Berlin. Die Führung der Union will den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler nicht als Wulff-Nachfolger akzeptieren - während die FDP Gauck favorisiert. Auch Klaus Töpfer und der frühere EKD-Vorsitzende Wolfgang Huber sind offenbar aus dem Rennen. Lammert und Voßkuhle lehnten ab.
Die CDU-Spitze lehnt den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten ab. Dies verlautete am Sonntag in Berlin aus Teilnehmerkreisen der Gespräche über die Nachfolge des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff.
Die FDP hatte sich zuvor für den früheren Chef der Stasiunterlagenbehörde als Nachfolger für Bundespräsident Christian Wulff stark gemacht. Ein entsprechender Beschluss des Präsidiums sei am Sonntag einstimmig gefallen, hieß es aus der FDP-Führung. Parteichef Philipp Rösler und der Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle seien damit in die Gespräche mit der Union gegangen. Die Beratungen in der Regierungskoalition gestalteten sich schwierig, da zunächst kein Bewerber die Sympathien von CDU, CSU und FDP auf sich vereinen konnte.
So gebe es in der FDP-Führung Vorbehalte gegen den früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, der wegen seiner SPD-Nähe als nicht vermittelbar gelte, hieß es. In der ARD bezeichnete FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle Gauck als einen respektablen Kandidaten. Seine Aufstellung wird aber in der Union abgelehnt, da er bereits 2010 gegen Wulff kandidiert hatte und seine Wahl nun als Niederlage für Kanzlerin Angela Merkel gewertet werden könnte.
Der frühere UN-Umweltpolitiker Klaus Töpfer wiederum stößt bei den Liberalen auf Ablehnung, weil seine Benennung ein Signal für eine schwarz-grüne Koalition bedeuten könnte. Töpfer hat zwar das Parteibuch der CDU setzt sich aber vehement für grüne Themen ein. Ähnliche Bedenken gibt es nach Aussage aus Koalitionskreisen gegen die scheidende Frankfurter Oberbürgermeisterin, Petra Roth, die die Stadt mit einer schwarz-grünen Koalition regiert. Anders als bei der Bundespräsidentenwahl vor knapp zwei Jahren wollen sich Koalition sowie SPD und Grüne diesmal auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat bereits abgesagt. Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle, hat sich Medienberichten zufolge gegen eine Kandidatur ausgesprochen.
Keine rasche Einigung auf einen gemeinsamen Kandidaten
Vertreter der Koalition bemühten sich am Sonntag, die Erwartungen auf eine rasche Einigung zu dämpfen: "Es ist eher unwahrscheinlich, dass heute noch Gespräche mit der Opposition stattfinden", hieß es in Kreisen des Regierungsbündnisses. "Jetzt finden erst einmal wieder Gespräche in der Koalition statt." Es sei noch nicht absehbar, wie weit man dabei vorankomme. Zuvor hatte eine andere Person gesagt, dass für den späten Nachmittag eine Einladung an die Opposition geplant sei.
SPD-Chef Sigmar Gabriel drohte aber Merkel mit einem eigenen Kandidaten von SPD und Grünen, wenn die Koalition die Wünsche der Opposition nicht berücksichtige. "Wenn Frau Merkel und die CDU/CSU/FDP-Koalition keine ernsthaften Gespräche mit uns führt, wären wir in der Pflicht, einen besseren Gegenvorschlag zu machen." Einem von der Koalition vorgesetzten Kandidaten könne die Opposition nicht zustimmen. Gabriel äußerte aber die Hoffnung, dass es nicht so weit kommen werde. "Ich erwarte von Angela Merkel, dass sie ohne Vorfestlegung ihrer Koalition auf einen Namen in die Gespräche mit uns geht."
Grünen-Chef Cem Özdemir forderte eine Verständigung auf eine Persönlichkeit mit großer Integrität. "Das gegenwärtige Gebaren der schwarz-gelben Koalitionäre wirkt allerdings wie der Versuch einer weitgehenden Vorfestlegung", sagte Özdemir.
SPD und Grüne lehnen Bundesminister ab
Gabriel bekräftigte am Samstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Grünen, ein aktiver Bundesminister werde als Nachfolger nicht unterstützt. Nach Möglichkeit solle auch kein aktiver Politiker einer Partei neuer Bundespräsident werden. Ähnlich äußerten sich Özdemir und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bei dem Auftritt.
Für Merkel ist ein Konsens in der Kandidatenfrage wichtig, da wegen einer hauchdünnen schwarz-gelben Mehrheit in der Bundesversammlung ein nur von ihrer Koalition gestützter Kandidat nicht unbedingt gewählt wird.
Mehr als jeder zweite Befragte einer Emnid-Umfrage, die die Zeitung "Bild am Sonntag" in Auftrag gegeben hatte, will Joachim Gauck als Staatsoberhaupt. 54 Prozent wünschten sich den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler als neuen Bundespräsidenten.
Fast 80 Prozent wünschen sich bei Umfrage Wulff-Nachfolger außerhalb von Politik-Betrieb
An zweiter Stelle folgten mit 34 Prozent Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Die Zustimmung für Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lag bei 32 Prozent, darauf folgten Bundestagspräsident Norbert Lammert und der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer (beide CDU) mit jeweils 28 Prozent.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt in der Befragung auf 27 Prozent. Darauf folgten der CSU-Politiker und frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel (20 Prozent), die Grünen-Politikerin und Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Katrin Göring Eckardt mit12 Prozent. Der ebenfalls in der Debatte um einen Wulff-Nachfolge in Berlin ins Gespräch gebrachte Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, auf nur 6 Prozent. Trotz der Rücktritte zweier Bundespräsidenten in zwei Jahren sind die Deutschen weiterhin von der Relevanz des Amtes überzeugt. Auf die Frage, ob Deutschland einen Bundespräsidenten brauche, antworteten 69 Prozent mit Ja. Nur 30 Prozent waren der Meinung, Deutschland brauche keinen Bundespräsidenten. (afp/dapd/rtr)