Essen. Die NRW-Städte zahlten in den vergangenen Jahren mehrere Milliarden Euro an die Städte in Ostdeutschland. Einige können ihren Beitrag nur über Kreditaufnahmen leisten. Thüringens Ministerpräsident Althaus entfachte jetzt eine neue Debatte um den Solidaritäts-Zuschlag.
Die teilweise hoch verschuldeten Kommunen in Nordrhein-Westfalen werden bis 2019 weitere rund fünf Milliarden Euro in die Kassen ostdeutscher Rathäuser überweisen müssen. Die Schätzung bestätigte der Städte- und Gemeindebund NRW. Gerade die Städte im Ruhrgebiet und im Bergischen Land sind davon massiv betroffen. Seit der Einheit haben sie schon mit 2,7 Milliarden Euro zum Aufbau Ost beigetragen.
Auf dem Prüfstand
Auf großes Interesse an Rhein und Ruhr stieß deshalb am Freitag die Ankündigung des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU), der erstmals den Solidaritätszuschlag infrage stellte. Der „Soli“ ist ein weiterer Teil des Aufbau Ost-Programms, das als „Solidarpakt II“ noch bis 2019 läuft. „Wenn man die Steuerpolitik generell weiterentwickelt, kann auch die Beibehaltung des Soli auf den Prüfstand“, hatte Althaus dem Handelsblatt gesagt. Allerdings nahm der Ministerpräsident die Äußerung am Abend nach massivem Druck vor allem aus der SPD zurück. Der sozialdemokratische Oppositionsführer in Erfurt, Christoph Matschie, hatte von „Aufbau-Sabotage“ gesprochen, Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier von „populistischem Gerede“.
Die erstmalige Andeutung, der Solidaritäts-Zuschlag werde nicht mehr gebraucht, lässt das Ruhrgebiet aufhorchen. Denn die Zahlungen der westdeutschen Länder und Städte an ostdeutsche Kommunen belastet die Etats der Revierstädte schwer. „Die Höhe dieser Belastung ist unangemessen”, sagte der Finanzbeigeordnete des nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebundes, Claus Hamacher, der WAZ.
Umdenken gefordert
Die Rathäuser im Ruhrgebiet müssen das Geld meist bei der Bank leihen. Der Sprecher der hochverschuldeten Stadt Oberhausen, Rainer Suhr, sieht denn auch dringenden Handlungsbedarf: „Von den 230 Millionen Euro, die Oberhausen für den Aufbau Ost bisher gab, ist jeder Cent über Kredit finanziert. Wir bezahlen so Projekte im Osten, die uns die Kommunalaufsicht hier angesichts unserer Verschuldung nie genehmigen würde.” Die Lage in der Stadt Gelsenkirchen ist ganz ähnlich. Alleine zwischen 1991 und 2005 überwies die gebeutelte Revier-Kommune knapp 180 Millionen Euro nach Osten. Ein Umdenken sei dringend, so ein Stadtsprecher.