Essen. . Das sitzt ganz tief und geht gar nicht mehr weg: So viel Husten war nie, glauben inzwischen viele Bürger. In Büros, in der Bahn, auf der Straße keuchen und krächzen immer mehr NRW-Bürger. Dieser Husten scheint ein besonderer zu sein, so das allgemeine Empfinden. Doch Experten finden keine harten Belege dafür.
Zwischen Wissenschaft und dem allgemeinen Empfinden liegen diesmal Welten. Ein hartnäckiger Husten scheint Deutschland heimzusuchen. Fast jeder kennt einen Kollegen oder Freund, der in diesen Tagen vor sich hin hüstelt; viele haben die Krankheit am eigenen Leib erfahren. Wo kommt dieser Husten her, der sich über Wochen hält und allen Hausmittelchen trotzt?
Die Zahl der Viren, die als Auslöser in Frage kommen, ist groß. 300 „Verdächtige“ gibt es . Sie bescheren und die ganze Palette typischer Erkältungsbeschwerden: Schnupfen, Halsschmerzen und eben - Husten. Doch während die Tropfnase wieder heilt, hält sich der Husten: zwei, drei, in Extremfällen sogar acht Wochen.
„Ja, es gibt dieses Phänomen, und es nimmt offenbar große Ausmaße an. Das können viele in ihrem Umfeld beobachten“, weiß Dr. Frank Werner vom Landeszentrum gesundheit NRW. Nur: statistisch beweisen lässt sich das leider nicht. „In vielen Fällen dürften dafür keine Grippeviren verantwortlich sein, aber nur die werden systematisch erfasst und an das Robert-Koch-Institut weitergeleitet“, so Werner. Das RKI, das im Auftrag des Bundes Gefahren für die Gesundheit der Bürger erkennen soll, stellt jedenfalls in diesem März keine besonders bedrohliche Lage fest. „Es gibt bei der Influenza, also bei der Grippe, keine auffällige Entwicklung. Wir haben zwar derzeit einen moderaten Anstieg bei der Influenza, aber das ist im Vergleich zum vergangenen Winter noch wenig“, versichert RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher.
Besonders aggressive Keime
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sieht ebenfalls keinen Grund, Alarm zu schlagen. „Wir erhalten keine Besorgnis erregenden Rückmeldungen von Ärzten über Atemwegserkrankungen“, sagt KVWL-Sprecher Christopher Schneider. „In dieser Übergangsjahreszeit, in der die Temperaturen sehr schwanken, sind Erkältungen ja nichts Ungewöhnliches. Aus meiner subjektiven Wahrnehmung heraus möchte ich aber doch sagen: Es gibt diesen besonders hartnäckigen Husten.“
Kurt Rasche, Direktor des Bergischen Lungenzentrums in Wuppertal, spricht vion einer „gefühlten Zunahme“ der Atemwegserkrankungen. „Ich habe das Gefühl, dass es viele Fälle gibt. In unserer Klinik liegen auch viele Patienten mit Husten und Lungenentzündungen, nur kann ich nicht belegen, dass es überall eine Zunahme gibt.“ Der Professor vermutet aber, dass spezielle Krankheitserreger hinter dem großen Husten stecken: „Die Dauer des Hustens hängt in der Regel von der Aggressivität der Keime ab. Es könnte sein, dass manche Keime in diesem Jahr aggressiver sind als früher.“
Immer den Arzt fragen
In jedem Fall sollten Betroffene diese Krankheit ernst nehmen. „Jeder Infekt führt zu Husten. Wenn dieser lange anhält, kann das auch zu Asthma führen. Wenn der Husten länger als zwei Wochen andauert, sind solche Reaktionen möglich. Dann sollte man auch einen Arzt fragen, ob es nicht sinnvoll ist, ein Asthma-Spray verschreiben zu lassen“, sagt Rasche. Antibiotika sollten „nicht zu großzügig“ gegeben werden und auch nur dann, wenn ein bakterieller Infekt festgestellt wurde.
Ansonsten gilt: Hustendämpfer und Schleimlöser helfen, Hausmittel wie Milch und Honig oder Inhalieren sind immer gut, und der Patient sollte Stress vermeiden.
Auch junge Leute betroffen
„Es gibt den üblichen, Jahreszeitlich bedingten Anstieg bei den Infekten. Wir sehen aber tatsächlich auch darüber hinaus viele Infekte, sogar bei jungen Leuten, die zu schweren Atemwegserkrankungen bis hin zur Lungenentzündung führen“, erklärt Dr. Thomas Frenzel vom Ambulanten Lungenzentrum Essen. Es seien in diesen Fälle auch Bakterien endtdeckt worden, die nicht mit den üblichen übereinstimmten. „Das betrifft aber Einzelfälle und nicht die Masse der Huster“, unterstreicht Frenzel.
„Wenn jemand ohnehin schon empfindliche Bronchien hat, dann können auch banale Infekte den Husten stark verschlimmern“, so der Essener Mediziner. Für junge und gesunde Patienten gilt: Wenn der Husten auch nach drei Wochen noch nicht vorbei ist, dann sollte eine umfangreiche Diagnostik stattfinden.
Bakterielle Infekte gehen einher mit starken Krankheitssymptomen wie Fieber, Husten, eitrigem Auswurf. „Dagegen können Antibiotika helfen“, stellt Frenzel klar. Der grippale Infekt dagegen, hervorgerufen durch Viren, führt in der Regel nicht zu Fieber und eitrigem Auswurf. „Er verläuft aber meist auch nicht so schwer wie der bakterielle Infekt“.