Essen. . Viele Bürger sind empört über 500-Euro-Diätenerhöhung, die der Landtag-NRW diesen Mittwoch beschlossen hat. Ein Vergleich der Politiker-Einkommen in Kommunen, Ländern, Bund und Europa-Parlament zeigt: Die NRW-Abgeordneten stehen nicht schlecht da.

Die Diätenerhöhung um 500 Euro für die Altersversorgung der NRW-Abgeordneten sorgt für Aufregung. Doch wie berechtigt ist das eigentlich? Zahlen und Fakten zum Thema zeigen, dass die Landespoli­tiker im Vergleich gut ­versorgt sind, andere Amtsträger stehen aber noch besser da. ­Fazit: Finanziell lohnt die politische Karriere im Vergleich zum Durchschnitts­verdiener allemal.

Landtag NRW

Abgeordnete bekommen ab März 500 Euro mehr und damit 10.726 Euro monatlich, die voll zu versteuern sind. 2114 Euro davon fließen in das Versorgungswerk der Parlamentarier. Ein 30-Jähriger hat künftig mit diesem ­System nach zwei Wahlperioden einen Rentenanspruch von 2543 Euro, erklärt der Bund der Steuerzahler. Bisher lag der Anspruch bei 1942 Euro.

Nach 20 Jahren im Par­lament steigt der Betrag auf 4444 Euro (bisher 3393 Euro). Ältere Abgeordnete erhalten nach zehn Jahren im Parlament weniger Rente, weil das Versorgungswerk weniger Zeit hat, mit dem eingezahlten Kapital zu arbeiten. Der Durchschnittsabgeordnete, der mit 49 Jahren ins Parlament zieht und zehn Jahre bleibt, erhielt bislang 1251 Euro. Durch die Diätenerhöhung wird dieser Betrag auf 1573 Euro steigen.

Landtag Baden-Württemberg

Auch die Abgeordneten in Baden-Württemberg müssen in eine Altersversorgung einzahlen, allerdings ist ihnen freigestellt, in welche. Zusätzlich zu den Diäten in Höhe von 6756 Euro und der Kostenpauschale von 1444 Euro zahlt das Land 1585 Euro als Beitrag zur privaten Altersvorsorge (NRW: 2114 Euro). So kann ein 50-jähriger Anwalt weiter in das Versorgungswerk einzahlen, das seit Jahrzehnten mit seinem Kapital arbeitet, so der Steuerzahlerbund.

Bundestag

Abgeordnete erhalten im Monat 7960 Euro Entschädigung, ab Januar 2013 sind es 8252 Euro. Hinzu kommen eine Kostenpauschale von 4029 Euro etwa für die Wahlkreisbetreuung sowie maximal 14 712 Euro im Monat für Mitarbeiter. Nach einem Jahr beträgt die Abgeordneten-Rente 2,5 Prozent der Entschädigung. Mit jedem weiteren Jahr im Bundestag steigt sie um 2,5 Prozent an. Nach 10 Jahren bekommen Parlamentarier 1990 Euro Pension. Die vollen Altersansprüche, die 67,5 Prozent der Entschädigung ausmachen, erreichen sie nach 27 Jahren: derzeit 5373 Euro.

Europaparlament

EU-Abgeordnete erhalten eine Entschädigung von ­monatlich 7957 Euro. Nach Abzug einer EU-Steuer und dem Beitrag zur Unfallversicherung verbleiben 6201 Euro. Hinzu kommen 4299 Euro allgemeine Kostenvergütung, Reisespesen (Erstattung tatsächlicher Kosten plus eine Jahrespauschale von maximal 4342) sowie Tagegeld (für Sitzungen in der EU 304 Euro, außerhalb der EU 152 Euro plus Hotelspesen).

Abgeordnete, die schon vor 2009 im Europaparlament ­saßen, konnten sich wahlweise für eine Vergütung wie ihre nationalen Kollegen entscheiden. Wer 63 Jahre alt oder ­älter ist, bezieht ein Ruhegeld von 3,5 Prozent der Diäten pro volles Mandatsjahr (maximal 70 Prozent). Das sind nach zehn Jahren Parlaments­zuge­hörigkeit 2785 Euro.

