Essen. Eigentlich bin ich überqualifiziert für diese Kolumne. Diese Kolumne? Ja, richtig, das ist sie. Die erste, brandneu, frisch gebügelt, riecht noch ganz unbenutzt, gerade erst ausgepackt. Eine Kolumne mit einem Thema: Beziehungen.
Eine Beziehungskolumne? Nix neues, ich weiß. Sex and the City, High Heels, spektakuläre Orgasmen, böses Erwachen in fremden Betten. Das hier ist so etwas Ähnliches: Es geht um Menschen und wie sie sich umeinander bewegen, manchmal zueinander, öfter auseinander. Die Manolos gibt das Budget leider nicht her und auch die nette Wohnung in New York bleibt vorerst Zukunftsmusik. Der Spielort ist der Pott und der Finanzrahmen studentisch. Bleibt diese Beziehungs-Sache.
Tipps vom Single
Und auf dem Gebiet, ich sagte es schon, bin ich überqualifiziert. Zu mir strömen sie, die Unglücklichen, Verheulten, vom Schicksal Gebeutelten. Die Freundin, die weiß, dass sie wohl besser vor einem halben Jahr Schluss gemacht hätte – was ich übrigens schon vor einem halben Jahr wusste. Der Kommilitone, der nicht begreift, warum es plötzlich aus ist. Die kleine Schwester mit schöner Regelmäßigkeit, wenn sich mal wieder herausgestellt hat, dass er Familie hat.
Ich, reich an einem Vierteljahrhundert Lebenserfahrung und den Telefonhörer beim ersten Klingeln zur Hand, halte her, wenn es kriselt. Gesegnet mit einem harmonischen Familienleben, einer innigen Beziehung zu eben jener Schwester, einem Kreis von herzlichen Freunden und entfernten Bekanntschaften, bin ich die perfekte Ratgeberin – so denken sie. Ich bin organisiert, meine Heimlichkeiten bewegen sich im akzeptablen Rahmen, ich bin mit mir und der Welt im Reinen – in guten Momenten. Ich führe keine unglückliche Beziehung. Allerdings auch keine glückliche. Gar keine, derzeit.
Zum Kennenlernen
Meine Ratschläge profitieren daher von kühler Distanziertheit. Ich habe mich nicht festgefahren im Sumpf der Zweierbeziehung, im Morast des Vor-Ehestandes. Freizeit ist wirklich freie Zeit, ich muss keine Filme schauen, die ich nicht sehen will, Fußball schon gar nicht, und das Bett wird auch mit Wärmflaschen warm. Die schnarchen wenigstens nicht. Selbst der Mann mit dem tollen Lächeln und den Zauselhaaren, der neulich gegenüber eingezogen ist, interessiert mich kein Stück. Ist bestimmt ein BWL-Student! Nein, es ist alles so wie es sein soll. Und wer sich ändert, bleibt sich treu.
Und da wir uns ja gerade erst kennen lernen, mache ich jetzt mal ein Angebot: Über welches Thema wir uns nächstes Mal unterhalten, könnt ihr euch aussuchen.
- WG-Anarchie
- Aufdringliche Urlaubsbekanntschaften
- Sex-Blättchen für Frauen im Selbstversuch
Aber nicht, dass ihr glaubt, das bleibt so. Im Prinzip entscheide ich lieber selber. Aber das stellt ihr bestimmt auch bald fest.