Berlin. Bahnkunden bekommen bei Verspätungen künftig mehr Geld zurück. Bei Zugverspätungen ab 60 Minuten kann der Reisende eine Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises verlangen. Das hat der Bundesrat entschieden. Zudem werden Verbraucher künftig besser vor unlauterer Telefonwerbung geschützt.

Der Bundesrat hat am Freitag grünes Licht für die Ausweitung von Fahrgastrechten von Bahnreisenden gegeben. Demnach sollen Bahnreisende künftig für größere Verspätungen im Bahnverkehr entschädigt werden. Hat ein Zug mehr als eine Stunde Verspätung oder fällt er gar ganz aus, müssen Bahnunternehmen ihren Kunden einen Teil des Ticketpreises zurückerstatten. Fahrgäste sind bei Verzögerungen ihrer Reise damit nicht mehr wie bisher auf die Kulanz der Unternehmen angewiesen.

Mit dem Gesetz sollen Bahnunternehmen verpflichtet werden, im Falle von mindestens einstündigen Verspätungen einen Teil der Reisekosten zu erstatten, alternative Reisewege anzubieten oder notfalls für eine Hotelunterkunft zu sorgen, sollte eine Übernachtung notwendig sein. Bei Verspätungen im Nahverkehr ab 20 Minuten sollen Reisende künftig Anspruch auf Benutzung eines alternativen Zuges sowie auf Ersatz der notwendigen Fahrkosten haben.

Schutz vor unlauterer Telefonwerbung

Der Bundesrat hat weiter das Gesetz zur Stärkung der Verbraucherrechte im Falle unlauterer Telefonwerbung passieren lassen. Es umfasst unter anderem ein Widerrufsrecht für telefonisch abgeschlossene Verträge. Verstöße gegen das Verbot unerlaubter Telefonwerbung sollen künftig mit einer Geldbuße geahndet werden können.

Hintergrund

Die neuen Rechte für Bahnreisende in fünf Daten.

  • Bahnreisende sollen künftig bei Verspätungen und Zugausfällen ein Anrecht auf Rückerstattung des Fahrpreises haben. Bei mindestens einstündigen Verspätungen erhalten Bahnkunden 25 Prozent des Fahrpreises zurück, bei mindestens zweistündigen Verspätungen 50 Prozent.
  • Außerdem muss das Bahnunternehmen bei einer Verspätung ab einer Stunde Erfrischungen im Zug anbieten sowie eine Hotelunterkunft zur Verfügung stellen, wenn eine Übernachtung erforderlich ist.
  • Zeichnet sich eine Verspätung von mehr als einer Stunde ab, können Reisende von der Fahrt absehen und eine Rückerstattung des Fahrpreises verlangen oder die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen.
  • Bei Verspätungen im Nahverkehr ab 20 Minuten soll es zusätzlich einen Anspruch auf Benutzung eines alternativen Zuges geben. Bei drohender Verspätung im Nahverkehr von mindestens 60 Minuten zur Nachtzeit oder bei Ausfall des fahrplanmäßig letzten Zuges erhalten Reisende einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für jedes alternative Verkehrsmittel einschließlich Taxi bis zu einem Betrag von 80 Euro.
  • Das Unternehmen haftet nicht, wenn die Verspätung oder der Ausfall auf außerhalb des Betriebs liegende unvermeidbare Umstände oder das Verschulden des Reisenden zurückzuführen ist. Es kann von einer Zahlung absehen, wenn der zu erstattende Betrag unter vier Euro liegt. (ddp)

Der Gesetzesentwurf zum Schutz gegen unerlaubte Telefonwerbung enthält als wichtigste Neuerung ein Widerrufsrecht für telefonisch abgeschlossene Zeitschriften- und Zeitungsabos und Lottoverträge. Die Frist beträgt in der Regel einen Monat und beginnt nicht, bevor der Verbraucher eine Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform erhalten hat. Künftig droht bei unerlaubten Werbeanrufen ein Bußgeld in Höhe von 50 000 Euro. 10 000 Euro fallen an, falls Unternehmen sich nicht an das Verbot der Rufnummernunterdrückung halten. Beim Anbieterwechsel ist künftig eine schriftliche Kündigung des alten Vertrags notwendig.

