Berlin. . CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt provoziert die Kanzlerin mit seinem Griechenland-Bashing. Ist es Angst, die ihn treibt? Sein Parteichef Horst Seehofer droht in Bayern eine Wahl zu verlieren, wenn die CSU zu Euro-freundlich ist.
Eine Woche Urlaub hat Horst Seehofer noch, eine Zeit, die der CSU-Chef halbwegs politikfrei im Ferienhaus im Altmühltal verbringt. Dort wird ihn die Aufregung um seinen Generalsekretär kaum aus der Ruhe bringen.
Alexander Dobrindt erregt die Gemüter in Berlin. Er hat Griechenland abgeschrieben, den EZB-Präsidenten Mario Draghi als „Falschmünzer“ tituliert und bei alldem die Kanzlerin grob brüskiert. Erst am Freitag hatte Angela Merkel (CDU) beteuert, sie kenne niemanden in den Regierungsfraktionen, der nicht den Verbleib Griechenlands im Euro-Raum wolle. Wie zum Gegenbeweis trat am Wochenende Dobrindt auf den Plan.
Die Schwesterpartei ist nicht amüsiert. Im CDU-Vorstand, der am Montag erstmals nach der Sommerpause beriet, bekam Merkel jedes Mal rauschenden Beifall, als sie sich – ohne Dobrindt namentlich zu erwähnen – gegen die Kritik wehrte.
Merkel ist pikiert
Merkel ist pikiert, jeder solle „seine Worte wägen“, sagt sie. Sie ahnt aber, dass Dobrindt nicht auf eigene Rechnung arbeitet. Der Generalsekretär habe im „gefühlten Konsens“ und womöglich gar in Absprache mit Seehofer gehandelt, vermuten CSU-Kenner.
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„Granteln“, wie es in Bayern heißt, besonders über die Euro-Krise, gehört zum Repertoire des bayrischen Ministerpräsidenten; im Frühsommer hatte er indirekt mit einem Bruch der Koalition in Berlin gedroht. Und es ist auch erst wenige Wochen her, dass sein Finanzminister Markus Söder den Griechen die Drachme nahegelegt hat. CSU-Politik, auch und gerade in Berlin, muss man stets aus bayrischer Warte betrachten. Nächstes Jahr stehen im Freistaat Wahlen an. Die gefürchtete Konkurrenz ist nicht die SPD. Es sind die Freien Wähler. Die legen es auf einen Europa-kritischen Wahlkampf an und haben mit Hans-Olaf Henkel sogar eine bundesweit bekannte Galionsfigur.
Es gibt einige bekannte Köpfe, denen die Euro-Rettung gegen den Strich geht: Gertrud Höhler, Hans-Werner Sinn und Peter Gauweiler, der CSU-Abgeordnete und bekannteste Kläger gegen den Euro-Rettungsfonds ESM. Die Stimmung will die CSU nicht allein den Freien Wählern überlassen – deshalb die Kraftmeierei, deshalb der Euro-Populismus, die Verbalradikalität.
Dass Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) von einem „populistischen Gequatsche“ redet, wird bei Seehofer nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Eigentlich hatte FDP-Chef Philipp Rösler mit der „rhetorischen Lederhose“ (FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle über Dobrindt) angefangen, als er sich jüngst über einen Euro-Austritt der Griechen äußerte.
Ernster dürfte Seehofer die Klagen der CDU nehmen: von NRW-Landeschef Armin Laschet („Thema ist dafür zu heikel“) über Merkels Vize Volker Bouffier, der davor warnte, „dass jeder jeden Tag irgendwo einen Hammer loslässt“; und über EU-Kommissar Günther Oettinger bis hin und zu Parlamentspräsident Norbert Lammert.
Für Laschet ist es ein „gutes Signal“, wie er dieser Zeitung sagte, dass auch CSU-Politiker „die überdrehte Polemik“ zurückwiesen: Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeld, ihr Stellvertreter Max Straubinger („provinzielles Gemecker“), der Europapolitiker Markus Ferber und der Altvordere Theo Waigel. Dobrindt sitzt zwar im Bundestag, aber in der Landesgruppe ist Distanz zu spüren; dafür ist er einfach zu nah an Seehofer.
Kein Verlass auf die da in Berlin
Der Parteichef wird sich im Zweifel bestätigt fühlen, dass auf „die da in Berlin“ kein Verlass sei, dass er nur auf seine Hausmacht in München zählen kann. Dobrindts Griechenland-Skepsis werden viele im Freistaat teilen; für die Wortwahl gilt das nicht immer. Obwohl, es entspricht dem althergebrachten Bild der Rolle eines Generalsekretärs, der immer ein Lautsprecher, ein Mann fürs Grobe ist und der artikulieren soll, was der Parteichef denkt, aber nicht selbst sagen will.
Dobrindts Vorgänger wie Edmund Stoiber und Markus Söder haben Maßstäbe gesetzt. Geschadet hat es ihnen nicht. Stoiber brachte es zum Ministerpräsidenten, Söder bisher bis zum Finanzminister in Bayern, was noch nicht der Endpunkt sein muss. So gesehen hat sich Alexander Dobrindt gerade bei Seehofer empfohlen. Merkel weiß das. Das ist ja das Problem.