Potsdam. Zehn Frauen, neun Männer: Der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat am Donnerstag in Potsdam ein Team als Schattenkabinett vorgestellt, bei dem die Frauen in der Überzahl sind. Und ein Multimillionär tritt für Mittelstandspolitik ein.
Vor einem Jahr an einem anderen brandenburgischen Gewässer präsentierte Frank-Walter Steinmeier sich selbst als Kanzlerkandidat, weil kein Vorsitzender mehr da war, der ihn hätte präsentieren können. Am Schwielowsee war Kurt Beck zurückgetreten, was einen der zahlreichen Aufbrüche der SPD erforderte. Danach sollte alles besser werden.
"Ein Aufbruch zu Besserem"
Am Templiner See stellt der Kandidat sein "Team Steinmeier" vor, was auch ein Aufbruch sein soll. "Ein Aufbruch zu Besserem", wie Steinmeier sagt. Diesmal ist der SPD nur Ulla Schmidt abhanden gekommen, die dem Team nicht angehört, solange Einzelheiten ihrer Urlaubsfahrt mit dem Dienstwagen nicht geklärt sind. Aber für die Partei ist das trotzdem schlimm, weil die Angelegenheit den Start in den Wahlkampf verhagelt. Außerdem fehlt eine Frau auf dem Gruppenbild.
Es sind immer noch viele Frauen, die sich neben dem Kandidaten für das Foto aufreihen. Zehn. Wäre die Gesundheitsministerin da, wären es sogar elf. Und nur neun Männer. Warum das so ist, erklärt Steinmeier später während der Pressekonferenz. Er wolle als Kanzler in den nächsten Jahren bei der Gleichstellung einen großen Schritt vorankommen. Deshalb habe er gleich viele Männer und Frauen in seinem Team. Tatsächlich ist er seinen Sätzen um mindestens eine Frau voraus.
Neuer Schwerpunkt: Bildung und Integration
Die größten Hoffnungen der SPD lasten auf Manuela Schwesig, der Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern. Die 35-Jährige soll die Wahrnehmungslücke schließen, die Ursula von der Leyen in die SPD gerissen hat, indem sie als Christdemokratin eine modernere Familienpolitik durchsetzte.
Auf ihrem klassischen Betätigungsfeld Gesellschaftspolitik ist die SPD in Ermangelung der zugehörigen Ministerien in der Großen Koalition kaum aufgefallen. Die Zusammenstellung des Teams soll alte Fehler korrigieren. Parteivize Andrea Nahles verkörpert einen neuen Schwerpunkt, Bildung und Integration, weil beides eng zusammenhänge, wie Steinmeier erklärt. Eng werde Nahles auch mit der Behindertenbeauftragten Karin Evers-Meyer zusammenarbeiten und mit Dagmar Freitag, der Frau für Sportpolitik
Das Team bildet nur teilweise die Kabinettsriege der anzugreifenden Union ab. Es soll vor allem deutlich machen, wofür die SPD sich wieder zuständig fühlen will. Neben Wirtschaft und Finanzen für alle gesellschaftlichen Bereiche, und deutlich für den weiblichen gesellschaftlichen Bereich, der geneigt sein könnte, die Partei von Kanzlerin Angela Merkel zu wählen. Deshalb hebt Steinmeier auch hervor, dass die Verteidigungsexpertin Ulrike Merten sich um Verteidigung kümmern werde, weil gerade dieses Ministerium traditionell mit Männern besetzt worden sei.
Ein Bankier für Mittelstandspolitik
Ungewöhnlich wirkt auch die Berufung von Harald Christ, der mit 37 Jahren erstens zur Senkung des Altersschnitts beiträgt und zweitens als Multimillionär und Bankier für Mittelstandspolitik eintreten soll.
Relativ offensiv kommentiert Steinmeier, dass die Gesundheitspolitik vorläufig unbesetzt bleibe. Er würdigt umfangreich die Verdienste von Ulla Schmidt. Sie habe angeboten, ihre Aufgabe im Team ruhen zu lassen, bis der Bundesrechnungshof die Unterlagen geprüft hat.
Relativ normal eröffnet Franz Müntefering den Wahlkampf: Mit kurzen Sätzen. "Nu geht's los. Heute."