Berlin. Der Chef der Linkspartei, Oskar Lafontaine, zieht sich zunächst für einige Wochen aus dem politischen Tagesgeschäft zurück. Grund ist eine Krebs-Erkrankung. Lafontaine wird am Donnerstag operiert. Die Linke rechnet Anfang 2010 mit einer Rückkehr Lafontaines in die Politik.

Der Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine muss sich einer Krebsoperation unterziehen. Der seit längerem geplante chirurgische Eingriff werde am Donnerstag durchgeführt, teilte der 66-Jährige am Dienstag in Berlin mit. «Nach überstandener Operation werde ich zu Beginn des neuen Jahres unter Berücksichtigung meines Gesundheitszustandes und der ärztlichen Prognosen darüber entscheiden, in welcher Form ich meine politische Arbeit weiterführe», erklärte er weiter.

Angaben, um welche Krebsart es sich handelt, machten weder Lafontaine noch seine Partei. Der Saarländer war nur wenige Wochen nach der Bundestagswahl im Oktober überraschend vom Fraktionsvorsitz seiner Partei zurückgetreten und sah sich daraufhin dem Vorwurf der Wählertäuschung ausgesetzt. Diesen wies er in der «Saarbrücker Zeitung» als «absurd» zurück. Er sei «nach wie vor Parteivorsitzender und Bundestagsabgeordneter», sagte er. Er fühle sich «nach dem großen Vertrauensbeweis bei der Landtagswahl aber auch den Wählerinnen und Wählern im Saarland verpflichtet».

Lafontaine hat angekündigt, am morgigen Mittwoch auf die Regierungserklärung des wiedergewählten Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) antworten zu wollen. Die saarländische Linkspartei geht davon aus, dass er trotz seiner Erkrankung im Landtag sprechen wird.

«Ein fürchterlicher Schlag»

Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch, rechnet damit, dass Lafontaine nach überstandener Krebserkrankung «Anfang 2010» seine Ämter in der Partei und sein Bundestagsmandat wieder aufnehmen wird. Bartsch sagte der «Ostsee-Zeitung»: «Wenn Oskar Lafontaine wieder da sein wird, werden wir miteinander reden und alles Weitere entscheiden.» Einen Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf den Fraktionsvorsitz im Bundestag Anfang Oktober und der jetzigen Krebserkrankung schloss Bartsch aus.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, geht von einer Rückkehr Lafontaines in die Politik aus. Gysi sagte dem «Berliner Kurier»: «Ich wünsche meinem Freund Oskar alles Gute, und ich bin zuversichtlich, dass er wieder gesund wird und mit aller Kraft zu uns zurückkehren wird.»

Genesungswünsche kamen auch vom politischen Gegner. Saarlands SPD-Chef Heiko Maas sagte der Berliner Tageszeitung «B.Z.»: «Ich wünsche Oskar Lafontaine eine schnelle Genesung und einen guten Verlauf der bevorstehenden Operation.» Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs erklärte: «Ich wünsche ihm als gläubiger Katholik, dass es ihm bald bessergeht, und dass er die schwierige Situation, in der er sich befindet, gut übersteht».

Der frühere SPD-Generalsekretär Klaus-Uwe Benneter sagte: «Bei allen politischen Gegensätzen ist das ein fürchterlicher Schlag im Leben eines Jeden. Deshalb hoffe und wünsche ich inständig, dass die Operation erfolgreich verläuft und Oskar Lafontaine sich schnellstens davon erholt.»

Angebliche Affäre mit Wagenknecht

Der «Spiegel» hatte am Wochenende behauptet, Lafontaines Rückzug habe private Gründe. Wegen einer angeblichen Affäre mit der Parteilinken Sahra Wagenknecht solle seine Frau Druck auf ihn ausgeübt und seinen Rückzug aus Berlin gefordert haben. Dieser sei bereits vor der Bundestagswahl beschlossen worden.

Die Linke hatte den «Spiegel»-Bericht bereits am Montag heftig kritisiert. Mit seriösem Journalismus habe «die seit einiger Zeit betriebene Hass-Kampagne gegen Lafontaine nichts zu tun», kommentierte der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, Ulrich Maurer.

Politisches Ziel erreicht

Völlig überraschend hatte Anfang Oktober auf der Klausurtagung der Linken-Abgeordneten im brandenburgischen Rheinsberg seinen Rückzug vom Vorsitz der Fraktion angekündigt, die er seit 2005 zusammen mit Gregor Gysi geführt hatte. «Ich werde mich auf die Aufgabe als Parteivorsitzender konzentrieren und nicht mehr für den Fraktionsvorsitz kandidieren», erklärte er und fügte hinzu, sein Bundestagsmandat werde er behalten. Er habe die Entscheidung zur Aufgabe des Fraktionsvorsitzes im Bundestag schon vor einiger Zeit getroffen. Schließlich sei das Ziel erreicht, die Linkspartei als deutschlandweite Kraft zu etablieren, sagte Lafontaine, der seit 2007 neben Lothar Bisky Chef der Partei Die Linke ist.

Nach seinem Rücktritt war ihm vorgeworfen worden, er spekuliere auf ein rot-rot-grünes Bündnis im Saarland. Nachdem sich die Grünen jedoch für die Jamaika-Koalition mit CDU und FDP entschieden hatten, sagte Lafontaine, ob und wie lange er sein Mandat im Saarbrücker Landtag wahrnehmen werde, werde er in aller Ruhe entscheiden.

Schillernde Figur

Lafontaine gilt als eine der schillerndsten Figuren in der deutschen Politik. Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990 trat er als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl an. Von 1995 bis 1999 war er SPD-Vorsitzender. Nach der Bundestagswahl 1998 wurde er Bundesfinanzminister. Im März 1999 legte er überraschend alle politischen Ämter nieder.

2005 wechselte Lafontaine von der SPD zur neu gegründeten Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), die 2005 ein Bündnis mit der PDS einging und sich Linkspartei.PDS nannte.

«Solange ich gesund bin, werde ich weiter mitmischen», sagte Lafontaine einmal in einem Interview. Auch für die Parteispitze stehe er zur Verfügung, «solange ich den Eindruck habe, dass die Mitglieder es wollen.» (ap)