Berlin. . “Jenseits des Protokolls“ heißt das Buch, in dem Bettina Wulff nun selbst über die Rotlicht-Gerüchte zu ihrem angeblichen Vorleben als Prostituierte schreibt. Das Buch der Frau von Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist jetzt in Berlin erstmals im Handel. Es ist eine Abrechnung mit dem Leben als Präsidentengattin.

"Mir ist es nicht egal, wie andere über mich denken." Bettina Wulff hat ihre Sicht der Dinge aufgeschrieben - in ihrem Buch "Jenseits des Protokolls" redet die ehemalige "First Lady" sehr offen und unprätentiös über ihre Zeit als Präsidentengattin. Zwei Dinge fallen besonders auf: ein eigenes Kapitel über die Rotlicht-Gerüchte - und wie kritisch sie ihre Beziehung zu Christian Wulff sieht.

Sie will nicht mit ihm in einen Topf geworfen werden. In den Wochen vor dem Rücktritt am 17. Februar verspürt Bettina Wulff "Fluchtendenzen", will sich "einfach nur wegbeamen". Am Tag des Rücktritts ist sie genervt. Sie hätte es anders gemacht. Kürzer, weniger Worte. "Ich war es einfach leid." Und sie hadert mit ihrer Rolle: "Warum sollte ich mich da mit hinstellen?" Ganz bewusst habe sie sich ein Stück weit entfernt von ihrem Mann hingestellt. Sie will zeigen: "Ich bin eine eigenständige, selbstständige Frau."

Bettina Wulff schreibt über Tattoo, Hauskredit, Rotlicht-Gerede

Das ganze Buch klingt so. Es ist eine kühle Abrechnung mit dem Leben als Präsidentengattin und eine unverhohlene Bewerbung für neue Aufgaben. Sie macht Klarschiff: Offen und unprätentiös erzählt die 38-Jährige von ihrem Weg aus Hannover ins Schloss Bellevue - und wieder zurück nach Großburgwedel. Sie spart nichts aus: Tattoo, Hauskredit, das Rotlicht-Gerede. Die Gerüchte "zu einem angeblich bewegten Vorleben" tauchen sogar auf dem Buchdeckel auf. "Mein Pseudonym lautet also angeblich Lady Viktoria", schreibt Wulff, "und meine Wirkungsstätte soll ein Etablissement namens Chateau Osnabrück gewesen sein." Sie beklagt die Hartnäckigkeit der Medien auf der Suche nach einem Skandal: "Man kann gar nicht so viel essen, wie man kotzen möchte." Als Präsidentenpaar hatten die Wulffs beschlossen über das Gerede zu schwiegen. "Es hätte dem anonymen Rufmord eine viel zu große Aufmerksamkeit eingeräumt".

Nach dem Rücktritt sucht Bettina Wulff einen Verlag für ihr Buch. Die ersten Zeitungen berichten am 1. April darüber. Es ist kein Scherz. Das Buch sollte erst im November erscheinen, dann am Mittwoch dieser Woche - doch die ersten Buchhändler legten es bereits am Wochenende an die Kasse. "Das war so nicht gedacht. In Berlin ist irgendwas schief gelaufen", heißt es beim Verlag. Ein Satz, der gut zu den Wulffs passt. Sei's drum: Noch nie hat eine Bundespräsidentenfrau derart ausgepackt, noch nie musste eine so sehr um ihren Ruf kämpfen - bis zur jüngsten Klage gegen "Google".

Bettina Wulff behandelt ihren Mann wie einen Therapiefall 

Das Buch, auf dessen Cover Wulff dem Leser die tätowierte Schulter zeigt, kann dabei helfen - sorgt aber auch für neue Häme: Co-Autorin Nicole Maibaum hat bereits mit Maschmeyer-Freundin Veronica Ferres ein Buch gemacht und vor Jahren einen Ratgeber geschrieben: "25 Wege sich an seinem Ex zu rächen." Untertitel: "Und andere Kleinigkeiten, die den Abschied leichter machen". Und, blöder Zufall: Bei Wulffs Münchener Riva-Verlag erscheint in diesem Herbst gleichzeitig die Lebensbeichte eines Puffbesitzers.

Was besonders auffällt: Bettina Wulff macht ihr Buch zu einer öffentlichen Paaranalyse. Mit Passagen, in denen sie Christian Wulff behandelt wie einen Therapiefall. Sie habe bei Männern kein bestimmtes "Beuteschema", verrät Wulff und plaudert locker über die schüchterne Anmache des damaligen Ministerpräsidenten. Doch das ist lange her: Es sei "seltsam, sich jetzt, nach all dem Geschehenen (...) an die Zeit der großen Verliebtheit zu erinnern."

Kanzlerin Merkel "geht zum Lachen sicher in den Keller"

Die Beziehung der beiden leidet vom ersten Tag an. Der Termindruck, der Umzug, das Protokoll. "Ich war körperlich am Ende, einfach matt und ausgelaugt." Christian Wulff merkt nichts. Er war so beschäftigt, "dass er nicht realisierte, wie es mir ging". Das Beziehungsleben blieb "so gut wie auf der Strecke". Alles ist neu - und fremd: Die ungemütliche Dienstvilla, die lauschenden Bodygards im Hotelzimmer nebenan, sogar die Pipi-Pausen werden vom Protokoll organisiert. Wulff beschreibt das alles sachlich, mitunter unterhaltsam, vor allem wenn es indiskret wird. Über Angela Merkel dachte sie erst "die geht zum Lachen sicher in den Keller". Dann essen sie zusammen Abendbrot und juxen mit den Kindern herum.

Die junge Präsidentenfrau hat Angst, ihr Leben zu verpassen. Ihr Körper rebelliert. Sie bekommt Magenschmerzen, Übelkeit, hat Angst, magersüchtig zu werden. Ihr Mann tröstet sie: "Jetzt machen wir das erst einmal fünf Jahre und dann schauen wir, was passiert." Erst nach dem Rücktritt habe er gelernt, über seine Gefühle zu sprechen. "Ich werfe es Christian auch manchmal vor, dass er mich in diese Rolle hineingedrängt hat."

Eine Krise? Bettina Wulff fordert von ihrem Mann, dass er sich jetzt mehr für die Familie einsetzt. "Es ist eine Chance, die sich ihm bietet." Am Ende lobt sie ihn: "Christian" sei ein besserer Vater, "seit er nicht mehr Bundespräsident ist".