Berlin. . Rote und Grüne können nicht miteinander in Berlin. Eine mögliche Koalition scheitert an der Uneinigkeit über die Autobahn A 100. „Es klappt offensichtlich nicht“ mit SPD und Grünen, stellt Klaus Wowereit fest.
Am Ende ging alles sehr schnell. Die erste Runde der offiziellen Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen in Berlin lief gerade eine gute Stunde, da ließ SPD-Regierungschef Klaus Wowereit am Mittwoch die Bombe platzen: „Beim Thema Autobahn A 100 sind die Positionen offenbar nicht in Einklang zu bringen“, so Wowereit, „es geht jetzt einfach um die Feststellung, dass es offensichtlich nicht klappt.“ Es sei keine Kompromissbereitschaft der Grünen zu erkennen. Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann warf Wowereit umgekehrt vor, er habe nie mit den Grünen koalieren wollen.
Dass die Verhandlungen an einem Drei-Kilometer-Teilstück der geplanten Stadtautobahn gescheitert wären, ist tatsächlich nur Legende. In Wahrheit war der rot-grüne Traum in der SPD für manche Führungsleute frühzeitig zum Albtraum geworden.
Es habe von Anfang die Vertrauensbasis gefehlt, heißt es bei den Sozialdemokraten. Die knappe rot-grüne Mehrheit von zwei Sitzen im Abgeordnetenhaus galt ohnehin als heikel – dann habe sich in den Sondierungsgesprächen früh herausgestellt, dass auch das Klima zwischen SPD und Grünen nicht gestimmt habe.
Zwei Wahlperioden hatte Grünen-Fraktionschef Ratzmann von der Oppositionsbank aus Regierungschef Wowereit scharf attackiert. Und der hat den Grünen stets mit Herablassung behandelt. Das hat Spuren hinterlassen.
Knappe Mehrheit, fehlendes Vertrauen: Die Gespräche standen so unter keinem guten Stern. Der zunächst in den Sondierungen erzielte Kompromiss zur Autobahn A 100 erwies sich rasch als nicht tragfähig, beide Parteien interpretierten ihn unterschiedlich. Die Grünen wollten den Bau auf keinen Fall, die SPD wenigstens dann, wenn sich die zugesagten Bundesmittel von 420 Millionen Euro nicht umwidmen ließen – genau das stellte sich schnell heraus.
Der SPD-Basis graut es vor einem Bündnis mit der Union
Ein Grünen-Parteitag hatte aber am Freitag das Nein zur Autobahn bekräftigt. Nach einem weiteren Gespräch vereinbarten SPD und Grüne zwar am Montag doch noch Koalitionsverhandlungen. Offenbar ging es dabei aber vorrangig darum, der eigenen Basis den absehbaren Bruch in Häppchen zu vermitteln.
Vor allem in der SPD gibt es jetzt Unruhe – weite Teile der Basis lehnen eine Koalition mit der CDU ab. Wowereit dagegen hat damit offenbar kein Problem. Die Mehrheit ist üppig, die Christdemokraten gelten als kompromissbereit; die Regierungsbeteiligung ist die große Chance, ihr Jammertal zu verlassen. Für Wowereit bietet Rot-Schwarz die Gelegenheit, sein Image zu ändern: Weg vom Regierungspartner der Linken, hin zum Bürgermeister auch des bürgerlichen Lagers.
Die SPD-Bundesspitze war offenbar früh über die Entwicklung informiert, ließ Wowereit aber gewähren – auch wenn das Signal zwiespältig ist: Das Modell Rot-Grün, das 2013 im Bund mehrheitsfähig sein soll, hat in Berlin einen Kratzer bekommen.
Grüner Kursschwenk
Peinlicher ist die Lage für die Grünen, die nun zu einem abermaligen Kursschwenk gezwungen sind: Im Berliner Wahlkampf hatte sich Spitzenkandidatin Renate Künast noch die Option Schwarz-Grün offen gehalten, war zuletzt aber ganz auf Rot-Grün umgeschwenkt. Nach dem Berliner Wahl-Misserfolg hatten sich führende Grüne fast geschlossen dafür ausgesprochen, Bündnisse mit der CDU einstweilen auszuschließen.
Das Bekenntnis zu Rot-Grün könnte nun wieder brüchig werden. Parteichefin Claudia Roth schimpft, die SPD-Absage in Berlin sei „ein Offenbarungseid für die SPD insgesamt.“