Berlin. . Die Grünen stimmen bei ihrem Parteitag in Kiel für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent. Es geht an diesem Wochenende um Lösungen im Kampf gegen die Finanzkrise, den Schuldenabbau und die Frage, woher zusätzliche Einnahmen für den Staat kommen sollen.

Die Grünen haben also doch ein Herz für Millionäre. Findet jedenfalls die Grüne Jugend. Gerade ackert sich Fraktionschef Jürgen Trittin durch das Finanzkonzept des Parteivorstands, da marschiert der Nachwuchs im Saal auf. Mit Sakko, Schlips und Sekt spielen die Jungpolitiker die Vermögenden dieser Republik und tragen Plakate, die für einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent werben. Es ist ein ironisches Aufbegehren gegen die Pläne der Parteispitze, die für 49 Prozent wirbt. Die Grüne Jugend möchte Spitzenverdiener mit 53 Prozent zu Kasse bitten.

Ökopartei will Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent erhöhen

Der Protest bringt immerhin etwas Unterhaltung in den sonst recht tristen Arbeitsparteitag der Grünen in Kiel. Gleichwohl bleibt er ohne Erfolg. Stunden später winken die Delegierten das Finanzkonzept in weiten Teilen so durch, wie es der Bundesvorstand vorgeschlagen hat. Demnach will die Ökopartei den Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent erhöhen, der Arbeitnehmer ab einem Jahrseinkommen von 80000 Euro trifft. Das wären weniger als zwei Prozent aller Beschäftigten. Ein Antrag, wonach die 49 Prozent schon ab 68000 Euro greifen, scheitert.

Einige strittige Punkte räumt die Partei vor der öffentlichen Debatte ab. So forderte der NRW-Landesverband die Wiedereinführung der Vermögenssteuer anstatt einer Vermögensabgabe. Denn von letzterer profitieren die klammen Länder und Kommunen nicht. Als Kompromiss soll nun die Vermögensabgabe für zehn Jahre und danach womöglich die Vermögenssteuer kommen. „Wir sind damit zufrieden“, sagt NRW-Landeschef Sven Lehmann. „Wir wollten nicht, dass die Vermögensteuer völlig baden geht.“

Mit einem weiteren Antrag wollten die NRW-Grünen eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten für Hartz-IV-Bezieher erreichen. Doch er kommt nicht zur Abstimmung. Stattdessen will die Partei im kommenden Jahr eine Finanzkommission schaffen, die sich grundsätzlich überlegt, wie man die Länder und Kommunen finanziell stützen könnte. Erst danach will man klären, was finanziell geht und was nicht.

Lösungen im Kampf gegen die Finanzkrise

Den Parteitag in Kiel verstehen die Grünen als Vorbereitung für den kommenden Bundestagswahlkampf. An diesem Wochenende geht es um Lösungen im Kampf gegen die Finanzkrise, den Schuldenabbau und die Frage, woher zusätzliche Einnahmen für den Staat kommen sollen. Aus Sparen, Subventionsabbau und Steuererhöhungen besteht der Dreiklang zur Haushaltssanierung. Dabei setzen die Grünen auf eine Umverteilung von oben nach unten, die Reichen sollen stärker zu Kasse gebeten werden. Strittig ist lediglich die Frage, wie stark.

Deshalb springt Partei-Ikone Winfried Kretschmann vor der Debatte sicherheitshalber noch einmal für die Gutverdiener und die Wirtschaft in die Bresche. „Bitte bleibt auf dem Teppich“, ermahnt Baden-Württembergs Ministerpräsident die 850 Delegierten. „Wir dürfen nicht in eine Steuererhöhungsorgie verfallen“, warnt er. Diese folgen brav und nicken Eurobonds, die Finanztransaktionssteuer, die Abschaffung der Abgeltungs-steuer und den Ausbau der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer wie geplant ab.

Eine wesentliche Ergänzung gibt es im Finanzkonzept dann doch: Die Grünen stimmen auch für die Einführung von Deutschland-Bonds. Dann könnten die Länder zu den selben Zinskonditionen wie der Bund Kredite aufnehmen.

Grüne setzen auf den Schulterschluss mit den Betrieben

Beim sozial-ökologischen Umbau setzt die Ökopartei auf den Schulterschluss mit den Betrieben. Im Kern geht es in dem verabschiedeten Leitantrag zur Wirtschaft um einen Umstieg der Industrie zu einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise, den Ausbau der erneuerbaren Energien, Investitionen in Klimaschutz und Bildung. Die Grünen wollen umweltschädliche Subventionen für Kraftstoffe und Strom abbauen. Für die Arbeitnehmer fordern sie einen Mindestlohn von 8,50 anstatt 7,50 Euro. Kleinere Betriebe sollen eine bessere Forschungsförderung bekommen.

Richtig strittige Punkte gibt es auf dem Parteitag kaum. Die kommen erst im nächsten Jahr. Dann müssen die Grünen entscheiden, für welche Projekte sie die Steuermilliarden bei einem Wahlsieg ausgeben wollen und erklären, was nicht finanzierbar ist.