Washington/Denver. . Nach dem Massaker in Colorado wird über die Bestrafung des mutmaßlichen Täters James Holmes spekuliert. Mit einem Prozessbeginn wird allerdings nicht vor 2013 gerechnet. Die Waffenverkäufe sind seit Freitag in den ganzen USA sprunghaft angestiegen.

Der erste Kunde von Bernie Conatser am vergangenen Samstag stand schon vor der Tür, da waren die zehn Leichen im Century 16-Kino von Aurora, Colorado, nicht mal abtransportiert. Der Chef des größten Waffengeschäfts in Manassas vor den Toren der amerikanischen Hauptstadt Washington ist daran gewöhnt. „Nach solchen Massakern kommen Leute zu mir, die dachten, sie würden niemals eine Waffe benötigen”, sagt der Familienvater im Gespräch, „plötzlich wird ihnen bewusst, dass sie sich selbst verteidigen müssen.”

Auf 30 Prozent beziffert der seit 1996 im legalen Waffenhandel tätige Mann aus dem Bundesstaat Virginia den Umsatzanstieg seit dem Amoklauf des 24-jährigen Verdächtigen James Eagen Holmes. Kein Einzelfall. Landesweit gehen Waffenverkäufe immer dann sprunghaft nach oben, wenn Unfassbares geschieht. In Denver selbst wurden seit Freitag 45 Prozent mehr Sicherheitsüberprüfungen beim FBI registriert; ein Routine, der sich jeder potenzielle Waffenkäufer unterziehen muss.

