Berlin. .

Im sechsten Jahr der Rezession sieht der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras keine Chance, sein Land allein mit Einsparungen aus der Krise zu führen. Wachstum sei seine „große Priorität“, erläuterte er am Freitag in Berlin. Dafür benötige Griechenland allerdings „Zeit zum Atmen“.

Ob er einen Aufschub bekommt, ob einige Sparauflagen gestreckt werden, ließ seine Gastgeberin, Kanzlerin Angela Merkel (CDU), offen. Sie wartet erst den Bericht der EU-Experten ab, der „Troika“. Merkel schlug versöhnliche Töne an. Der Euro sei mehr als eine Währung - „er ist eine Idee“. Sie wolle, dass Griechenland Teil des Euro-Raums bleibe, versicherte die Kanzlerin. Merkel: „Das leitet mich.“

Samaras wirkt nicht so, als müsse er den Troika-Bericht fürchten

Für einen erfahrenen Zuhörer wie zum Beispiel Joachim Poß war danach klar, dass sie Samaras entgegenkommen werde. Der SPD-Fraktionsvizechef geht davon aus, dass die Regierung im Hintergrund an einem Konsens mit Samaras arbeite. Das Ziel seiner ersten Auslandsreise - am Samstag wird er in Paris erwartet - war mit Bedacht gewählt: In Berlin sitzen die größten Geldgeber - und Skeptiker. Samaras machte nicht den Eindruck, als müsse er den Bericht der Troika fürchten. Schon eher muss er um deutsche Unterstützung bangen.

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Vor den Medien harmonierten Merkel und Samaras, die Parteifreunde sind und sich duzen. Der Grieche ist indes irritiert über die Vielstimmigkeit. Vor seiner Ankunft im Kanzleramt hatte Unions-Fraktionschef Volker Kauder im ZDF erklärt, dass die Griechen weder über die Zeit noch über die Inhalte der Reformauflagen verhandeln könnten und dass im übrigen ihr Austritt aus dem Euro-Raum „kein Problem“ wäre.

Kauder ist nicht irgendwer. Er ist Merkels Mehrheitsbeschaffer. Und er vertritt keine Einzelmeinung, ganz im Gegenteil. Denn auch der bayrische Finanzminister Markus Söder (CSU) und die zwei führenden FDP-Politiker Philipp Rösler und Rainer Brüderle verlieren langsam die Geduld mit der Regierung in Athen. Ob sie auf eigene Faust handeln (bei Kauder schwer vorstellbar) oder sich mit Merkel abstimmen und Teil eines Rollenspiels mit der Kanzlerin sind, das ist unklar.

Vielstimmigkeit schafft "große Probleme"

Aber für Samaras sind ihre Statements „toxische Erklärungen“. Wie sie die Atmosphäre vergiften können, machte er an einem Beispiel deutlich. Sein Land sei gerade dabei, Staatsbetriebe zu privatisieren. Aber wer werde in Euro investieren, wenn andere von der Rückkehr zur Drachme redeten? Diese Kakophonie, Vielstimmigkeit, „schafft große Probleme“. Einerseits.

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Andererseits: Griechenland sei doch „großzügigst geholfen worden“, ruft FDP-Fraktionschef Brüderle in Erinnerung. Und wenn er alles zusammensortiere, komme er auf 200 Milliarden Euro an Hilfe. Brüderle: „Jetzt muss Griechenland mal liefern.“ Der Gast aus Athen bat darum, an seinen Taten gemessen zu werden. Man sei dabei, „zwei Defizite abzubauen“: Im Haushalt und beim Vertrauenskredit.

Ein neues Hilfspaket gilt in Berlin als unwahrscheinlich, ein Aufschub nicht. Obwohl: Das Zeit Geld sei, das treffe nirgendwo mehr als für Griechenland zu, mahnte Kauder. Denkbar ist dem Vernehmen nach allerdings, dass die Europäische Zentralbank (EZB) hilft, die Zinslast zu drücken, und dass die EU Wachstumsimpulse gibt. Darauf drängt Frankreichs Präsident Francois Hollande. Wachstum sei das „große Rezept“. Als Wirtschaftswissenschaftler sei er davon überzeugt, so Samaras. Es gehe ihm nicht um mehr Geld. „Wir sind ein sehr stolzes Volk, wir mögen es nicht, von geliehenem Geld abhängig zu sein“, sagte Samaras.

Merkel würdigte die Anstrengungen. Sie lese jeden Tag die griechische Presseschau und wisse von der unterschiedlichen Wahrnehmung - dort die Opfer, hier die Klagen über zu wenig Anstrengungen. Um Vertrauen wieder zu gewinnen, müsse man Verpflichtungen und Erwartungen einhalten. Sie wolle, dass Griechenland Teil des Euro-Raums bleibe. Sie kenne niemanden in ihrer Koalition, beteuerte die Kanzlerin, „der das nicht will“.