Dresden. Im Prozess um den Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini im Dresdner Landgericht ist der Angeklagte zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht stellte zugleich eine besondere Schwere der Schuld fest. Eine vorzeitige Entlassung ist damit ausgeschlossen.
Höchststrafe für den Mörder der Ägypterin Marwa El-Sherbini: Das Dresdner Landgericht verurteilte den 28-jährigen Alex Wiens am Mittwoch zu lebenslanger Haft, weil er die schwangere 31-Jährige aus Hass auf Muslime und aus Rache im Gerichtssaal mit 16 Messerstichen getötet hatte. Es stellte die besondere Schwere der Schuld fest, womit eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis bereits nach 15 Jahren ausgeschlossen ist. Die Richter erklärten, der Angeklagte habe den Mord mit direktem Vorsatz und nicht im Affekt begangen. Motiv sei Rache gewesen.
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung begrüßte das Urteil: «Die Botschaft lautet: Für Fremdenfeindlichkeit ist kein Platz in unserem Land», sagte Maria Böhmer. Der ägyptische Botschafter Ramzy Ezzeldin Ramzy sprach im AP-Gespräch von einem fairen und guten Verfahren und erklärte, mit dem Urteil sei der Gerechtigkeit Genüge getan worden. Das Verbrechen hatte in der islamischen Welt Proteste ausgelöst; in Ägypten wurde gegen Islamfeindlichkeit demonstriert.
Kundgebung vor Gericht
In Dresden hatten 1.500 Menschen an einer Trauerdemonstration teilgenommen. Kurz vor der Urteilsverkündung fand eine Kundgebung mit 100 Teilnehmern vor dem Gericht statt. Gefordert wurde: «Stoppt die Hetze gegen Muslime!».
Der Russlanddeutsche hatte die Ägypterin, die in Dresden als Apothekerin arbeitete, auf einem Spielplatz als «Islamistin» und «Terroristin» beschimpft und war zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Im Berufungsprozess vor dem Dresdner Landgericht kam es am 1. Juli dieses Jahres zu der tödlichen Attacke. Vor den Augen ihres dreijährigen Sohnes und ihres Ehemanns stach der Angeklagte mindestens 15 Mal auf die Zeugin ein. Ebenso häufig stach er auf den Ehemann, der ihr zu Hilfe eilte, ein und verletzte ihn lebensgefährlich.
Die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand sagte am Mittwoch zur Frage, warum der Angeklagte am 1. Juli nicht bewacht worden sei, die Aggressivität sei nicht zu erkennen gewesen.
Keine Reue gezeigt
Der Angeklagte hatte die Messerattacke gestanden, aber einen Tötungsvorsatz und ausländerfeindliche Motive bestritten. Bis zuletzt zeigte er keine Reue.
Die Schwurgerichtskammer entsprach den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die die Höchststrafe wegen Mordes und versuchten Mordes gefordert hatten. Die Verteidigung hatte dagegen auf Totschlag im Affekt plädiert. Verteidiger Michael Sturm kündigte noch im Gericht an, er werde aller Voraussicht nach Revision einlegen.
Richterin Wiegand sagte, der Ausländerhass ziehe sich wie ein roter Faden durch das Leben des Angeklagten. Das Tatmesser hat er ganz bewusst vor der Tat in seinen Rucksack gepackt. Strafverschärfend wirke sich das besonders brutale Vorgehen aus. «Er hat Marwa El-Sherbini vor den Augen ihres Kindes ermordet.» Nach der Tat habe er nur bedauert, dass er selbst sein Leben «versaut» habe und keine aufrichtige Reue gezeigt.
«Wir haben das Urteil auch nicht für die Moslems oder irgendeine Gruppe gesprochen, wir haben das Urteil nach deutschem Strafrecht gesprochen, wie wir das bei jedem anderen Angeklagten auch getan hätten», sagte die Richterin. Der Familie des Opfers, insbesondere dem Ehemann, sprach sie Mitgefühl und Hochachtung aus für sein sachliches und höfliches Verhalten in der Hauptverhandlung trotz der schlimmen Ereignisse. «Das nötigt uns allen tiefen Respekt ab», sagte sie.
Heiko Lesch, Anwalt des als Nebenkläger beteiligten Witwers, sagte: «Das Urteil bringt die geliebte Frau und die Mutter des kleinen Mustafa nicht wieder. Ich denke aber, es ist ein Tag der Gerechtigkeit.» Die Zuhörer im Gerichtssaal reagierten ruhig auf das Urteil, einige äußerten Genugtuung. (ap)