Essen. Wenn etwas nervt im Urlaub, dann sind es besitzergreifende Männerbekanntschaften mit Testosteronüberschuss. So wie Simon und seine Kumpels - ich hätte nie gedacht, wie anstrengend Baggerei sein könnte. Von wegen entspannt am Strand.
Letztes Jahr habe ich versucht, einfach mal einen ganz normalen Strandurlaub zu verbringen. Ich dachte, ich würde es genießen, mich auf einem blütenweißen Strand vom Rücken auf den Bauch zu drehen und wieder zurück. Gelegentlich wollte ich einen Blick auf die azurblaue See werfen und auf den einen oder anderen attraktiven Mann mit Surfbrett. Ich hatte frei, gerade ein wenig Geld auf dem Konto und es fröstelte mich im deutschen April. Aus dem Reisebüro lächelten freundliche Menschen mit Sonnenhüten durch die verregneten Scheiben.
Malventee mit Simon
Eine Woche später war ich an einem jener exotischem Orte, an denen diese Fotos mit azurblauer See und wehenden Palmen entstehen. Der Strand war weiß, direkt unter der Wasseroberfläche bunte Fischschwärme. Ich hatte gedacht, solche Orte existierten nur in der Vorstellungswelt findiger Werbe-Experten. Es war perfekt.
Doch ich hatte die Rechnung ohne die Bürger dieses wunderbaren Landes gemacht. Ich gebe zu, ich war auch ein wenig naiv. „Oh, kommen Sie in meinen Laden.“ „Danke, aber ich will gar nichts kaufen.“ „Nein, nein, nein! Wer redet denn von kaufen? Nicht doch! Nur einen Malventee trinken. Ich bin übrigens Simon. Und du?“
Irgendwann trank ich den ersten Malventee. Von dort war es nicht weit bis zu einer enthusiastischen Einführung in die landesübliche Kunst der Parfumherstellung. Gut, das ist ihr Job, dachte ich. Die Leute leben vom Tourismus und ich bin nun mal eine von denen, die hier Geld ausgeben sollen. Vom Duftwässerchen waren wir schnell bei den Gefühlen und der Frage nach dem Beziehungsstatus. Warum soll ich jemanden erfinden, den es zur Zeit in meinem Leben nicht gibt? dachte ich mit einem Anflug von Trotz. Ob ich liiert bin oder nicht, ich entscheide immer noch selbst, mit wem ich ins Bett gehe!
Eifersüchtiger Parfumverkäufer
Ich weiß nicht, ob ein imaginärer Bettgefährte mit Verbindungen zur italienischen Mafia irgendetwas geändert hätte, aber spätestens mit diesem Eingeständnis hatte ich mich als Freiwild zu erkennen gegeben. Und, werdet ihr wissen wollen, war es ein Urlaub voller exotischer Abenteuer? Tausendundeine Nacht in einer einzigen Woche? Ereignisreiche Nächte und schläfrige Tage im Sand? Nein.
Der Parfumverkäufer entwickelte einen Eifersuchtsanfall, nachdem ich seinem Laden einen ganzen Tag lang fern geblieben war. Der Strandtuchverkäufer verbrachte nicht viel Zeit mit Höflichkeitsfloskeln und fragte, ob er mich mal eben küssen dürfte. Er fragte sicherheitshalber auch noch ein paar Mal nach. Die Jungs vom Tauchboot erklärten mir im Detail, wann sie abends allein auf dem Steg anzutreffen wären und waren am nächsten Tag ziemlich beleidigt.
Eine Erfolgsstrategie?
Damit wir uns richtig verstehen: Es muss nicht immer das Bad in Rosenblüten sein oder die Wohnung voller Teelichter. Aber völlige Missachtung weiblicher Abwehrstrategien wird euch nicht unbedingt auf schnellstem Weg ans Ziel bringen. Und ein Verhalten, das mich bisher noch bei jedem Mann in die Flucht geschlagen hat, schon gar nicht: Besitzansprüche beim ersten Date. Denn eifersüchtige Minutenbekanntschaften sind so ungefähr das Letzte.
Ich würde gerne so schließen: klare Kante, eindeutige Aussage. Aber etwas gibt mir zu denken: die Routine im Geschäft. Diese Sex-Maximierer würden doch nicht mit solcher Beharrlichkeit eine Strategie verfolgen, die sich nicht auszahlt auf lange Sicht. Nur der Geschickteste kriegt die Touristinnen. Wenn soviel Inanspruchnahme so konsequent auf allen Ebenen durchgezogen wird wie bei meinen Hotelbekanntschaften, dann ist sie vielleicht doch ein Erfolgsrezept? Und bei den meisten anderen Frauen funktioniert die Strategie ganz gut? Sie wird schließlich jährlich in ungezählten Fällen erprobt.
Ich werde das Thema im Auge behalten. Aber vorerst in kühleren Gefilden.