Dresden. Der mutmaßliche Mörder der Ägypterin Marwa El-Sherbini hat zugegeben, die Frau mit einem Messer angegriffen zu haben. Er behauptet, aus einem Affekt heraus gehandelt zu haben. Laut einem Zeugen sei Alex W. aber schon lange vor der Tat wegen seines ausgeprägten Ausländerhasses aufgefallen.

Im Prozess um die tödliche Messerattacke auf die Ägypterin Marwa El-Sherbini in einem Dresdner Gerichtssaal hat der Angeklagte Alex W. den Angriff gestanden. Der 28-Jährige bestritt jedoch, die Bluttat geplant und aus Fremdenhass gehandelt zu haben. Er sei in einem Zustand von Angst und Panik gewesen, erklärte er am Donnerstag in einer von der Verteidigung verlesenen Erklärung vor dem Dresdner Landgericht. Worte des Bedauerns und Mitgefühls fand er nicht. Er könne heute nicht verstehen, warum er das Verbrechen begangen habe.

Das Tatwerkzeug, ein Messer, habe W. stets in dem Rucksack bei sich getragen. Der Angeklagte räumte auch offen eine ausländerfeindliche Gesinnung ein, allerdings sei Fremdenhass nicht das Tatmotiv gewesen. W. gab an, er habe sich seit dem ersten Strafbefehl wegen Beleidigung der Ägypterin Marwa El-Sherbini in einem „komischen Zustand“ befunden. Er habe auch Angst gehabt, wegen der Beleidigung ins Gefängnis zu kommen.

"Ich habe mir selbst das Kommando gegeben"

An den genauen Tatablauf kann sich W. angeblich nicht mehr erinnern. In seiner Erklärung machte er Erinnerungslücken geltend. "Ich habe mir selbst das Kommando gegeben, jetzt aufzustehen und die Zeugin anzugreifen." Die Personen im Gerichtssaal habe er dann nur als Schatten wahrgenommen. Anzeichen von Reue waren bei ihm nicht erkennbar. Er bedauere, was geschehen sei, hieß es zwar in der Erklärung. Allerdings machte er auch deutlich, dass er bedauere, sich sein "Leben versaut" zu haben und nicht erschossen worden zu sein. Nachfragen ließ er nicht zu.

Ein Vertreter der Nebenklage sagte im Anschluss an die Erklärung, diese ziele offenkundig darauf ab, das Geschehen als Affekttat erscheinen zu lassen, um nicht wegen Mordes verurteilt zu werden. Das gesamte bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme spreche allerdings eine andere Sprache, sagte Anwalt Heiko Lesch. Danach sei ganz klar, dass er aus Hass auf Muslime gehandelt habe.

Tatsächlich hatte zuvor ein Zeuge ausgesagt, dass der Angeklagte schon lange vor der Tat wegen seines ausgeprägten Ausländerhasses aufgefallen sei. W. habe einen besonderen Hass auf Türken und allgemein auf Muslime gehabt, sagte ein 21-jähriger Bekannter. Einmal habe er erklärt, er würde diese Menschen umbringen, wenn er ein Maschinengewehr hätte.

Sympathien für rechtsextreme NPD

Ein anderes Mal soll er gesagt haben, dass er alles tun würde, „diese Menschen zu zerstören, sollten sie ihn ansprechen“. Die Äußerungen fielen dem Zeugen zufolge schon lange vor der tödlichen Messerattacke im Dresdner Landgericht. Der 28-jährige Angeklagte sympathisierte den Angaben zufolge mit der rechtsextremistischen NPD. Der Zeuge sagte weiter aus, Alex W.s Hass auf Muslime und Türken sei so weit gegangen, dass er kein Döner-Lokal betreten habe.

Ein Deutschlehrer, der den Angeklagten 2006 in einem Integrationskurs unterrichtete, sagte, auch in der Lehrerschaft habe der Angeklagte als ausländerfeindlich gegolten. Er habe sich im Unterricht mehrfach entsprechend geäußert und unter anderem erklärt, dass Ausländer in Deutschland nichts zu suchen hätten. Den Kurs, an dem überwiegend Spätaussiedler aus Russland teilgenommen hätten, habe W. mit gutem Erfolg absolviert.

Um perfektes Deutsch bemüht

Auffällig sei gewesen, dass der Angeklagte sich um perfektes Deutsch bemüht habe. Er glaube, dass W. seine Herkunft habe verleugnen wollen. Den Angeklagten beschrieb er als ruhig und zurückhaltend. Für ihn sei in Deutschland praktisch alles perfekt gewesen. Widerspruch anderer Kursteilnehmer gegen diese Meinung habe ihn dagegen in Rage bringen können.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, die Ägypterin am 1. Juli aus bloßem Hass auf Nichteuropäer und Muslime getötet und ihren Mann, der sie schützen wollte, lebensgefährlich verletzt zu haben. Der Angeklagte hatte die Frau zuvor als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpft und musste sich deswegen vor Gericht verantworten. Die 31-jährige schwangere Muslimin war unmittelbar nach ihrer Zeugenaussage attackiert worden. Ihr kleiner Sohn wurde Zeuge der Bluttat. (ap)