Tote bei Schießerei im Kino

Bei einer Schießerei in diesem Kino im US-Bundesstaat Colorado hat es zahlreiche Todesopfer gegeben.
Bei einer Schießerei in diesem Kino im US-Bundesstaat Colorado hat es zahlreiche Todesopfer gegeben. © AP
In einer Nachtvorstellung des neuen Batman-Films eröffnete ein Mann das Feuer.
In einer Nachtvorstellung des neuen Batman-Films eröffnete ein Mann das Feuer. © AP
Viele Menschen wollten direkt zum Start nach Mitternacht
Viele Menschen wollten direkt zum Start nach Mitternacht "The Dark Knight Rises" sehen. © AP
Zeugen beschreiben den Täter als groß und komplett schwarz gekleidet.
Zeugen beschreiben den Täter als groß und komplett schwarz gekleidet. © AP
Er soll eine Gasmaske und eine kugelsichere Weste getragen haben.
Er soll eine Gasmaske und eine kugelsichere Weste getragen haben. © AP
Die Polizei sperrte den Tatort ab.
Die Polizei sperrte den Tatort ab. © AP
Ein Polizist nimmt eine Zeugenaussage auf.
Ein Polizist nimmt eine Zeugenaussage auf. © AP
Daniel Oates, Polizeichef der Stadt Aurora bei Denver, bestätigte, dass ein Verdächtiger gefasst wurde.
Daniel Oates, Polizeichef der Stadt Aurora bei Denver, bestätigte, dass ein Verdächtiger gefasst wurde. © AP
Der Mann wurde in einem Auto auf der Rückseite des Kino-Gebäudes gefasst.
Der Mann wurde in einem Auto auf der Rückseite des Kino-Gebäudes gefasst. © AP
Er hatte bei seiner Verhaftung zwei Waffen bei sich.
Er hatte bei seiner Verhaftung zwei Waffen bei sich. © AP
Weil der Verhaftete auch von einer Bombe in seiner Wohnung berichtete, wurde das Gebäude, in dem sie liegt, abgesperrt.
Weil der Verhaftete auch von einer Bombe in seiner Wohnung berichtete, wurde das Gebäude, in dem sie liegt, abgesperrt. © AP
Ein Polizist sichert das Wohngelände ab.
Ein Polizist sichert das Wohngelände ab. © AP
An dem Einsatz sind Polizisten aus zahlreichenden umliegenden Orten beteiligt.
An dem Einsatz sind Polizisten aus zahlreichenden umliegenden Orten beteiligt. © AP
Sicherheitskräfte besprechen sich vor dem Kino.
Sicherheitskräfte besprechen sich vor dem Kino. © REUTERS
Einige der Opfer sind ins Kinderkrankenhaus von Aurora gebracht worden.
Einige der Opfer sind ins Kinderkrankenhaus von Aurora gebracht worden. © AP
Angehörige warten auf Zeugen der Schießerei, die in...
Angehörige warten auf Zeugen der Schießerei, die in... © AP
Aus der Luft ist zu sehen, wie Polizisten...
Aus der Luft ist zu sehen, wie Polizisten... © REUTERS
...das Auto des mutmaßlichen Täters untersuchen.
...das Auto des mutmaßlichen Täters untersuchen. © REUTERS
Am Boden liegt eine Gasmaske - wohl die, die der Todesschütze trug.
Am Boden liegt eine Gasmaske - wohl die, die der Todesschütze trug. © AP
Später wird das Auto abtransportiert.
Später wird das Auto abtransportiert. © AP
Chandler Brannon (25) gehört zu den Augenzeugen der Tat, auch...
Chandler Brannon (25) gehört zu den Augenzeugen der Tat, auch... © AP
...Isaiah Bow war dabei - und umarmt seine Mutter Shamecca Davis, nachdem er seine Aussage gemacht hat. Bow hatte das Kino schon verlassen und war...
...Isaiah Bow war dabei - und umarmt seine Mutter Shamecca Davis, nachdem er seine Aussage gemacht hat. Bow hatte das Kino schon verlassen und war... © AP
...noch einmal zurückgegangen, um seine Freundin zu finden.
...noch einmal zurückgegangen, um seine Freundin zu finden. © AP
Auch Tammi Stevens hat ihren Sohn wieder: Jacob Stevens war...
Auch Tammi Stevens hat ihren Sohn wieder: Jacob Stevens war... © AP
...im Kino, als die Schießerei begann. Und...
...im Kino, als die Schießerei begann. Und... © AP
...Judy Goos schließt ihre Tochter Emma in die Arme: Die 19-Jährige saß in der dritten Reihe des Kinos, als der mutmaßliche Täter das Feuer eröffnete, und half Verletzten der Schießerei.
...Judy Goos schließt ihre Tochter Emma in die Arme: Die 19-Jährige saß in der dritten Reihe des Kinos, als der mutmaßliche Täter das Feuer eröffnete, und half Verletzten der Schießerei. © AP
Der Tatort in dem Einkaufszentrum in...
Der Tatort in dem Einkaufszentrum in... © AFP
...Aurora bleibt abgesperrt. Die...
...Aurora bleibt abgesperrt. Die... © AFP
... Polizei untersuchte die Wohnung des mutmaßlichen Täters mit Videokameras: Der 24-Jährige hatte...
... Polizei untersuchte die Wohnung des mutmaßlichen Täters mit Videokameras: Der 24-Jährige hatte... © AP
...angedeutet, dass sie vermint sei.
...angedeutet, dass sie vermint sei. © AP
Die blutige Tat lässt die Einwohner fassungslos zurück. Am Nachmittag trafen sie sich...
Die blutige Tat lässt die Einwohner fassungslos zurück. Am Nachmittag trafen sie sich... © Reuters
...um gemeinsam der Opfer zu gedenken und zu trauern.
...um gemeinsam der Opfer zu gedenken und zu trauern. © Reuters
Die Mahnwache dauert bis in...
Die Mahnwache dauert bis in... © Reuters
...die Abendstunden. Auch nach Einbruch der Dunkelheit sind noch viele Trauerne versammelt.  Sie haben...
...die Abendstunden. Auch nach Einbruch der Dunkelheit sind noch viele Trauerne versammelt. Sie haben... © AFP
...Kerzen vor dem Kino aufgestellt und Schilder gemalt.
...Kerzen vor dem Kino aufgestellt und Schilder gemalt. © AFP
"Fort, aber nicht vergessen" steht auf diesem. © AFP
Erinnerung an
Erinnerung an "all die unschuldigen Seelen". © AFP
Die Trauernden beten gemeinsam und...
Die Trauernden beten gemeinsam und... © AFP
...hoffen, dass ihr Land in diesen schweren Tagen zusammenrückt. Dazu rief...
...hoffen, dass ihr Land in diesen schweren Tagen zusammenrückt. Dazu rief... © AFP
...US-Präsident Obama seine Landsleute auf.
...US-Präsident Obama seine Landsleute auf. © AFP
Am Washington Monument in der hauptstadt wehen die Fahnen auf Halbmast.
Am Washington Monument in der hauptstadt wehen die Fahnen auf Halbmast. © AP
Auch über dem Weißen Haus wurde die Flagge gesenkt.
Auch über dem Weißen Haus wurde die Flagge gesenkt. © AP
Reporter warten vor dem Haus von Robert und Arlene Holmes, den Eltern des....
Reporter warten vor dem Haus von Robert und Arlene Holmes, den Eltern des.... © AFP
Auch die Polizei zeigt an dem Haus Präsenz.
Auch die Polizei zeigt an dem Haus Präsenz. © REUTERS
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Angehörige der Opfer hoffen auf die Todesstrafe für den Attentäter

