Berlin. Das deutsche Wahlsystem ist komplex. Es gibt verschiedene Stimmen und ein kompliziertes Auszählungsverfahren. So funktioniert die Wahl.
Für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland stellt die Bundestagswahl die wichtigste Gelegenheit dar, Einfluss auf die Bundespolitik zu nehmen. Alle vier Jahre wählen sie ein neues Parlament, das dann die neue Regierung wählt. Das Wahlsystem in Deutschland ist kompliziert: Verhältniswahl, Direktmandat, Erst- und Zweitstimme – So wählen Sie den neuen Bundestag.
Das Wahlsystem zur Bundestagswahl
Der Bundestag ist auf Bundesebene das einzige Staatsorgan, das vom Volk direkt gewählt wird. Die Abgeordneten werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die gewählten Abgeordneten wählen danach auf Vorschlag des Bundespräsidenten wiederum die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler. Wahlberechtigt sind alle Deutschen, die am Wahltag 18 Jahre alt sind und mindestens seit drei Monaten in Deutschland wohnen – also rund 60 Millionen Menschen.
Bundestagswahl: Jeder hat zwei Stimmen
Der Bundestag wird über die sogenannte personalisierte Verhältniswahl gewählt: Jede Bürgerin und jeder Bürger hat zwei Stimmen – eine Erst- und eine Zweitstimme.
Mit der Erststimme wählen die Deutschen – „personalisiert“ – einen Direktkandidaten oder eine Direktkandidatin ihres Wahlkreises. Der Kandidat oder die Kandidatin mit den meisten Stimmen zieht, solange das Zweitstimmenergebnis es nicht verhindert, in den Bundestag ein. Deutschland ist in 299 Wahlkreise aufgeteilt, in denen jeweils durchschnittlich 250.000 Menschen leben. Im Bundestag werden somit maximal 299 Plätze über die Erststimmen besetzt.
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Warum die „Zweitstimme“ wichtiger ist als die „Erststimme“
Die weiteren 299 regulären Mandate werden bei der Bundestagswahl über die Zweitstimme vergeben. Damit wählen die Wahlberechtigten eine Partei, die ihren Überzeugungen am meisten entspricht. Die Zweitstimme entscheidet damit über die Mehrheitsverhältnisse der Parteien – also wie viele Sitze einer Partei im Bundestag zustehen. Damit ist die „Zweitstimme“ trotz ihres Namens wichtiger als die „Erststimme“.
Mit ihrer Zweitstimme wählen Bürger die Landesliste einer Partei. Darauf stehen Kandidaten und Kandidatinnen, die eine Partei für ihr Bundesland nach Berlin entsenden möchten. Je weiter eine Person in der Liste oben steht, desto besser stehen die Chancen, in den Bundestag einzuziehen.
So wird ausgezählt – wie sich der Bundestag zusammensetzt
Damit eine Partei im Bundestag vertreten ist, muss sie mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen oder mindestens drei Direktmandate bekommen. Erreicht eine Partei weder die Fünf-Prozent-Hürde noch die drei Direktmandate, verfallen ihre Zweitstimmen.
![Im Reichstagsgebäude in Berlin tagt der Deutsche Bundestag. Im Reichstagsgebäude in Berlin tagt der Deutsche Bundestag.](https://img.sparknews.funkemedien.de/400496013/400496013_1681822174_v16_9_1200.jpeg)
Nachdem alle Stimmen ausgezählt sind, wird nach dem sogenannten Sainte-Laguë-Verfahren berechnet, wie viele Mandate jede Partei in jedem Bundesland erhält. Diese Sitzkontingente werden in einem zweiten Schritt auf die Parteien verteilt, die in diesen Bundesländern angetreten sind. Denn obwohl die meisten Parteien bundesweit organisiert sind (mit Ausnahme der CSU, die nur in Bayern antritt), treten sie zur Wahl mit Landeslisten an.
Komplizierte Auszählung: Was änderte sich mit der Wahlrechtsreform
Am 17. März 2023 hat der Bundestag mehrheitlich die Wahlrechtsreform verabschiedet. Ab der 21. Wahlperiode wird die Anzahl der Abgeordneten begrenzt, Überhang- und Ausgleichsmandate sowie die Grundmandatsklausel wurden abgeschafft. Allerdings bleibt die Grundmandatsklausel vorerst in ihrer bisherigen Form bestehen, da das Bundesverfassungsgericht 2024 entsprechend entschieden hat.
Künftig könnte es passieren, dass nicht alle Direktkandidaten mit den meisten Erststimmen in ihrem Wahlkreis ins Parlament einziehen. Bisher entstanden Überhangmandate, wenn eine Partei durch die Erststimmen mehr Direktmandate gewann, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustanden. Um das durch die Zweitstimmen bestimmte Kräfteverhältnis im Bundestag auszugleichen, wurden zusätzliche Ausgleichsmandate vergeben. Dadurch wuchs die Zahl der Abgeordneten über die ursprünglich festgelegte Größe von 598 hinaus – aktuell sind es 736.
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![30.07.2024, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts,(l-r), Holger Wöckel, Thomas Offenloch, Christine Langenfeld, Astrid Wallrabenstein, Doris König (Vorsitzende), Ulrich Maidowski, Rhona Fetzer und Peter Frank, verkündet das Urteil über die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition. Laut dem Urteil ist das Bundeswahlgesetz 2023 überwiegend verfassungsgemäß · allein die fünf Prozent -Sperrklausel ist derzeit verfassungswidrig, gilt aber mit bestimmten Maßgaben fort. Foto: Uli Deck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Bundesverfassungsgericht urteilt zu Wahlrechtsreform](https://img.sparknews.funkemedien.de/406910942/406910942_1722365849_v1_1_200.jpeg)
Laut des beschlossenen Gesetzes bleibt es bei 299 Wahlkreisen und zwei Stimmen. Die Zweitstimme, mit der Wählerinnen und Wähler eine Parteiliste wählen, bestimmt weiterhin die proportionale Verteilung der Mandate im Bundestag. Mit der Erststimme können Direktkandidaten in den Wahlkreisen gewählt werden, allerdings erhalten sie nur dann ein Mandat, wenn es durch das Zweitstimmenergebnis der Partei gedeckt ist.
Gewinnt eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, werden in der Reihenfolge der Wahlkreisstimmen entsprechend weniger Direktkandidaten berücksichtigt. Ursprünglich sah der Koalitionsentwurf eine Begrenzung auf 598 Abgeordnete vor, doch während der Beratungen wurde die Sollgröße auf 630 angehoben, um die Chancen zu erhöhen, dass Wahlkreisbewerber mit den meisten Erststimmen auch einen Sitz erhalten.
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