Essen. Brustkrebs. Rund 74 500 Mal wurde diese Diagnose im vergangenen Jahr in Deutschland gestellt. Fünf bis zehn Prozent dieser Erkrankungen gehen auf eine erbliche Belastung zurück, betonen Fachleute. Ein Gespräch mit Dr. Oliver Hoffmann von der Unifrauenklinik Essen über Gentests und deren Folgen.

Rund 74 500 Frauen in Deutschland erhielten 2012 die Diagnose Brustkrebs. Fünf bis zehn Prozent dieser Erkrankungen gehen auf eine erbliche Belastung zurück. Fragen an Dr. Oliver Hoffmann, leitender Oberarzt an der Uni-Frauenklinik Essen und Netzwerk-Koordinator des Uni-Brustzentrums Essen.

Wann kann man vermuten, dass es einen erblichen Faktor gibt?

Bei einer familiären Häufung von Brust- und/oder Eierstockkrebs. Vor allem, wenn die Frauen zum Zeitpunkt der Erkrankung unter 50 waren. Hatte nur eine Großtante mit 85 Jahren Brustkrebs, ist das nicht der typische Fall für einen Erbgang. Also: Nicht jede Frau mit einem Brustkrebsfall in der Familie sollte den Eindruck haben, sofort einen Gentest machen zu müssen.

Vier Brustkrebsgene sind bisher bekannt.

Ja. Die häufigsten sind BRCA 1 und BRCA2. Frauen, bei denen diese Gene mit Veränderungen (Mutationen) nachgewiesen wurden, haben ein hohes Risiko, an Brust- und/oder Eierstockkrebs zu erkranken.

Wer macht Gentests?

Dieser Gentest ist ein Bluttest. Interessierte sollten sich an ein zertifiziertes Brustzentrum wenden. Nicht alle Einrichtungen können den Test machen, verweisen dann aber an die richtige Stelle. Einem Bluttest geht eine gynäkologische und humangenetische Beratung voraus. Außerdem gibt es für den Arzt einen Kriterienkatalog, wann ein Bluttest Sinn macht. Dann wird dieser auch von den Kassen bezahlt. Was man wissen muss: Wenn ein Bluttest gemacht wurde, kann es manchmal mehrere Wochen oder Monate dauern, bis das Ergebnis vorliegt.Übrigens: Nur 15 Prozent der Frauen in Deutschland, bei de­nen der Test positiv war, lassen vorsorglich ihre Brüste oder das Brustdrüsengewebe entfernen.

Gibt es Alternativen zur Operation?

Ja. Die Brust kann auch engmaschig kontrolliert werden. Wir empfehlen Betroffenen aber immer eine Entfernung der Eierstöcke nach Abschluss der Familienplanung, beziehungsweise ab dem 40. Lebensjahr. Nach der Entfernung kommen diese Frauen natürlich in die Wechseljahre. Grundsätzlich raten wir Frauen mit einem hohen Brustkrebsrisiko – auch solchen die nicht erblich vorbelastet sind – zu halbjährlichen Tast- und Ultraschall-Untersuchungen der Brust ab dem 25. Lebensjahr, zu einer jährlichen Kernspintomografie der Brüste ab dem 25. Lebensjahr und zur jährlichen Mammografie ab dem 30. Lebensjahr.

Was bedeutet eine Brust-Amputation?

Das ist ein großer Eingriff. Der Aufbau kann mit Eigengewebe oder Implantaten geschehen. Implantate kontrollieren wir an der Essener Uniklinik jährlich. Weil es zu Abkapselungen kommen kann, zu Entzündungen. Implantate können auch kaputt gehen, sich verschieben. Impantate bergen schon auch das Risiko von Komplikationen.Was man wissen muss: Selbst nach einer Brust-Amputation besteht noch ein rund fünfprozentiges Risiko, dass eine Frau trotzdem an Brustkrebs erkranken kann.