier." Islamisten hielten ihre eigene Demonstration ab. Sie warfen Stevens vor, den Einmarsch amerikanischer Truppen nach Libyen vorbereitet zu haben.
Ein in den USA gedrehter Schmähfilm über den Propheten sowie neue, in Frankreich veröffentlichte Mohammed-Karikaturen sorgen seit Tagen für Aufruhr in der islamischen Welt. Es kam zu zahlreichen Toten. (rtr)