Oberbürgermeister

Das Salär kommunaler Wahlbeamter (Ober-/Bürgermeister, Dezernenten) hängt von der Einwohnerzahl ihrer Kommune ab. In Städten ab 250.000 Einwohnern erhält der OB 11.093 Euro im Monat (B 10), ab 500.000 Einwohner 11.524 Euro. Tritt er nach acht Dienstjahren in den ­Ruhe- stand und ist älter als 45 Jahre, bezieht er ein Ruhegehalt wie ein Beamter auf Lebenszeit: 7959 Euro in der kleineren Kommune, 8268 Euro in einer Großstadt wie Essen. Wird er nach nur einer Amtsperiode nicht wiedergewählt oder tritt er gar nicht mehr an, hat er keinerlei Pensionsanspruch.

Beamte

Beamte auf Lebenszeit werden nach einer festgelegten Besoldungsordnung bezahlt. Die mittleren Besoldungsgruppen im Richterdienst – traditionell Anhaltspunkte zur Bemessung der Diäten – liegen zwischen 5633 Euro (Endstufe R1/12) und 6144 (R2/12). Der Präsident eines großen Landgerichts erhält 8033 Euro. Orts- und Familienzuschläge kommen jeweils hinzu. Die Pension beträgt 71,75 Prozent der Besoldungsgruppe der letzten beiden Dienstjahre – in diesen Fällen 4041 bis 5763 Euro. Die Pension wird allerdings voll als Einkommen versteuert.

Angestellte

Sie schaffen es mit der gesetz­lichen Rentenversicherung ­allein nicht, ähnliche Anwartschaften zu erreichen. Durchschnittsverdiener mit einem Gehalt von 2625 Euro bekommen nach zehn Jahren Berufstätigkeit 274 Euro und nach 30 Jahren 824 Euro. Selbst Spitzenverdiener mit mehr als 5600 Euro Monatsgehalt er­reichen nach 30 Jahren lediglich eine Monatsrente von 1770 Euro, so der Steuerzahlerbund.

Politiker zu Diäten

Hans-Peter Schöneweiß, FDP:
Hans-Peter Schöneweiß, FDP: "Die Betroffenheit und Wut der Bürger ist nachvollziehbar. Die geplante Erhöhung zielt nicht auf die Regelung zurück, die 2005 getroffen wurde. Sie ist auch zu hoch. Mit der ablehnenden Haltung unserer Landtagsfraktion sehen wir uns gut vertreten." Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Thomas Kufen, CDU:
Thomas Kufen, CDU: "Der Bund der Steuerzahler hat bisher das Diätensystem im Landtag als vorbildlich gelobt. Ich glaube, die geplante Erhöhung folgt dem Geiste der damaligen Änderung des Systems. Die Diskussion finde ich richtig, da sie Teil der öffentlichen Kontrolle ist." Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Dieter Hilser, SPD:
Dieter Hilser, SPD: "Die Erhöhung ist eine Konsequenz der Reform von 2005. Sie wird nicht sofort ausgezahlt, sondern erst später als Rentenanteil. Für viele Abgeordnete heißt das, dass sie jetzt schon netto weniger Geld bekommen."Foto: Oliver Müller © WAZ FotoPool
Manfred Kuhmichel, CDU:
Manfred Kuhmichel, CDU: "Es war klar, dass wir mit Kritik rechnen mussten. Aber der Eindruck, dass sich der Kuhmichel 500 Euro auf sein Einkommen packt, ist falsch. Es geht allein um eine Anhebung des Pflichtversorgungsbeitrages."Foto: Dennis Straßmeier © WAZ FotoPool
Mehrdad Mostofizadeh, Grüne:
Mehrdad Mostofizadeh, Grüne: "Es wurde leider unzureichend kommuniziert, dass es um das Schließen einer Versorgungslücke geht. Ob der Zeitpunkt vor Weihnachten der richtige ist? Wenn es vor Ostern wäre, hieße es, es sei ein Ostergeschenk." Foto: Oliver Müller © WAZ FotoPool
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