Berlin. .

Jürgen Trittin soll es reißen: Mit einem flammenden Appel schwor der Chef der Grünen-Fraktion seine Partei darauf ein, dem Atomausstieg von Schwarz-Gelb zustimmen. Und den Delegierten gefiel es. Kippt jetzt die Stimmung auf dem Sonderparteitag in Berlin?

Relativ früh klinkt sich Trittin ein. Er wird dem linken Flügel der Partei zugerechnet. Auf ihn lastet der größte Druck. Gerade er soll die Gegner des schwarz-grünen Atomausstiegs zum Ja überreden. Es ist auch der Test auf Trittins Führungsfähigkeit.

Er kommt gerade aus Japan, aus einem Land, das trotz des Atom-GAUs in Fukushima aus der Kernenergie nicht aussteigt. Warum zieht nur Deutschland diese Konsequenz, fragt Trittin die rund 800 Delegierten in der Berliner Messehalle."Das liegt an uns", antwortet er. Warum ist Deutschland in der Lage, den Schalter umzulegen, einige Kraftwerke sofort vom Netz zu nehmen? Wieder klingt die Antwort Trittins vertraut. An der rot-grünen Regierungszeit liege es. Seither werden erneuerbare Energien gepowert wie nie zuvor.

"Liebe Freunde", fragt Trittin, "wie glaubwürdig wäre es, wenn wir gegen unsere eigenen Anträge und Gesetzentwürfe stimmen würden. Da kann kein Grüner Nein sagen." Die Hälfte der Meiler gehe sofort vom Netz. "Ich finde, Grüne müssen dafür stimmen. Alles andere ist mit meinem Verständnis von Atomkraftgegnerschaft nicht vereinbar", hämmert er den Delegierten ein. Wenn der Bundestag am 30. Juni endgültig über den Ausstieg entscheide, dann solle es ein "grüner Donnerstag" werden, beschwört er seine Partei..

Es könnte der Auftritt gewesen sein, mit dem er die Dagegen-Partei umgepolt hat. Immerhin wurde Trittin danach gefeiert. Doch Teile der Basis empfinden es immer noch als der Ausstieg der Anderen. Wie Trittin hatte zuvor Parteichefin Claudia Roth als erste Rednerin am Mittag versucht, auf Kritiker zuzugehen, sie mitzunehmen, "Sonnenklar", sagte sie, "raus der Atomenergie." Roth empfahl Zustimmung. Draußen vor den Türen der Berliner Messehalle trommelten derweil die grünen Wutbürger: Die Anti-AKW-Bewegung. Sie haben schwarz-gelbe Fässer aufgestellt, sind mit Treckern aus Gorleben in die Hauptstadt gefahren, bilden ein Spalier und drücken jedem der rund 800 vorbeiziehenden Delegierten einen Zettel in die Hand: "Kein Grüner Segen für diese Atompolitik." 2022 ist ihnen zu spät. Sie wollen die Atommeiler 2017 abschalten. Es ist nicht ihr Ausstieg. Wieso soll man zustimmen, "wenn nicht mit uns gesprochen, geschweige denn verhandelt wurde", sagt Gesine Agena von der Grünen Jugend, die bald auf Roth als Rednerin folgt.

Grüne Jugend spricht vielen aus dem Herzen

Sie spricht vielen Delegierten aus dem Herzen. Roth und der größte Teil der Führung halten dagegen, dass das schwarz-gelbe Ausstiegsdatum (2022) besser abgesichert sei als einst das Ende der Atomkraft unter Rot-Grün. Außendem halten sie einen möglichst breiten Konsens für einen "Wert an sich".Auf ihrem Sonderparteitag in Berlin ringen die Grünen um das Ja zum Atomausstieg von Union und FDP. Parteichefin Claudia Roth empfiehlt Zustimmung: „Sonnenklar“, ruft sie aus, „raus der Atomenergie.“

Sie und der größte Teil der Führung hoffen, dass der Basis am Ende des Tages ein Licht aufgeht: Sie wissen, dass das Ausstiegsdatum (2022) besser abgesichert als einst unter der rot-grünen Regierung, und sie halten einen möglichst breiten Konsens für einen „Wert an sich“, wie es im Leitantrag heißt.“ Eine Zustimmung ist doch kein Blankoscheck“, versichert Roth der zerrissenen Basis ? es gibt noch sehr viel zu tun. Dafür braucht es starke Grüne.“ Erst mal muss Roth an diesem Samstag die Zitterpartie überstehen. Die Führung fürchtet ein Fiasko auf dem Sonderparteitag in Berlin.