Dresden. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder der Ägypterin Marwa El-Sherbini begonnen. Aus Angst vor Racheakten von Extremisten sichern rund 200 Beamte das Landgericht in Dresden. Der Angeklagte soll das Opfer aus Islam-Hass getötet haben.

Mit der Verlesung der Anklageschrift und einem Befangenheitsantrag hat am Montag in Dresden der Prozess um den Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini begonnen. Die Verteidigung stellte nach Verlesung der Anklageschrift vor dem Landgericht einen Befangenheitsantrag gegen die drei Berufsrichter und begründete dies auch damit, dass der Prozess im selben Gebäude stattfindet, in dem das Verbrechen im Juli verübt worden war. Es gebe eine nahe liegende persönliche Betroffenheit der Richter, sagte Verteidiger Michael Sturm.

Dem 28-jährigen Russlanddeutschen Alex W. wird vorgeworfen, die 31-jährige Muslimin während einer Gerichtsverhandlung im Dresdner Landgericht aus fremdenfeindlichen Motiven mit einem Messer getötet und ihren Mann schwer verletzt zu haben. Die Ägypterin hatte zuvor als Zeugin gegen den Angeklagten ausgesagt, der sie auf einem Spielplatz unter anderem als «Islamistin», «Terroristin» und «Schlampe» beschimpft hatte. Das Verbrechen sorgte für Entsetzen und löste heftige Proteste in der islamischen Welt aus.

Bei der Verlesung der Anklageschrift sagte Oberstaatsanwalt Frank Heinrich, der Angeklagte habe die 31-Jährige und ihren Ehemann vernichten wollen aus «bloßem Hass auf Nichteuropäer und Muslime», denen er kein Lebensrecht in Deutschland zugestanden habe. Der Angeklagte habe auf die beiden Opfer jeweils mindestens 16 mal teils mit großer Wucht eingestochen, bevor er von Sicherheitskräften überwältig werden konnte.

Die Anklage lautet auf Mord und versuchten Mord. Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Fall sowohl das Mordmerkmal des niedrigen Beweggrunds als auch der Heimtücke gegeben. Dem nicht vorbestrafaten W. droht eine lebenslange Haftstrafe.

50 Euro wegen Missachtung des Gerichts

Der Angeklagte handelte sich zu Beginn der Verhandlung bereits ein Ordnungsgeld wegen Missachtung des Gerichts von 50 Euro ein, weil er auch auf mehrfache Aufforderung der Vorsitzenden Richterin Birgit Wiegand nicht bereit war, seine Sonnenbrille abzusetzen. Zudem droht ihm ein weiteres Ordnungsgeld, weil er sich weigerte, nähere Angaben zu seinen Personalien zu machen.

Der 28-Jährige war am Vormittag von mehreren Wachleuten durch einen Nebeneingang in den Saal geführt worden. Um nicht erkannt zu werden, hatte er sich eine Kapuze und eine Basecap ins Gesicht gezogen.

Aus Sorge vor Racheakten von Extremisten gelten für die Dauer des Prozesses ungewöhnlich scharfe Sicherheitsvorkehrungen. Rund 200 Beamte sichern das Gebäude. In den Verhandlungssaal wurden Panzerglasscheiben eingebaut. Der Angeklagte wurde in einem gepanzerten Fahrzeug und begleitet von Spezialkräften der Polizei in das Gerichtsgebäude gebracht.

Zentralrat fordert hartes Urteil

An der Verhandlung nimmt auch der Mann der 31-Jährigen als Nebenkläger teil. Er soll nach bisherigen Plänen am frühen Nachmittag als erster Zeuge aussagen. Zu dem Prozess sind mehrere Beobachter angereist, darunter der Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Axel Köhler. Er sagte am Rande des Verfahrens der AP: «Wir erwarten ein hartes Urteil.» Den Opfern und der Familie von Marwa El-Sherbini müsse Gerechtigkeit widerfahren.

Zugleich forderte er die Politik auf, das Thema Islamfeindlichkeit auf die Tagesordnung zu setzen. Die muslimischen Frauen in Deutschland seien verunsichert und hätten Angst. Seiner Einschätzung nach haben Ausfälle gegen sie seit der Tat zugenommen.

Im Zuschauerraum des Gerichtsaals verfolgte auch der ägyptische Botschafter Ramzy Ezzeldin Ramzy das Verfahren. (ap)