Brüssel. Schlechte Nachrichten für Bahnkunden: Die EU-Verkehrsminister wollen am Donnerstag beschließen, dass internationale Güterzüge bald Vorfahrt vor Fernzügen, Regionalbahnen und sogar dem S-Bahn-Verkehr haben. Die Konsequenz: In Zukunft drohen noch längere Wartezeiten.
Die Bahnfahrer in Deutschland müssen sich darauf einstellen, dass es künftig häufiger zu Verspätungen kommt, weil zunächst internationale Güterzüge die Strecke passieren müssen. Bei ihrem Treffen am Donnerstag wollen die EU-Verkehrsminister nämlich beschließen, in den nächsten Jahren transnationale Eisenbahn-Korridore einzurichten, in denen der Güterverkehr Vorfahrt vor Fernzügen, Regionalbahnen und sogar dem S-Bahn-Verkehr hat. Ziel ist, den Bahn-Frachtverkehr attraktiver zu machen.
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Deutschland steht dem Vorhaben kritisch gegenüber, weil es als größtes Transitland in der EU die meisten Güterzüge zu verkraften hat. Doch im Ministerrat können die Deutschen kaum auf Verbündete zählen – allenfalls Österreich und Belgien. Da Diplomaten kaum Chancen sehen, genug Stimmen zusammenzubekommen, um den Vorschlag zu stoppen, bemühen sich Berliner Ministerialbeamte bis zur letzten Minute, den Entwurf zumindest so weit es geht zu entschärfen.
Störungen auch im Ruhrgebiet befürchtet
Die Deutsche Bahn warnt bereits vor künftigen Verzögerungen im Personenverkehr, insbesondere im Nahbereich. Denn „anders als bei einer Fernverbindung können wir 15 Minuten Verspätung zwischen Essen und Wuppertal nicht wieder aufholen“, sagt ein Sprecher. Engpässe sind langfristig vor allem im Korridor Zeebrügge – Duisburg – Basel – Genua und dort insbesondere auf der Rheinstrecke zu erwarten, aber auch auf der Route Rotterdam – Aachen – Berlin – Polen.
Die Bahn kritisiert, dass ausgerechnet die EU-Kommission strenge Vorgaben für betriebliche Entscheidungen mache, statt den Netzbetreibern flexible Lösungen zu erlauben - die selbe EU-Behörde aber andererseits den Fahrgästen Ansprüche gegen die Bahn garantiere, falls Züge zu spät kommen.
Auch Fachleute sehen die geplanten Regeln kritisch. Als „verfehlt“ bezeichnet Verkehrsexperte Benedikt Langner vom Freiburger Centrum für Europäische Politik den Entwurf. „Die politisch vorgegebenen Vorrangregeln für Güterverkehr auf Schienennetzen im Mischbetrieb werden zu Störungen im gesamten Bahnverkehr führen, Beeinträchtigungen und Ausweichreaktionen im Personenverkehr sind zu erwarten.“