Berlin. Thüringens Dieter Althaus schlägt als erster ostdeutscher Ministerpräsident vor, den Solidaritätszuschlag auf den Prüfstand zu stellten. Verkehrsminister Tiefensee forderte die Bundeskanzlerin auf, Althaus "sofort zurückzupfeifen". Duisburg und Gelsenkirchen begrüßen hingegen die Debatte.
Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) kann sich für den Fall eines schwarz-gelben Wahlsiegs bei der Bundestagswahl die Abschaffung des Solidaritätszuschlags vorstellen. "Wenn man die Steuerpolitik generell weiterentwickelt, kann auch die Beibehaltung des Soli auf den Prüfstand", sagte Althaus dem "Handelsblatt". Zuvor stünden jedoch Änderungen des Einkommensteuerrechts auf der Tagesordnung. "Wir wollen den Eingangssteuersatz senken, den Spitzensteuersatz verschieben und die Falle der kalten Progression im mittleren Bereich beseitigen", sagte Althaus.
Sauerland: "Schritt in die richtige Richtung"
Die jetzt wieder aufflammende Debatte um den „Soli“ nutzen im Ruhrgebiet einige Bürgermeister, um den Solidarpakt gleich mit in Frage zu stellen. Die auch als Aufbau Ost bekannte Einigung zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern gilt noch bis zum Jahr 2018 - und hat nichts mit dem Solidaritätszuschlag gemein. Trotzdem begrüßte Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland im Gespräch mit DerWesten Althaus’ Vorschlag als „Schritt in die richtige Richtung“. Seine Stadt habe seit dem Jahr 1993 über 500 Millionen gen Osten überwiesen, Geld, dass das hoch verschuldete Duisburg selbst dringend benötige und laut Sauerland „über Kredite“ aufbringen musste. Entsprechend heißt aus Duisburg, aber auch aus Gelsenkirchen: Es könne nicht sein, dass „Bedürftige für Bedürftige zahlen.“ Gelsenkirche zahlt jährlich an die 6,8 Millionen Euro in den Solidarpakt ein.
Neue Wachstumsdynamik
Unterdessen glaubt Althaus, dass die von ihm vorgeschlagegen Maßnahmen zu einer neuen Wachstumsdynamik führten. "Andere Länder in Europa haben vorgemacht, wie mit kluger Steuerpolitik mehr Wachstum geschaffen werden kann", sagte Althaus. In einer Koalition mit der FDP müsse seine Partei "an wichtigen Punkten mit deutlich mehr Nachdruck voranschreiten. Das ist in der Steuerpolitik so, beim Arbeitsmarkt und bei der Reform der Sozialversicherungssysteme", sagte der thüringische Ministerpräsident weiter.
Der Wirtschaftsflügel der Union hatte in der Vergangenheit wiederholt die Abschaffung des Solidarzuschlags gefordert, war dabei jedoch auf den Widerstand der Unions-Ministerpräsidenten in den neuen Bundesländern gestoßen. Gelder aus dem sogenannten Soli sind nicht zweckgebunden und werden heute nicht mehr speziell für den Aufbau Ost eingesetzt.
Merkel soll Machtwort sprechen
Inzwischen hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) die Bundeskanzlerin zur Klarstellung über den Erhalt des Solidaritätszuschlages aufgerufen und forderte von Angela Merkel (CDU) ein Machtwort. Merkel müsse Thüringens Ministerpräsidenten "sofort zurückpfeifen", verlangte der Ost-Beauftragte der Bundesregierung.
Laut Tiefensee sei zu vermuten, dass Althaus vor der Wahl sage, was Merkel nach der Wahl umsetzen wolle. Wer den Zuschlag als allgemeine Steuer abschaffen wolle, der schmälere die Einnahmen des Bundes und torpediere damit auch den Aufbau Ost. "Was Herr Althaus da fordert, ist ein Skandal", kritisierte Tiefensee. Mit ihm sei dies nicht zu machen.
Der Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte zum Vorstoß von Althaus, im "absurden Steuersenkungswettlauf" setze der Ministerpräsident zum Überholmanöver an. Althaus habe offenbar nicht mitbekommen, dass der Bund gerade mit Milliarden versuche, das Bankensystem zu stabilisieren und die Wirtschaftskrise einzudämmen. Kuhn forderte, die Einnahmen aus dem Soli dürften nicht weiter in den Haushaltslöchern von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) verschwinden. Stattdessen müssen diese Mittel zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen, insbesondere Bildung eingesetzt werden. (mit Material von ddp)