Potsdam. Zehn Frauen hat SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in sein Wahlkampfteam geholt. Mit der Zusammenstellung will er ein Zeichen bei der Gleichstellung von Mann und Frau setzen. Nur die Dienstwagen-Affäre von Ulla Schmidt störte bei der Präsentation die Idylle am Templiner See.

Eingerahmt von zehn Frauen und acht Männern schlenderte Frank-Walter Steinmeier um zwölf Uhr durch das Eichenwäldchen am Templiner See in Potsdam. Ein lauer Sommerwind rauschte durch die Blätter, ein paar Boote schipperten auf dem Wasser - Idylle pur. Wenn schon der erste Teil der Woche für die SPD gründlich daneben ging, sollte wenigstens an diesem Donnerstag alles perfekt sein. Der Kanzlerkandidat präsentierte eine stattliche Riege von Helferinnen und Helfern - sie sollen gemeinsam mit ihm in den verbleibenden acht Wochen bis zur Wahl das Ruder für die SPD herumreißen.

Manuela Schweig soll die neue Hoffnungsträgerin werden

Die neue Hoffnungsträgerin, die 35-jährige Manuela Schwesig, ging gleich neben Steinmeier und nahm auch beim Gruppenfoto den Platz an seiner Seite ein. Schließlich soll die Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern der populären CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen die Stirn bieten. Mit viel Frauenpower kam der Tross daher, hinter dem Kandidaten folgten SPD-Vize Andrea Nahles, zuständig für Bildungs- und Integrationspolitik, sowie die Bundestagsabgeordneten Carola Reimann und Ulrike Merten, die im Team die Themen Bildung und Verteidigung abdecken.

"Ich will als Kanzler bei der Gleichstellung einen deutlichen Schritt vorankommen», begründete Steinmeier die weibliche Übermacht in seinem Team. Daher müsse er schon im Wahlkampf glaubwürdig damit beginnen. Wäre alles nach Plan gelaufen, wäre die Frauenriege sogar noch größer ausgefallen. Doch der elfte Platz blieb leer - Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die der SPD mit ihrer Dienstwagen-Fahrt nach Spanien die erste Wochenhälfte verhagelte, fehlte auf dem Gruppenfoto. Das Thema Gesundheit wird im Steinmeier-Team vorerst nicht besetzt - erst soll der Bundesrechnungshof den Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern aufklären.

Bewertung der Rechnungsprüfer abwarten

Als Steinmeier dann am Nachmittag gemeinsam mit SPD-Chef Franz Müntefering am Seeufer Rede und Antwort stand, sprach er das leidige Thema gleich von sich aus an. Er vertraue darauf, dass keine Vorwürfe offen blieben, sagte er. Und bat darum, jetzt erst einmal die Bewertung der Rechnungsprüfer abzuwarten.

Am Dienstag, während Kanzlerin Angela Merkel in Südtirol ihre zweite Urlaubswoche verbringt, startet Steinmeier bereits in seine Wahlkampftour durch Deutschland. Die viel beschworene Aufholjagd, die Altkanzler Gerhard Schröder 2005 hingelegt hatte, will er - da sich die eigene Zugkraft nicht recht entfalten mag - nun mit seinem SPD-Team schaffen.

Die Umfragewerte von SPD und Union klaffen nicht unüberbrückbar auseinander, doch im direkten Vergleich mit Merkel ist Steinmeier meilenweit abgeschlagen: 37 Prozentpunkte trennten die beiden Kontrahenten zuletzt. Schröder dagegen lag acht Wochen vor der Wahl 2005 vier Punkte vor Merkel und konnte seinen Vorsprung im August weiter ausbauen.

Ungenutztes Wählerpotenzial der Sozialdemokraten

Ungeachtet dessen beschwor Steinmeier einmal mehr das ungenutzte Wählerpotenzial der SPD, während CDU/CSU das ihre bereits ausgeschöpft hätten. «Wir spielen nicht auf Platz, wir spielen auf Sieg», wiederholte der SPD-Vize den Satz, den er schon einmal als Kanzlerkandidat an einem Brandenburger See gesagt hatte. Damals, am 7. September 2008, war es der Schwielowsee, der als Chaostag in die SPD-Geschichte einging: der Tag, an dem Kurt Beck den SPD-Vorsitz hinschmiss, Steinmeier sich selbst zum Kandidaten ausrufen musste und Müntefering wieder ins Boot geholt wurde. Jetzt soll die zweitägige Klausur am Templiner See den lange erwarteten Aufbruch in bessere Zeiten für die SPD bringen.

Einer aus der SPD-Führung zumindest war ganz entspannt an diesem Donnerstag: Kurz bevor Steinmeier sein Team präsentierte, stieg Fraktionschef Peter Struck von seinem Motorrad und spazierte in Richtung See. «Ich gehöre nicht zum Team, ich wollte bloß mal sehen, was hier los ist», sagte der 66-Jährige, der nach dem Ende der Legislaturperiode aus der Politik ausscheidet.