Berlin. . Die Nachrichtenlage rund um Griechenland ist düster: Der Regierung in Athen fehlt mehr Geld als bislang bekannt. Die Euro-Retter befinden sich in einem Dilemma. Was tun? Schäuble und Kauder geben sich hart, FDP-Mann Kubicki will die ESM-Banklizenz und Joschka Fischer warnt vor dem Zerfall der Währungsunion.
Die Aussichten sind düster, die Auguren besorgt. „Draußen bahnt sich ein Sturm unvorstellbaren Ausmaßes an, gegen den die Lehman-Pleite ein laues Lüftchen war“, warnt der eine. „Je näher wir an den Abgrund kommen, desto klarer werden die Alternativen“, raunt der andere.
Der eine, das ist Wolfgang Kubicki, der an diesem Wochenende seiner Partei, der FDP, den Bruch mit ihrer bisherigen Haltung zur Euro-Rettung nahelegt.
Der andere, Joschka Fischer, wiederholt ein weiteres Mal, was er seit zweieinhalb Jahren predigt: Dass es nur zwei Auswege aus der Krise gebe, Zerfall des Euro mit allen Folgen oder Vergemeinschaftung der europäischen Schulden.
Griechisches Defizit ist höher als befürchtet
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Düster ist auch die Nachrichtenlage. Wieder geht es um Griechenland und dessen Misere, das Thema also, das im Frühjahr 2010 am Anfang der Euro-Krise stand. Und wie damals, lautet erneut die Botschaft, dass das griechische Defizit größer ist als geahnt. Dies soll aus einem Zwischenbericht hervorgehen, in dem die „Troika“ aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission die Befunde ihrer jüngsten Informationsreise nach Athen zusammengefasst habe.
Demnach fehlen der griechischen Regierung, anders als von ihr behauptet, in den nächsten zwei Jahren nicht 11,5 Milliarden, sondern 14 Milliarden Euro. Woran es in Athen noch fehlt, sind Ideen, wie die Lücke zu schließen ist. Auch die 11,5 Milliarden seien, so die Troika, nur zu zwei Dritteln durch Sparzusagen gegenfinanziert. Wieder also die europäische Gretchenfrage: Was tun mit Griechenland?
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Rausschmeißen, „ein Exempel statuieren“, empfahl kürzlich Bayerns Finanzminister Markus Söder und hat dafür Prügel bezogen. Es schüttele ihn, wenn er so etwas höre, gibt sich Außenminister Guido Westerwelle angewidert. Sein Vor-Vorgänger Fischer wirft dem CSU-Mann Geschichtsvergessenheit vor, und Finanzminister Wolfgang Schäuble warnt vor deutscher Überheblichkeit gegenüber Südeuropäern: „Auch wir bescheißen gelegentlich“, belehrt er.
Bleibt die Frage: Was tun? Über zwei Rettungspakete für Griechenland hat der Bundestag schon abgestimmt, im Mai 2010 und im vergangenen Februar. Ein drittes Mal wird es nicht geben, zumindest sehe er dafür „wenig Chancen“, sagt Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Die Griechen müssten „irgendwann die Frage beantworten: Strengen wir uns vielleicht noch mehr an, oder verlassen wir den Euro?“ So sehr anders als Söder hört sich das nicht an.
Ruf nach der „Bazooka“
„Natürlich können wir den Griechen helfen, aber wir können nicht verantworten, Geld in ein Fass ohne Boden zu werfen“: Auch Schäubles Geduld nähert sich der Erschöpfungsgrenze. „Wir können nicht schon wieder ein neues Programm machen“, sagt er. Und gibt doch zu bedenken: „Wenn der Euro nicht zusammenbleibt, zahlen wir den höchsten Preis.“
Krawalle in Griechenland
Wer kann sich schon sicher sein, ob ein griechischer Austritt aus der Währungsunion nicht eine Kettenreaktion auslöst? „Wenn es zu einer Ansteckung Italiens und Spaniens käme, wäre das das Ende des Euro“, warnt Fischer. Das ist das Dilemma der Euro-Retter.
Fischer: Merkel hat "zu spät und zu unentschlossen" gehandelt
Wie gewohnt, wirft der Ex-Außenminister der Kanzlerin vor, in der Krise „zu spät und zu unentschlossen“ gehandelt zu haben - und findet an diesem Wochenende einen unverhofften Gesinnungsgenossen. Der Nord-Liberale Kubicki glaubt nicht mehr an Angela Merkels Mantra, dass die Krise nur allmählich, nicht mit Hauruck-Methoden, zu überwinden sei. Kubicki ruft nach der „Bazooka“.
Wie bisher nur die Opposition, verlangt er für den Rettungsfonds ESM eine Lizenz, bei der Zentralbank unbegrenzt Geld zu leihen, um europäische Finanzlöcher zuzuschütten. In seiner Partei gilt das als Ketzerei, indes: „Wer nicht bereit ist, heute die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, der muss in Kauf nehmen, dass sich morgen Schlangen vor Suppenküchen bilden“, raunt sein Orakel.