Oslo. Der zweite Verhandlungstag gegen den Massenmörder Anders Behring Breivik vor dem Amtsgericht in Oslo rührte die Angehörigen seiner Opfer zu Tränen. Der 33-Jährige betonte in seiner Rede: „Ich würde das wieder machen.“ Breivik gab an, „gegen die islamische Kolonalisierung Europas“ zu kämpfen.
Der zweite Tag des Breivik-Prozesses am Osloer Amtsgericht begann mit einem Skandal. Die Verteidigung stellte am Dienstag zu Beginn einen Befangenheitsantrag gegen einen der Schöffen. Laienrichter Thomas Indrebö musste daraufhin ausgewechselt werden, weil er nach den Terroranschlägen im vergangenen Sommer im Internet die Todesstrafe für Anders Behring Breivik gefordert hatte. Offensichtlich hatte das Amtsgericht ausgerechnet bei Norwegens historisch wichtigstem Strafprozess die Laienrichter nicht gründlich genug ausgewählt.
Eine Zuhörerin im Publikum flüsterte denn auch: „Hätte man die Schöffen nicht vorab googlen können?“ Nach einer kurzen Unterbrechung kam gestern Vormittag dennoch der Auftritt, auf den Breivik so lange gewartet hatte. Er durfte der Öffentlichkeit ein Propagandapapier gegen die Einwanderung von Muslimen nach Europa vorlesen. „Ich bin ein Held. Ich kämpfe gegen die islamische Kolonialisierung Europas.“
Man muss sich hineinbegeben in die krude Welt des Angeklagten, der die Ermordung von 77 Menschen – zumeist sozialdemokratische Jugendliche auf der norwergischen Insel Utöya – für gerechtfertigt hält. Seine bizarre These: Die Sozialdemokraten hätten als Verlängerung einer weltweiten kulturmarxistischen, multikulturellen Bewegung den massiven Zuzug von Muslimen nach Norwegen erlaubten. Er habe nur aus Notwehr gehandelt und bekenne sich deshalb nicht schuldig, so Breivik. Seine Attentate würde er wiederholen, sagte der rechtsradikale Islamhasser mit ruhiger Stimme. „Ja, ich würde das wieder machen.“
Seine Rede strotzt vor falschen Behauptungen
Dass er so viel Platz für seine Rede erhielt, hat vor allem mit der Anwesenheit von psychologischen Sachverständigen im Gerichtssaal zu tun. Sie sollen die Zurechnungsfähigkeit Breiviks beurteilen. Zwei psychiatrische Gutachten waren im Vorfeld zu gegensätzlichen Schlüssen gekommen. Breiviks selber will als zurechnungsfähig anerkannt werden.
Die Rede des 33-Jährigen strotzte vor falschen Behauptungen, wie die Zeitung „Dagbladet“ schrieb. So will Breivik wissen, dass die südfranzösische Stadt Marseille seit 2010 in der Mehrzahl muslimisch sei und Oslo durch die hohe Geburtenrate der Muslime in einigen Jahrzehnten auch mehrheitlich muslimisch werden würde. Laut offiziellen französische Zahlen liegt der Bevölkerungsanteil der Muslime in Marseille bei unter 25 Prozent.
Selbst der geduldigen Richterin Wenche Elizabeth Arntzen riss während der Rede der Geduldsfaden. Ob der Angeklagte endlich zum Ende kommen könne, vor allem auch aus Rücksicht auf die Angehörigen im Gericht, fragte sie. Breivik las weiter vor, wurde aber gleich wieder unterbrochen. „Herr Breivik, wollen Sie sich rücksichtsvoll gegenüber den Angehörigen ihrer Opfer verhalten oder nicht?“ fragte die Richterin scharf. Die Angehörigen waren zum Teil in Tränen ausgebrochen, als der Angeklagte seine Rechtfertigung verlas. Breivik schwieg zunächst und lenkte dann ein. „Ja, ich möchte mich den Angehörigen gegenüber rücksichtsvoll verhalten. Es dauert nicht mehr lange.“
Er stellte sich als europäischer Nationalist dar
Nach weiteren erfolglosen Ermahnungen durch die Richterin erwirkte Breiviks Verteidiger Geir Lippestad eine Verlängerung der Stellungnahme Breiviks. „Mein Mandant muss sein Papier vorlesen dürfen. Er hat das Recht, sich zu erklären.“
Breivik stellt sich als europäischer Nationalist dar, der an vorderster Front gegen Islamisten stehe. Immer wieder lässt er muslimfeindliche Propaganda in seine Antworten einfließen. Breivik auch auf die Zwickauer Terrorzelle NSU in Deutschland. „Es sind diese Ungerechtigkeiten, die mich, den Lasermann in Schweden und die NSU in Deutschland schafften“, sagte der rechtsradikale Islam-Hasser.
Bis Freitag wird Anders Behring Breivik Rede und Antwort stehen. Neben seinem ideologischen Motiv habe er auch persönliche, sagt er. Insgesamt 20 Mal sei er ohne Grund von Muslimen in Oslo angepöbelt worden.
Die Öffentlichkeit wird noch mehr von diesen Dingen hören.