Kiew. . Die Debatte um die frühere ukrainische Regierungschefin Timoschenko reißt nicht ab. Die ukrainische Justiz behauptet, sie soll 1996 einen Mord an einem Geschäftsmann beaufragt haben und kündigte jüngste eine Mord-Anklage an. Für Tomoschenko-Anhänger ein weiterer Versuch der Regierung, Timoschenko kalt zu stellen.

Rund 3000 Menschen haben am Samstag in Kiew gegen den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch demonstriert. Sie forderten ein Misstrauensvotum gegen den umstrittenen Staatschef und die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. Auf dem Oppositionskongress unter freiem Himmel verlas die Tochter der in Haft erkrankten ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, Jewgenija, einen Brief ihrer Mutter. Die drohende Mordanklage gegen diese bezeichnete Jewgenija Timoschenko als politisch motiviert.

In dem Brief forderte die zu sieben Jahren Haft verurteilte frühere Ministerpräsidentin ihre Landsleute auf, den "antidemokratischen und antieuropäischen Kurs der Regierung zu stoppen. Nach der Parlamentswahl im Oktober soll es ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Janukowitsch geben". Widerstand sei nicht nur die Aufgabe der Politiker, sondern die Verantwortung der Bürger. Die 32-jährige Jewgenija Timoschenko endete mit den Worten: "Mama, ich weiß, dass du mich hören kannst und ich bin mir sicher, dass du schon bald wieder bei uns bist."

In der rund zweistündigen Veranstaltung wurde von mehreren Rednern, unter ihnen der frühere Außenminister Arsenij Jazeniuk und die Ehefrau des zu vier Jahren verurteilten Ex-Innenministers, Irina Luzenko, betont, dass die derzeitige Regierung das Land immer weiter von Europa wegführe. "Mit diesem Kurs wird ein ganzes Volk zur Geisel einer kleinen Gruppe von Politikern gemacht", sagte Jazeniuk. Alle Redner wurden immer wieder durch "Freiheit für die Ukraine"-Rufe unterbrochen.

Die Regierung in Kiew steht seit Wochen unter starkem Druck. EU und USA fordern die ukrainische Regierung auf, rechtsstaatliche Maßstäbe zu garantieren und die politisch motivierte Verfolgung gegenüber Oppositionspolitikern einzustellen. In rund vier Wochen ist die Ukraine Gastgeber der Fußballeuropameisterschaft EURO 2012. Obwohl es reihenweise Absagen hagelt, lenkt Präsident Janukowitsch nicht ein.

Jewgenija Timoschenko: "Meine Mutter hat keinen Auftragsmord bezahlt"

Im Gegenteil, Ende der Woche hatte er den Streit um Timoschenko als "vorübergehend" bezeichnet. Gleichzeitig hatte der stellvertretende Generalstaatsanwaltschaft Rinat Kuzmin mitgeteilt, in zwei Wochen wegen eines angeblichen Auftragsmordes Anklage gegen Timoschenko erheben zu wollen.

Im Jahr 1996 wurde der Geschäftsmann Jewgenij Schtscherban erschossen. Vor ein paar Wochen teilte Schtscherbans Sohn Ruslan mit, er habe Informationen, wonach ein Geschäftsfreund seines Vaters Beweise dafür habe, dass Timoschenko die Mörder seines Vaters bezahlt habe.

Experten wie der US-Botschafter in Kiew, John Tefft, bezweifeln die Aussagen und die Glaubwürdigkeit Ruslan Schtscherbans. Der 35-Jährige hat ein Abgeordnetenmandat der Janukowitsch-Partei in der Region Donezk. Zudem stützt er seine Behauptungen auf Aussagen des in den USA lebenden Petro Kiritschenkos. Der hatte in den 1990er Jahren geschäftliche Beziehungen zu dem damaligen ukrainischen Ministerpräsidenten Pawel Lazarenko. Kiritschenkos Ehefrau Isabella wurde im vergangenen Sommer beim Versuch, in Kiew ein Apartment zu verkaufen, verhaftet. Erst Anfang 2012 konnte sie die U-Haft verlassen und in die USA zurückkehren.

Auf die Frage nach der drohenden Mordanklage gegen ihre Mutter sagte Jewgenija Timoschenko der Nachrichtenagentur dapd: "Nachdem alle Anschuldigungen gegen meiner Mutter als politisch motiviert entlarvt wurden, versuchen ihre Gegner nun, sie mit dieser ungeheuerlichen Behauptung zu diskreditieren." Ihre Mutter habe kein Geld für einen Auftragsmord bezahlt. "Die Öffentlichkeit und die Medien, sollten sich vom stellvertretenden Generalstaatsanwalt nicht hinters Licht führen lassen", sagte Timoschenko. (dapd)