Berlin. Was seinem Vorgänger nicht über die Lippen gekommen ist, hat der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nun erstmals ausgesprochen. Der Afghanistan-Einsatz sei für die Soldaten "Krieg". Beschönigende Äußerungen zu der "Bedrohung von heute" seien unpassend.




Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat im Zusammenhang mit dem Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan von «Krieg» gesprochen und sich gegen beschönigende Bezeichnungen gewandt. «Ich selbst verstehe jeden Soldaten, der sagt: 'In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde'», sagte zu Guttenberg der «Bild"-Zeitung vom Dienstag.

Bislang weigerte sich das Verteidigungsministerium unter Verweis auf völkerrechtliche Definitionen, den Einsatz am Hindukusch als Krieg zu bewerten, bezeichnete aber dort getötete Soldaten als Gefallene. Guttenberg sagte nun: «In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände. Zwar ist das Völkerrecht eindeutig und sagt: Nein, ein Krieg kann nur zwischen Staaten stattfinden.» Aber «wenigstens in der Empfindung nicht nur unserer Soldaten führen die Taliban einen Krieg gegen die Soldaten der internationalen Gemeinschaft». Manche herkömmliche Wortwahl passe für die Bedrohung von heute nicht mehr.

Mehr Hubschrauber für Afghanistan angekündigt

Guttenberg äußerte sich zurückhaltend zu einer möglichen Aufstockung der Bundeswehr in Afghanistan. «Deutschland entzieht sich nicht», sagte der CSU-Politiker. «Wir sind drittstärkster Truppensteller mit über 4.300 Soldaten.» Allerdings räumte der Minister ein, dass ein Problem der ISAF-Truppen der Mangel an Hubschraubern sei. Vom kommenden Jahr an würden weitere modernisierte Helikopter des Typs CH-53 eingesetzt.

Ein deutscher ISAF-Soldat bereitet Munition vor. Foto: ap
Ein deutscher ISAF-Soldat bereitet Munition vor. Foto: ap © AP | AP





Das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr sieht den Einsatz von maximal 4.500 Soldaten vor und gilt bis längstens 13. Dezember. Schon Guttenbergs Vorgänger Jung hatte vor einigen Wochen erklärt, diese Grenze sei auch für das neue Mandat ins Auge gefasst. Änderungen seien erst nach der für Anfang kommenden Jahres geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz denkbar.

Der FDP-Verteidigungsexperte Rainer Stinner bekräftigte dies in der in Halle erscheinenden «Mitteldeutschen Zeitung». «Wir werden nach der Afghanistan-Konferenz neue Überlegungen anstellen, aber bis dahin nichts verändern», sagte er der Zeitung. «Deshalb reden wir jetzt nicht über eine Aufstockung, sondern verlängern erstmal das Mandat. Nach der Afghanistan-Konferenz werden wir die Dinge neu beurteilen.» Stinner hält eine Aufstockung für denkbar, wenn das Konzept überzeugend ist.

Ein Termin für die Afghanistan-Konferenz steht bislang noch nicht fest. Zwar hatte Kanzlerin Angela Merkel nach der umstrittenen Bombardierung der entführten Tanklaster erklärt, sie wolle sich für eine Einberufung noch in diesem Jahr einsetzen; davon war aber angesichts der Begleiterscheinungen der Präsidentenwahl in Afghanistan seit einiger Zeit nicht mehr die Rede. (afp/ap)