Berlin. Der Kampf gegen die Kinderarmut und ein kostenloser Bildungsweg von Kita bis Uni: Manuela Schwesig verantwortet im SPD-Schattenkabinett die Familienpolitik und ist die Gegenspielerin von Bundesfamilienministerin von der Leyen. Im Interview sagt Schwesig, was sie anders machen will.

Die biologische Klippe des Juso-Alters hat sie mit 35 Jahren gerade übersprungen: Manuela Schwesig ist das neue Gesicht der SPD in der Frauen- und Familienpolitik. Im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe erläutert die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, was sie anders machen würde als ihre Gegenspielerin von der CDU, Ursula von der Leyen.

Frau Schwesig, wie vereinbaren Sie Familie und Beruf?

Schwesig: Ich mache mit meinem Mann jeden Tag den gleichen Spagat wie viele andere junge Eltern. Wir sind beide berufstätig. Mein Sohn geht in die Kita. Meistens bringe ich ihn morgens hin, und abends holt mein Mann ihn in der Regel ab.

Wo unterscheiden Sie sich von Frau von der Leyen?

Schwesig: Ich starre nicht ständig auf die Geburtenrate. Ich will, dass wir uns um die Kinder kümmern, die schon da sind. Ich will auch nicht nur für Heile-Welt-Familien Politik machen.

Was heißt das?

Schwesig: Unser Ziel ist der kostenlose Bildungsweg - von der Kita über die Schule bis zum Studium. Das Elterngeld ist wichtig, aber es reicht nur für das erste Jahr. Ein wichtiges Anliegen ist auch der Kampf gegen die Kinderarmut. Zwei Millionen Kinder in Deutschland wachsen in Armut auf. Viele von Ihnen haben deswegen keine Chance auf gesunde Ernährung, Probleme in der Schule und werden Gesellschaftlich ausgegrenzt. Auch die Alleinerziehende müssen wir besser unterstützen, damit sie Beruf und Kind besser vereinbaren können.

Problem erkannt, aber was wollen Sie gegen Kinderarmut machen, etwa die Bedarfssätze anheben?

Schwesig: Wir wollen für Kinder von Hartz-IV-Familien eigenständige bedarfsgerechte Kinderregelsätze. Das würde eine SPD-geführte Regierung angehen. Für die sechs- bis 13jährigen Kinder haben wir die Sätze schon in der großen Koalition erhöht, gegen den massiven Widerstand der Union und Frau von der Leyen. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass Hartz-Familien erstmals ein Schulstarterpaket bekommen. Das sind 100 Euro pro Kind zum Schuljahresbeginn.

Nehmen wir mal einen drastischen Fall aus Bayern, wo die Eltern ein Kind verhungern ließen. Wie würden Sie den Kinderschutz verbessern?

Schwesig: Mit der SPD wird es ein Kinderschutzgesetz geben, das den Namen auch verdient hat. Wir dürfen nicht erst aktiv werden, wenn das Kind schon aus der Familie geholt wird. Das ist schon der Alarmfall. Wir müssen vorher ansetzen. Der Kinderschutz muss verbessert werden. Ich will, dass es bundesweit einheitliche Standards in allen Jugendämtern und in der Umsetzung der Gesetze gibt. Auch Gesundheitsvorsorge muss Teil des Kinderschutzes werden. Dafür will ich, dass wir zbspl. Familienhebammen einsetzen können. Außerdem wollen wir Kitas zu Eltern-Kind-Zentren ausbauen. So können wir früher Eltern erreichen, die Hilfe brauchen.

Ein Dauerthema in der Frauen- und Familienpolitik ist die Chancengleichheit. Noch immer verdienen Frauen weniger als Männer. Wie würden Sie dagegen vorgehen?

Schwesig: Wir brauchen verbindlich gesetzliche Regelungen. Frauen können zwar auch schon bisher klagen, wenn sie für die gleiche Arbeit nicht den gleichen Lohn bekommen. Aber sie erfahren es oft nicht. Da läuft das Klagerecht ins Leere Deshalb wolle die SPD und ich eine Stelle einrichten, die bei Unternehmen Löhne überprüfen kann. Die Betriebsräte sollen mit dieser Stelle eng zusammenarbeiten können.