Berlin. .
Soll der Steuerzahler für die finanziellen Schäden der Fluggesellschaften durch das Flugverbot mitzahlen? Die Airlines sprechen von riesigen Verlusten und schließen einen Antrag auf Staatshilfe nicht aus. Die EU und der Bund haben Entgegenkommen signalisiert. Dagegen regt sich Widerstand.
Die Flug- und Reisebranche will angesichts der finanziellen Schäden durch die Vulkanasche-Wolke die Bundesregierung womöglich um Staatshilfe bitten. Der Chef der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin, Joachim Hunold, sagte am Dienstag, sein Unternehmen erleide durch die Flugverbote „riesige Verluste“ und schloss einen Hilfsantrag nicht aus. In Politik und Wirtschaft stießen mögliche Unterstützungen großteils auf Kritik.
Wenn bei Air Berlin in den kommenden Wochen wieder Normalbetrieb eingekehrt sei, werde das Unternehmen ein Fazit der Vulkan-Krise ziehen und prüfen, ob „wir hier nicht eine vergleichbare Situation haben mit den Terroranschlägen vom September 2001“, sagte Konzernchef Hunold im Deutschlandfunk. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York zahlte die Bundesregierung Entschädigungen in Höhe von 71 Millionen Euro für das mehrtägige Flugverbot über dem US-Luftraum. Die Hilfen kamen damals fast ausschließlich der Lufthansa zugute. Die meisten EU-Länder hatten ihren Luftraum in den vergangenen Tagen geschlossen, weil nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjöll riesige Aschewolken über Europa hinwegziehen.
Noch kein offizieller Antrag
Der Tageszeitung „Die Welt“ zufolge hatten Airlines und Reisekonzerne am Montag bei der Bundesregierung während eines Krisentreffens mit Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) finanzielle Hilfen angesichts der Flugverbote in Europa angefragt. Ein offizieller Antrag wurde demnach allerdings noch nicht gestellt. Brüderle schloss am Dienstag Staatshilfen für die Branche nicht vollkommen aus, stellte sie aber unter den Vorbehalt von Absprachen innerhalb der EU. Der Minister erklärte aber auch, bei dem Treffen am Montag hätten die Unternehmen „keine Staatshilfen erbeten und ich habe solche auch nicht in Aussicht gestellt“.
Die EU-Kommission will kommende Woche einen ersten Bericht über die wirtschaftlichen Folgen der Vulkan-Krise vorlegen. Verkehrskommissar Siim Kallas kündigte am Dienstag vor dem Europaparlament auch an, gemeinsam mit den Kommissaren für Währung und Wettbewerb, Olli Rehn und Joaquín Almunia, eine Krisenstab einzurichten, der Hilfen für Fluggesellschaften und Reiseunternehmen prüfen soll. Nach Schätzung des internationalen Luftfahrtverbands IATA verlieren die Airlines wegen der Aschewolke täglich 150 Millionen Euro.
Politiker mehrerer Parteien lehnen Hilfe ab
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Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) lehnte Hilfen für die Branche ab. Er find es „dramatisch, dass jeder, der irgendein Problem hat, sofort zum Staat gerannt kommt“, sagte Fuchs dem „Handelsblatt“. Der nordrhein-westfälische FDP-Chef, Andreas Pinkwart, sagte der Zeitung: „Wir können nicht zulassen, dass reflexartig nach dem Staat und nach Staatshilfe gerufen wird.“ Auch der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses, Winfried Hermann (Grüne), sprach sich gegen Hilfen aus.
Der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, meinte: „Warum der Steuerzahler die Verluste der Fluggesellschaften auffangen sollte, ist völlig unklar, Staatshilfen sind daher abzulehnen“, sagte Haucap am Dienstag dem Internetportal „Handelsblatt Online“.
„Selbst wenn eine Fluggesellschaft Bankrott anmelden sollte, so wird nicht dauerhaft der Luftverkehr in Europa zusammenbrechen“, fügte der Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf hinzu. Denn dann würden die Passagiere und die Fracht mit anderen Gesellschaften befördert und neue Teilnehmer in den Markt eintreten oder andere Gesellschaften ihr Angebot ausweiten. „Es gibt keine Systemrelevanz“, betonte Haucap. Die Monopolkommission berät die Bundesregierung als unabhängiges Expertengremium in Wettbewerbs- und Kartellfragen. (afp/ddp)