Berlin. Der Berliner Bezirksbürgermeister Buschkowsky hat mit seiner Aussage, die "Unterschicht versaufe die Kohle ihrer Kinder" ein Riesenfass aufgemacht. Die Union protestiert und sieht alle Bezieher von Hartz IV unter Generalverdacht. Kinderhilfswerke dagegen stützen den streibaren SPD-Politiker.
Auf ein geteiltes Echo ist die Kritik des Berliner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky am Betreuungsgeld gestoßen. Der SPD-Politiker aus dem Stadtteil Neukölln hatte mit drastischen Worten mögliche Auswirkungen der «Herdprämie» beschrieben: «Die deutsche Unterschicht versäuft die Kohle ihrer Kinder.» CDU und CSU protestierten am Mittwoch dagegen, alle Hartz-IV-Bezieher unter Generalverdacht zu stellen. Kinderhilfswerke teilten Buschkowskys Bedenken.
Die neue Bundesregierung will ab 2013 allen Familien, die ihre Kinder bis zu drei Jahren zu Hause betreuen, 150 Euro im Montag zahlen - «gegebenenfalls als Gutschein», wie es im Koalitionsvertrag heißt. Buschkowsky, der im Berliner Problemkiez Nord-Neukölln 84 Prozent Schulanfänger mit Migrationshintergrund hat, sagte der «Bild»-Zeitung: «Mit der Herdprämie integrieren wir die Kinder nicht, sondern lassen sie zu Hause - und prämieren das auch noch.»
Der Bezirksbürgermeister fügte im TV-Sender N24 hinzu: «In bestimmten Schichten wandert das Geld in Statussymbole, in Konsumverhalten, in Alkohol - dort, wo Gewalt zum Familienalltag gehört, da, wo Sozialnormen nicht gelebt werden, wo Rücksichtnahme ein Fremdwort ist. Wir alle kennen diese Milieus. Und wir haben immer gesagt, wir müssen die Kinder aus den Milieus holen.»
In Ausländerfamilien fließe das Geld auch in das heimatliche Dorf, sagte der SPD-Politiker. Er plädierte in mehreren Interviews dafür, das Geld besser in eine kostenlose Vorschulerziehung zu stecken, statt das Kindergeld zu erhöhen und eine Betreuungsprämie zu zahlen.
Kritik für CSU "typisch sozialdemokratisch"
Unionsfraktionsvize Bosbach sagte N24: "Alle Eltern, alle Bezieher von Hartz IV unter den Generalverdacht zu stellen, dass sie das Geld des Staates versaufen, dass sie ihre Kinder vernachlässigen, halte ich für unverantwortlich." Das werde der Lebenswirklichkeit in Deutschland gerecht. Allerdings räumte der CDU-Politiker ein, dass es die von Buschkowsky beschriebenen Fälle gebe.
Auch bei der CSU stößt Buschkowskys Kritik auf scharfen Widerspruch. «Typisch sozialdemokratisch» habe der Neuköllner Bürgermeister wieder einmal versucht, den Familien ihre Eigenverantwortung abzusprechen, sagte CSU-Vize-Generalsekretärin Dorothee Bär der «Rheinischen Post». Es gebe zwar überall schwarze Schafe, sagte Bär. Generell aber leisteten die Familien eine wichtige Arbeit, die auch honoriert werden müsse.
Zustimmung bei Kinderhilfswerken
Nach Einschätzung des Berliner Kinder- und Jugendwerks «Arche» liegt Buschkowsky mit seiner Kritik durchaus richtig. Die Deutsche Kinderhilfe erklärte, mit wünschenswerter Klarheit habe er die Effekte der Bargeldförderung von Familien in Deutschland beschrieben: «Baralimentation der Eltern mit der Gießkann kommt häufig bei den Kindern nicht an. Bargeld erhöht nicht die Erziehungskompetenz der Elerten, sie zementiert vielmehr den sozialen Ausgrenzungsstatus.»
Buschkowsky hat bereits mehrfach mit deutlichen Worten auf Missstände in seinem Problemstadtteil aufmerksam gemacht. Während der ehemalige Berliner Finanzsenator und heutige Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin mit seinen Äußerungen über den angeblich fehlenden Integrationswillen von Migranten speziell in Berlin für Empörung gesorgt hat, wird Buschkowsky bescheinigt, nicht nur zu kritisieren, sondern auch für Abhilfe sorgen zu wollen.