Berlin. . Die Parteiführung ist am Ziel. Beim Parteitag setzten sich Claudia Roth & Co. mit ihrem Antrag durch. Einige Abweichler waren bis zum Schluss nicht zu überzeugen.

Die Grünen wollen im Bundestag dem schwarz-gelben Atomausstiegsgesetz zustimmen. Das beschloss ein Sonderparteitag am Samstag in Berlin. Die 800 Delegierten folgten damit einer Empfehlung ihrer Partei- und Fraktionsspitze. Im Bundestag wird am Donnerstag über das Gesetz mit dem Atomausstiegsende im Jahr 2022 abgestimmt.

Ströbele bleibt dagegen

Er ist ihr letzter Joker: Christian Ströbele. Seine Rede auf dem Grünen-Parteitag in Berlin macht den Gegnern des schwarz-gelben Atomausstiegs Mut. „Wir können uns nicht auf 2022 verständigen“, ruft er aus. Das sei nicht „gut genug“ - nach Fukushima. Minutelang jubeln die rund 800 Delegierten dem Berliner Abgeordneten zu. Und sie skandieren immer wieder „abschalten, abschalten“. Lange Gesichter in der Führung, bei Claudia Roth, Cem Özdemir. Doch die Parteitags-Regie hat es clever eingefädelt. Auf den Altlinken folgt Renate Künast, die Berliner Spitzenkandidatin und Fraktionschefin der Grünen im Bundestag. Ein Heimspiel. „Wir kämpfen weiter“, verspricht sie und fängt die Kritiker wieder ein. Sie ist für Zustimmung. Und Ströbeles Rede? Ist verpufft.

So geht es seit Stunden, die Emotionen folgen wie Gezeiten aufeinander, mal für, mal gegen einen Ausstieg erst 2022, zu den Bedingungen von Kanzlerin Angela Merkel. „Es ist schon komisch“, fasst Rebecca Harms die Stimmung vieler zusammen, „wenn die falsche Regierung das Richtige tut.“ Harms rät zur Zustimmung, wie Künast, wie Bärbel Höhn, Roth, wie Jürgen Trittin. Die Führung wackelt nicht. Vor allem Trittin soll es reißen: Mit einem flammenden Appel schwört der Chef der Grünen-Fraktion seine Partei darauf ein, dem Atomausstieg von Schwarz-Gelb zustimmen. Relativ früh klinkt sich Trittin ein. Auf ihn lastet der größte Druck. Gerade er soll die Gegner des schwarz-grünen Atomausstiegs zum Ja überreden. Es ist auch der Test auf Trittins Führungsfähigkeit.

Trittin versucht die Grünen vom „Ja“ zu überzeugen

Er kommt gerade aus Japan, aus einem Land, das trotz des Atom-GAUs in Fukushima aus der Kernenergie nicht aussteigt. Warum zieht nur Deutschland diese Konsequenz, fragt Trittin die rund 800 Delegierten in der Berliner Messehalle.“Das liegt an uns“, antwortet er. Warum ist Deutschland in der Lage, den Schalter umzulegen, einige Kraftwerke sofort vom Netz zu nehmen? Wieder klingt die Antwort Trittins vertraut. An der rot-grünen Regierungszeit liege es. Seither werden erneuerbare Energien gepowert wie nie zuvor.

„Liebe Freunde“, fragt Trittin, „wie glaubwürdig wäre es, wenn wir gegen unsere eigenen Anträge und Gesetzentwürfe stimmen würden. Da kann kein Grüner Nein sagen.“ Die Hälfte der Meiler gehe sofort vom Netz. „Ich finde, Grüne müssen dafür stimmen. Alles andere ist mit meinem Verständnis von Atomkraftgegnerschaft nicht vereinbar“, hämmert er den Delegierten ein. Wenn der Bundestag am 30. Juni endgültig über den Ausstieg entscheide, dann solle es ein „grüner Donnerstag“ werden, beschwört er seine Partei.

Es könnte der Auftritt gewesen sein, mit dem er die Dagegen-Partei umgepolt hat. Immerhin wurde Trittin danach gefeiert. Doch Teile der Basis empfinden es immer noch als der Ausstieg der Anderen. Draußen vor den Türen der Berliner Messehalle trommeln die Wutbürger: Die Anti-AKW-Bewegung. Sie haben schwarz-gelbe Fässer aufgestellt, sind mit Treckern aus Gorleben in die Hautpstadt gefahren, bilden ein Spalier und drücken jedem Delegierten einen Zettel in die Hand: „Kein Grüner Segen für diese Atompolitik.“ 2022 ist ihnen zu spät. Sie wollen die Atommeiler 2017 abschalten. Es ist nicht ihr Ausstieg.