Witten. Eine Familie aus Witten hat die Stadt im Streit um Kita-Gebühren verklagt – und gewonnen. Die wollte keine Ermäßigung für Halbgeschwister geben.
313 Euro monatlich sollte eine Familie aus Witten für die Kita-Betreuung ihrer zweijährigen Tochter bezahlen. Im Jahr rund 3700 Euro. Und das, obwohl das ältere Geschwisterkind bereits in derselben Kita betreut wurde. Normalerweise greift dann eine Geschwisterregelung. Das Jugendamt sah das in diesem Fall aber anders, weil es sich um Halbgeschwister handelt. Das hat die Familie nicht auf sich beruhen lassen und gegen die Stadt geklagt – erfolgreich.
Das Paar aus Witten lebt gemeinsam mit den beiden Kindern unter einem Dach. Die 2019 geborene Tochter ist das gemeinsame Kind der Eltern. Das ältere Geschwisterkind wurde von der Mutter mit in die Beziehung gebracht. Eine klassische Patchwork-Familie also. Doch bei der Berechnung der Elternbeiträge für das Kita-Jahr 2021/22 wurde das nicht berücksichtigt, sondern der Beitragssatz allein auf Basis des elterlichen Einkommens festgelegt. Zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht Münster nun entschied.
Urteil eindeutig: Häusliche Gemeinschaft mit Halbgeschwistern ist eine Familie
Das Urteil wurde jetzt öffentlich gemacht. Und es ist eindeutig: Die häusliche Gemeinschaft sei als eine Familie im verfassungsrechtlichen Sinne anzusehen. Wenn Halbgeschwister, die gemeinsam in einem Haushalt leben, zur gleichen Zeit in Kitas betreut werden, dann müssen Geschwisterregelungen auch für sie gelten. Damit kassiert Münster eine vorherige Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Arnsberg. Dieses hatte die Klage zurückgewiesen. Die Eltern hatten dagegen Berufung eingelegt und nun Recht bekommen.
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Werden aus einer Familie mehrere Kinder gleichzeitig in Tageseinrichtungen betreut, müssen die Eltern lediglich für einen Platz bezahlen. So steht es in der Elternbeitragssatzung der Stadt Witten. Im Fall der erfolgreichen Klage greift sogar noch ein anderer Mechanismus.
Grundlegender Gedanke: Familien mit Kindern entlasten
Denn das ältere Kind der Kläger-Familie besuchte im relevanten Zeitraum dieselbe Kita wie die Halbschwester und war als Vorschulkind nach Landesgesetz von den Gebühren befreit. Ist ein Kind einer Familie auf dieser Grundlage von Gebühren befreit, entfällt laut städtischer Satzung auch der Beitrag für das zweite und jedes weitere Kind. Sprich: Statt 313 Euro monatlich hätte das betroffene Paar in Wirklichkeit gar nichts zahlen müssen.
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Das Gericht in Münster betonte in seiner Begründung auch den grundlegenden Gedanken hinter den Geschwisterregelungen: eine Entlastung von Familien mit mehreren Kindern - und zwar ohne, dass nach Voll- oder Halbgeschwistern unterschieden werde. Es gehe hier um eine soziale Staffelung der Kostenbeiträge. Dabei sei nicht nur das Haushaltseinkommen zu berücksichtigen, sondern auch die Zahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindern, die in einer Tageseinrichtung betreut werden.
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Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist keine Revision möglich. Die Stadt kann aber noch Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen. Eine Stellungnahme der Stadt lag am Freitag (13.12.) trotz Anfrage noch nicht vor.
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