Witten. Wie spüren Rettungshunde vermisste Personen in ausweglosen Lagen auf? Und wie und wo lernen sie das? Etwa auf dem Weihnachtsmarkt in Witten.

  • Rettungshunde üben das Man-Tailing auf dem Wittener Weihnachtsmarkt.
  • Dabei folgen sie einer Spur aus Hautschuppen, die sie erschnüffeln müssen.
  • Auf dem Weihnachtsmarkt herrschen schwierige Bedingungen.
  • So haben sich Hündin Ella und Co. geschlagen.,

Emma steht neben dem ehemaligen Arbeitsamt - abseits des Wittener Weihnachtsmarktes - und wirkt aufgeregt. Sie dreht ein paar Kreise, reckt die Nase in den Wind und wackelt mit dem Schwanz. Die siebenjährige Golden Retriever-Dame ist ein Rettungshund und übt auf dem Weihnachtsmarkt das „Mantrailing“.

Darunter versteht man das Aufspüren von Personen in Not anhand einer Geruchsspur, Witterung genannt. Am Ende gibt es für die Tiere immer eine Belohnung, daher die Aufregung. „Sie sollen die Suche immer mit etwas Positivem verbinden“, erklärt Andrea Cyprian-Drescher, Vorsitzende der Rettungshundestaffel für Feuerwehren NRW. Dabei hat jeder Hund seine eigenen Vorlieben. Emma mag am liebsten Lachscreme aus der Tube, Airedale Terrier Gero stürzt sich auf Trockenfutter.

Rettungshunde üben den Ernstfall: „Team Emma startet die Suche“

Begleitet wird Emma von Hundeführerin Denise Gregorczyk (42) und dem „Flanker“ Markus Quest (41). Während Denise damit beschäftigt ist, „den Hund zu lesen“, seine Bewegungen zu interpretieren und auf seine Zeichen zu achten, sorgt der Flanker für Sicherheit, warnt vor Autos oder anderen Hunden.

Rettungshundestaffel auf dem Weihnachtsmarkt
Rettungshund Emma sucht eine versteckte Person auf dem Wittener Weihnachtsmarkt. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

„Team Emma startet die Suche“, nach einem knappen Funkspruch an die Abschnittsleitung geht es los. Emma schnuppert an einem Kleidungsstück, dass Ilona Schmidtmeier (63), die Person, die „vermisst“ wird, getragen hat. Dann zieht Emma an, die Leine spannt sich, Denises Arm wird länger und länger. Die Retriever-Dame schnüffelt sich die Häuserwand entlang, macht kurz an einem Treppenaufgang Halt. Ist da was? Nein, doch nicht - weiter geht‘s. Hinter Subway läuft Emma zielstrebig in eine dunkle Hofeinfahrt, macht aber nach kurzer Zeit kehrt. War sie auf der falschen Spur?

Wie man mit Seifenblasen einen Rettungshund ausbildet

Keineswegs. „Diese Spur ergibt sich aus zahlreichen Hautschuppen, die jeder Mensch hinterlässt“, erklärt Hundeführer Guido Drescher. Weil diese Schuppen winzig klein sind, bleiben sie meist nicht an der Stelle liegen, an der sich die versteckte Person tatsächlich aufgehalten hat. Sie werden sprichwörtlich vom Winde verweht. Das führt zu „Abbrüchen“ oder „Abrissen“.

Verliert ein Hund die Witterung, stellt er sich quer. Dann muss der Mensch eingreifen und die Umgebung interpretieren. So können beispielsweise Luftverwirbelungen an Kreisverkehren die Hautschuppen in alle Richtungen verstreuen. Aufgabe des Hundeführers ist es dann, anhand der Umgebung abzuschätzen, wo eine Spur weitergehen könnte und den Hund darauf anzusetzen.

Vorbei an duftenden Leckereien und lärmender Musik

Deshalb werden Zielpersonen beim „Auslegen“, also wenn sie den Weg von ihrem letzten bekannten Aufenthaltsort zum Zielort der Suche abgehen, von Seifenblasen umweht. Das ist kein Kinderspiel, sondern nötig, um den Wind abschätzen zu können. Vergleicht man das Verhalten der Seifenblasen später mit der Route des Hundes, wissen die Hundeführer, warum eine Spur abgerissen oder eine Suche gescheitert ist. In Emmas Fall müssen die Hautschuppen durch ein offenes Tor in Richtung Innenhof geweht sein.

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Die Suche geht quer über den Weihnachtsmarkt, mitten durch den Kassenbereich eines Kinderkarussells, vorbei an duftenden Leckereien und lärmender Musik. Emma lässt Bonners Glühweinpyramide links liegen, biegt hinter Nowags Hansajet rechts ab und gleich ist es geschafft. Ilona Schmidtmeier sitzt an der unteren Bushaltestelle am Celestian-Bau. Nach ein paar Schnüfflern hat Emma sie gefunden und genießt ihre Belohnung. „Die Person ist wohlauf und friert etwas. Wir haben ihr ein paar Decken gegeben“, meldet Marcus Quest an die Abschnittsleitung.

Regelmäßiges Training auch unter erschwerten Bedingungen

Damit die Hunde im Ernstfall eingesetzt werden können, muss regelmäßig trainiert werden, auch unter erschwerten Bedingungen. Der Weihnachtsmarkt bietet dafür den idealen Rahmen: Es ist laut, es sind viele Menschen und Gerüche unterwegs. Doch Emma hat das nichts ausgemacht. „Es ist beeindruckend, dass die Hunde diese Gerüche auseinanderhalten können, gerade hier auf dem Weihnachtsmarkt, mit Bratwurstgeruch und allem“, staunt Schmidtmeier.

Rettungshundestaffel auf dem Weihnachtsmarkt
Rettungshund Emma (7) hat die versteckte Person erschnüffelt und genießt ihre Belohnung: Lachscreme aus der Tube. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Die Rettungshundestaffel unterstützt Einsätze von Feuerwehr und Polizei ehrenamtlich und kostenlos. Sie gehört zur Bochumer Feuerwehr und wird aus Spenden finanziert.

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