Essen. Hollywoodstar Angelina Jolie hat sich aus Angst vor Brustkrebs beide Brüste entfernen lassen. Krebs-Expertin Tanja Fehm von der Universitätsfrauenklinik Düsseldorf erklärt, warum Frauen sich für die Operation entscheiden - und welche Alternativen es für Risikopatientinnen gibt.

74.000 Frauen in Deutschland erkranken nach Angaben der Deutschen Krebshilfe jedes Jahr an Brustkrebs. Wird die Diagnose rechtzeitig gestellt, ist die Krankheit meist heilbar, sagt Krebs-Expertin Tanja Fehm. Sie leitet die Universitätsfrauenklinik in Düsseldorf. Im Interview erklärt sie, welche Alternativen es zur vorsorglichen Amputation gibt.

Aus Angst vor Brustkrebs hat sich Schauspielerin Angelina Jolie beide Brüste entfernen lassen. Für welche Frauen kommt eine solche Operation infrage?

Prof. Tanja Fehm: Wenn Frauen zu uns in die Beratung kommen, fragen wir sie, ob es Fälle von Brustkrebs in der Familie gibt. Sind mehrere Fälle bekannt, machen wir einen Gentest, bei dem wir feststellen, ob die Frau die mutierte Version des BRCA1- oder BRCA2-Gens in sich trägt.

Ist das der Fall, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie über kurz oder lang an Brustkrebs erkranken wird. Dann bieten wir ihr die Operation oder die Teilnahme am intensivierten Früherkennungsprogramm an.

Wozu raten Sie betroffenen Frauen?

Fehm: Wir geben keinen Rat, sondern machen verschiedene Angebote. Immer mehr Frauen, die das mutierte Gen in sich tragen, entscheiden sich wie Angelina Jolie für eine Operation. Inzwischen sind das 60 bis 70 Prozent.

Tanja Fehm leitet die Universitätsfrauenklinik in Düsseldorf
Tanja Fehm leitet die Universitätsfrauenklinik in Düsseldorf © Lars Heidrich / WAZ FotoPool

Die Alternative zur Operation ist eine regelmäßige Kontrolle. Wie funktioniert das?

Fehm: Betroffene Frauen unterziehen sich einmal im Jahr einer Tastuntersuchung, einer Ultraschall-Untersuchung und einer Kernspintomografie. Damit erzielen wir bessere Ergebnisse als mit dem gewöhnlichen Mammografie-Screening.

Was passiert, wenn dabei Brustkrebs diagnostiziert wird?

Fehm: Wird der Brustkrebs in einem frühen Stadium entdeckt, ist er in über 90 Prozent der Fälle heilbar.

Wer gehört zur Risikogruppe für Brustkrebs?

Fehm: Prinzipiell gehört jede Frau zur Risikogruppe. Besonders häufig trifft es aber Frauen, die bereits andere Brusterkrankungen hatten. Und: Brustkrebs ist ein Alterskrebs. Je älter Frauen werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie erkranken.

Ärzte raten Frauen dazu, sich selbst abzutasten. Reicht das aus?

Fehm: Nein, denn auf diese Weise lassen sich nur Tumore entdecken, die schon mindestens anderthalb Zentimeter groß sind. Dennoch ist der Selbsttest immens wichtig: So werden die meisten Fälle von nicht erblich bedingtem Brustkrebs entdeckt.

Das mutierte Gen beeinflusst nicht nur das Brustkrebsrisiko.

Fehm: Das Gen beeinflusst auch die Gefahr, Eierstockkrebs zu bekommen. Deshalb wird ihnen empfohlen, nach Abschluss der Familienplanung - meist um das 40. Lebensjahr herum - eine Eierstockentfernung vornehmen zu lassen.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Vorsorge-Untersuchungen?

Fehm: Sowohl beim intensivierten Früherkennungsprogramm als auch bei der vorsorglichen Amputation handelt es um medizinisch notwendige Maßnahmen. Das heißt: Die Krankenkassen übernehmen die Kosten.