Dresden. Der verheerende Luftangriff auf zwei entführte Tanklastwagen in Afghanistan könnte für den deutschen Oberst Klein strafrechtliche Konsequenzen haben. Nach den Worten von Verteidigungsminister zu Guttenberg war der Luftangriff allerdings "militärisch angemessen".

Der verheerende Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus in Afghanistan ist aus Sicht von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg militärisch angemessen gewesen. Dies sagte der CSU-Politiker am Freitag in Berlin. Der Minister geht nach eigenen Worten davon aus, dass bei dem Angriff am 4. September durch US-Bomber auch Zivilisten ums Leben gekommen sind, auch wenn dafür der letzte Beweis fehle. Dies bedaure er «zutiefst und von Herzen».

Guttenberg berichtete nach einem Gespräch mit den Fraktionschefs, der als geheim eingestufte Untersuchungsbericht der NATO liste Verfahrensfehler und Ausbildungsmängel auf. Doch selbst ohne diese Fehler «hätte es zum Luftschlag kommen müssen», meinte der Minister.

Bundesanwaltschaft soll prüfen

Am Morgen wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft die strafrechtlichen Konsequenzen des von der Bundeswehr ausgelösten Luftangriffs auf zwei Tanklastzüge in Afghanistan prüfen soll. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat die Behörde in Karlsruhe um eine Prüfung des Sachverhalts gebeten, wie sie am Freitag mitteilte. Als Grund gab sie an, dass in Afghanistan ein bewaffneter Konflikt im Sinne des Völkerstrafgesetzbuchs vorliegen könnte, mit dem der Luftangriff vom 4. September im Zusammenhang gestanden habe.

Bei dem Angriff der US-Armee, der von dem Kommandanten des deutschen Bundeswehrkontingents in Kundus, Oberst Georg Klein, ausgelöst worden war, waren laut NATO-Bericht zwischen 17 und 142 Menschen getötet oder verletzt worden. Aufständische hatten die beiden Tanklastzüge an einem vorgetäuschten Kontrollpunkt ungefähr sieben Kilometer südwestlich des Bundeswehr-Stützpunktes gekapert. Daraufhin war das Bombardement befohlen worden.

Bewaffneter Konflikt?

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte geprüft, ob Ermittlungen gegen Klein eingeleitet werden sollen. Nun erklärte sie, der ISAF-Untersuchungsbericht habe bestätigt, dass die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft eröffnet sein könnte. Demnach könnte in Afghanistan ein bewaffneter Konflikt im Sinne des Völkerstrafgesetzbuchs vorliegen.

Die Behörde legt deshalb ihre Prüfvorgänge der Bundesanwaltschaft vor, damit diese unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der völkerstrafrechtlichen Zulässigkeit des Militäreinsatzes eine Übernahme prüft. Wenn festgestellt würde, dass es sich in Afghanistan um einen bewaffneten Konflikt handelt, würde dies nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Dresden nicht nur zur Anwendbarkeit des Völkerstrafgesetzbuchs führen, sondern insgesamt zur Geltung der Regeln des humanitären Völkerrechts. Danach wären völkerrechtskonforme Militäreinsätze im Rahmen eines Mandats der Vereinten Nationen grundsätzlich gerechtfertigt.

Prüfung kann dauern

Die Bundesanwaltschaft erklärte, bereits früher seien bei der Bundesanwaltschaft mehrere Strafanzeigen wegen des Luftangriffs eingegangen. «Nach vorläufiger Bewertung der Erkenntnisse aus allgemein zugänglichen Quellen ergeben sich bisher keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat deutscher Soldaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch», erklärte die Behörde. Die Akten der Dresdner Behörde müssten nun daraufhin überprüft werden, ob sich aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen eine abweichende Bewertung ergebe.

«Nach Auswertung der vorgelegten umfangreichen Unterlagen wird eine abschließende Entscheidung getroffen werden», erklärte die Bundesanwaltschaft. Angesichts der komplexen Rechtsfragen werde dies allerdings einige Zeit dauern. (ap)