Essen. Die Gewerkschaften feiern den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst als großen Erfolg. Doch auf Arbeitgeberseite hat das große Wundenlecken begonnen. Nach den Kommunen haben nun auch die Krankenhäuser angekündigt, sich die Gehaltserhöhung nicht leisten zu können. Sie drohen mit Personalabbau.

Die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser geraten durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst in Finanznot. Bis zu 6000 Stellen sind gefährdet. Davor hat jetzt die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) gewarnt. Land und Bund streiten darüber, wie die aktuelle Finanzierungslücke geschlossen werden kann.

Durch den Ende März vereinbarten Tarifabschluss steigen die Löhne der Beschäftigten in den kommunalen Krankenhäusern in diesem Jahr rückwirkend zum 1. März um 3,5 Prozent. Die Krankenhäuser in kirchlicher und privater Trägerschaft werden wahrscheinlich nachziehen. Gleichzeitig verbuchen die Krankenhäuser aber nur einen gesetzlichen Einnahmezuwachs von etwa 1,5 Prozent, was eine Finanzierungslücke von 295 Millionen Euro bedeute, rechnet die KGNW vor.

Krankenhäuser fordern Geld von der Bundesregierung, sonst der Stellenabbau

Damit die Krankenhäuser nicht gezwungen seien, Personal zu entlassen, müsse die Bundesregierung zügig finanzielle Hilfen beschließen, forderte KGNW-Vizepräsident Jochen Brink. Eine Forderung, der sich auch NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) anschließt: „Der Bund darf die kommunalen Krankenhäuser jetzt nicht im Stich lassen“, so Steffens.

Das Bundesgesundheitsministerium gibt den schwarzen Peter zurück: Die Finanzmisere vieler Krankenhäuser liege an der „fehlenden Investi­tionskostenfinanzierung durch die Länder“, so ein Sprecher. Allerdings habe die Koalition die Ergebnisse der Tarifverhandlungen „im Blick“.

Wirtschaftsinstitut sieht eine Investitionslücke von 400 Millionen Euro

Auch das rheinisch-westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen sieht die Bringschuld eher beim Land. „Für Investitionen in Gebäude und Medizintechnik fehlen den Kliniken in NRW jährlich 400 Millionen Euro, die sie aus dem laufenden Betrieb herausquetschen müssen“, so RWI-Experte Boris Augurzky. Die steigenden Personalkosten könnten verkraftet werden, wenn das Land genügend Geld für Investitionen zahle – oder wenn zehn Prozent der etwa 400 Krankenhäuser an Rhein und Ruhr geschlossen würden. Das sei möglich, ohne dass es Versorgungsengpässe gebe, so Augurzky.