Rund 60 000 Beschwerden über unerlaubte Telefonwerbung gehen jedes Jahr bei den Verbraucherzentralen ein. Zwar sind Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung des Kunden auch derzeit schon verboten, in der Praxis ist es aber schwer, Verstöße zu ahnden. Verbraucherschützer begrüßten die Neuregelung daher grundsätzlich, betonten aber auch, dass sie sich weitergehende Neuerungen gewünscht hätten.

Bundesrat stimmt «Tierschutz-TÜV» zu

Deutschland bekommt weiter einen «Tierschutz-TÜV». Damit Nutztiere artgerechter gehalten werden können, sind künftig Prüf- und Zulassungsverfahren für Stalleinrichtungen Pflicht. Die staatliche Prüfung soll bewirken, dass nur noch tiergerechte Haltungssysteme serienmäßig verkauft werden dürfen. Einer entsprechenden Änderung des Tierschutzgesetzes stimmte am Freitag der Bundesrat zu. Bereits vor drei Jahren war ein solcher TÜV für die Legehennenhaltung eingeführt worden.

5000 Euro Bußgeld bei heimlichem Vaterschaftstest

Wer heimlich einen Vaterschaftstest machen lässt, kann künftig mit einem Bußgeld bis zu 5000 Euro bestraft werden. Das regelt das neue Gendiagnostikgesetz, das im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde nahm. Damit gibt es nach einer siebenjährigen Kontroverse erstmals einen rechtlichen Rahmen für genetische Untersuchungen am Menschen. Außerdem werden dabei erhobene Daten besser vor illegaler Verwendung geschützt.

Länder: Gammelfleisch-Lieferanten beim Namen nennen

Bei künftigen Gammelfleisch-Skandalen wollen die Länder den Verbrauchern die Lieferanten der ungenießbaren Ware namentlich nennen dürfen. Weil dies im Regierungsentwurf nicht vorgesehen ist, stoppte der Bundesrat am Freitag die geplante Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wurde aufgefordert, das Gesetz nachzubessern.

Dessen zentrale Neuregelung ist aber eine Meldepflicht: Restaurantbesitzer und Metzgereien sollen künftig verpflichtet werden, die Behörden zu informieren, wenn ihnen dubiose Lebensmittel angeboten werden. So soll verhindert werden, dass verdorbene Produkte auf den Markt gelangen.

Das Bußgeld für eine Firma, die Lebensmittel anbietet, die nicht mehr für den Verzehr geeignet sind, soll von jetzt maximal 20.000 Euro auf 50.000 Euro angehoben werden. Damit ein Nahrungsmittel-Skandal rasch in seiner ganzen Tragweite erkannt werden kann, müssen künftig die Länderbehörden außerdem ihre Daten an das Bundesverbraucherministerium übermitteln. Dort kann dann bei einem länderübergreifenden Vorfall ein Lagebild erstellt werden.

Kostenbegrenzung für Handy-Anrufe

Handy-Anrufe bei 0180-Nummern dürfen künftig maximal 42 Cent pro Anruf oder 60 Cent pro Minute kosten. Der Bundesrat stimmte am Freitag einer entsprechenden Änderung des Telekommunikationsgesetzes zu. Danach muss wahrscheinlich ab Jahresmitte neben dem Preis für einen Anruf aus dem Festnetz auch der Höchstpreis für einen Anruf aus einem Mobilfunknetz angegeben werden.

Bislang fallen die häufig von Unternehmen und Behörden genutzten 0180-Nummern als Kostenfaktor auf der Handy-Rechnung auf. Ein Gespräch kostete bislang bei den meisten Mobilfunkanbietern noch 70 bis 80 Cent pro Minute. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg rechnet damit, dass die Neuregelung noch im Juli in Kraft tritt.

Mit dem Gesetz sollen die Verbraucher künftig auch besser vor sogenannten «untergeschobenen Verträgen» bei der Umstellung der Betreibervorauswahl (Preselection) geschützt werden. Bislang waren Änderungen hier auf Zuruf möglich. Die Verbraucher waren sich aber häufig nicht hinreichend bewusst, eine Umstellung zu veranlassen. Oder sie war gar nicht erwünscht. Künftig darf die Betreibervorauswahl daher nur noch umgestellt werden, wenn der entsprechende Wunsch des Kunden schriftlich vorliegt.

Die Regelung ergänzt und vervollständigt die Regeln im Gesetzentwurf zur Bekämpfung der unerlaubten Telefonwerbung, der ebenfalls am Freitag vom Bundesrat gebilligt wurde. (ap/ddp)