Berlin. Der Reformbedarf in der Altersvorsorge ist groß. In den Wahlprogrammen wird viel versprochen. Kernfrage ist: Wer soll es bezahlen?
- Die Rente in Deutschland hat großen Reformbedarf
- Was versprechen die Parteien zur Bundestagswahl?
- Lesen Sie hier, was in den Wahlprogrammen steht
Um Reformen bei der Altersvorsorge wird die nächste Bundesregierung nicht herumkommen. Die Probleme sind bekannt. Die Ausgaben steigen, weil immer mehr Boomer in den Ruhestand wechseln. Die Entwicklung der Einnahmen kommt da vermutlich nicht mit. Und am Ende dieses Jahres fallen zwei Haltelinien weg, die in den vergangenen Jahre für Stabilität im System gesorgt haben. Ab dem kommenden Jahr darf der Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent des Bruttolohnes erhöht werden. Zugleich sinkt das Rentenniveau unter den bisher festgeschriebenen Satz von 48 Prozent. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich.
Die Parteien haben sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Rentensystems. Eines haben fast alle der chancenreichen Parteien gemeinsam. Sie wollen den Rentnern nicht viel zumuten. Am spendabelsten gibt sich das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW). Die einstige Linke strebt eine Reform nach dem Vorbild Österreichs an. In einem ersten Schritt sollen die rund 21 Millionen Rentner 120 Euro als Inflationsausgleich erhalten. Später will das BSW eine Mindestrente von 1500 Euro im Monat einführen. In die Rentenkasse einzahlen sollen künftig auch Beamte.
Der Blick nach Österreich zeigt den Preis für diese Vorschläge. Im Nachbarland liegt der Beitragssatz für die jüngeren Arbeitnehmer bei 22,8 Prozent des Bruttolohns. Bei einem Jahresbrutto von 40.000 Euro müssten Arbeitnehmer wie Arbeitgeber je 840 Euro mehr an die Rentenkasse abführen. Die jüngeren Generationen müssten die Wohltaten des BSW bezahlen.
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Zum Teil radikale Umgestaltungspläne von FDP und AfD
Auf den ersten Blick ähnlich großzügig gegenüber den Rentnern zeigt sich die AfD. Auch sie will bei vielen Renten kräftig draufpacken und so 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens im Alter erreichen. Einen Haken hat das Versprechen. Die abschlagsfreie Rente soll es erst nach 45 Versicherungsjahren und nicht beim Erreichen der Regelaltersgrenze geben. Auch will die AfD alle nicht durch Beitragszahlungen gedeckten Leistungen aus dem Bundeshaushalt finanzieren.
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Steigende Beiträge zur Rentenversicherung will die AfD durch Steuersenkungen für Arbeitnehmer und Betriebe ausgleichen. Schließlich sollen auch Politiker in die Rentenkasse einzahlen. Eltern will die Partei besser stellen.
Das Ifo-Institut hält diese Ansätze für unrealistisch. „Die Vorschläge würden zu einer Umschichtung der Finanzierung der Rente führen und das Finanzierungsproblem durch die Rentenerhöhung sogar noch verschärfen“, urteilen die Wirtschaftsforscher. Für die AfD wären diese Reformen ohnehin nur eine Übergangslösung. Laut Parteiprogramm will sie das geltende Umlagesystem langfristig durch eine staatliche Grundrente ersetzen.
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Zum Teil radikale Umgestaltungspläne hat auch die FDP. Die Liberalen setzen zur Sicherung der Rentenfinanzierung verstärkt auf Aktien. Ein Teil des Rentenbeitrags soll nach schwedischem Vorbild in Aktien fließen. Zudem plädiert die FDP für einen flexiblen Renteneintritt. „Je später jemand in Rente geht – desto höher die Rente“, heißt es im Wahlprogramm.
Die Umkehrung gilt freilich auch. Die Partei greift auch ihren noch in der Ampelzeit vorgelegte Gesetzentwurf für ein staatlich gefördertes privates Vorsorgedepot auf. Überdies wollen die Liberalen durch Steuerfreibeträge und einer wieder eingeführten Spekulationsfrist für Wertpapiere bessere Voraussetzungen für den privaten Vermögensaufbau schaffen.
So soll ein insgesamt hohes Versorgungsniveau im Alter möglich werden. Konkrete Vorstellungen zu wesentlichen Fragen wie dem Rentenniveau, dem Bundeszuschuss oder der Beitragsentwicklung lässt die FDP offen. Eine Bewertung der Lastenverteilung ist daher nicht möglich.
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Wer soll es bezahlen? Finanzierung der Rentenreformen lassen die Parteien offen
Auch die Grünen wollen an den Kapitalmarkt. Ein Fonds soll mit Bundesdarlehen gespeist werden, der das Geld in Startups und Wachstumsunternehmen anlegt. Mit den Erträgen sollen gering und mittlere Renten gestärkt werden. Am Rentenniveau, der Altersgrenze und der Rente mit 63 soll sich nichts ändern. Die Grünen wollen eine Bürgerversicherung, in die auch Beamte und Selbständige einzahlen. Doch wie sich die Pläne auf den Beitragssatz oder den Bundeszuschuss auswirken, bleibt offen. Teuer würde es zum Beispiel für die Länder und Kommunen. Sie müssten für ihre Beamten Rentenbeiträge bezahlen.
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Die Vorschläge der SPD sind bekannt. Das Rentenniveau soll bei wenigsten 48 Prozent bleiben und sich auch sonst nichts wesentliches ändern. Nur bei der privaten und betrieblichen Altersvorsorge wollen die Sozialdemokraten Verbesserungen erreichen und zusätzliche Anreize für längeres Arbeiten im Alter setzen.
Laut Ifo-Institut führen die Pläne zu einer einseitigen Lastenverteilung. „Die Kosten der Alterung werden einseitig der erwerbsfähigen Generation auferlegt“, kritisieren die Forscher. So werde der Beitragssatz bis 2045 auf 22,7 Prozent steigen.
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Ebenso schmallippig hinsichtlich der Finanzierungslasten bleibt die Union. Sie will bis zu 2000 Euro Lohn steuerfrei stellen, wenn jemand über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitet und mit zehn Euro im Monat jedem Kind ein kleines Startvermögen ermöglichen. Auch wollen CDU und CSU die ergänzende Altersvorsorge fördern. Die CSU will zudem die Mütterrente ausweiten. Mehr Wachstum soll die zusätzlichen Ausgaben finanzieren. Belastbare Zahlen hat die Union nicht zu bieten.