Warum? Die Sorge mancher Bürger, dass die Politik in Washington sich im Licht einer Katastrophe wie der in Aurora doch an den zweiten Verfassungsgrundsatz machen könnte, der den privaten Waffenbesitz in den USA nach höchstrichterlichem Urteil großzügig gestattet, hält Bernie Conatser für zweitrangig. Zu groß sei „die Angst der Abgeordneten und Senatoren” davor, vom Volk bei der nächsten Wahl abgestraft zu werden. In der Tat, die Zustimmung zu schärferen Waffengesetzen ist in den vergangenen Jahren in landesweiten Umfragen um 35 Prozent gesunken. Conatser: „Viele stellen jetzt einfach fest: Hey, ich gehe auch gern ins Kino. Und ich will nicht irgendeinem Irren schutzlos ausgeliefert sein.”

Für Craig Silvermann ist der Blick zurück müßig. „Wenn hier nicht die Todesstrafe beantragt wird, kann man das Gesetz auch gleich vergessen.” Der frühere Bezirksstaatsanwalt von Denver County steht nach dem Amoklauf von Aurora mit seiner Meinung nicht allein. Holmes, so sagen etliche Familien der insgesamt zwölf Toten und fast 60 Verletzten, die der 24-Jährige mutmaßlich auf dem Gewissen hat, verdiene das „maximal denkbare Strafmaß”.

Prozessbeginn gegen James Holmes frühestens 2013

Bis es soweit kommen kann, können Jahre vergehen. Viele Jahre. Frühestens 2013 wird mit dem Prozessbeginn gegen den Studenten aus Kalifornien gerechnet. Sollte Chef-Anklägerin Carol Chambers für die Todesstrafe plädieren, sind „zwei bis vier Jahre” Prozessdauer „ein realistischer Rahmen”, sagen Rechtsexperten. Angenommen, eine Jury würde dem folgen, stünde weiteres Warten an, bis den Angehörigen der Opfer endgültig Genugtuung widerfahren könne. In Colorado wurde seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 erst ein einziger Mensch exekutiert. 2009 fehlte im Parlament des Bundesstaates nur eine Stimme; und die „death penalty” wäre ganz abgeschafft worden.

Chambers hat angekündigt, das geforderte Strafmaß mit den Hinterbliebenen abzustimmen. „Das Urteil wird ihr Leben beeinflussen, darum sollen sie mitreden.” Chambers weiß, dass der öffentliche Druck, Holmes maximal zu bestrafen, „enorm sein wird”. Zumal sich bereits andeutet, wie die Gegenseite agieren wird. Daniel King und Tamara Brady, die Pflichtverteidiger von Holmes, dessen Familie in San Diego den Opfern ihres Sohnes öffentlich kondolierte, werden auf Zeit spielen, sagt Jura-Professor Sam Kamin aus Denver.

Die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Täters, der beim ersten Gerichtstermin einen abwesenden Eindruck machte, wird die Gutachter über Wochen beschäftigen. Dass die Verteidigung ihren Mandanten als geisteskrank und unschuldig einstufen wird, gilt für Kamin als ausgemacht. Die akribische Vorausplanung, der schrittweise Kauf der Waffen und Munition, die Verkleidung als Robocop, all diese Fakten, so Kamin, sprächen allerdings dafür, dass James Holmes bei vollem Verstand war, als er das Kino in einen Alptraum verwandelte.