Witten. In Witten entstehen hochmoderne Forschungsschiffe, die bald die Binnenschifffahrt revolutionieren sollen. Doch es hapert an der Ausbildung.

Im Salinger Feld in Witten steht ein riesiges Boot. Zumindest in Einzelteilen. Denn in der Werkstatt von Uwe Feller tüfteln der Bootsbauer und seine Angestellten an der Schifffahrt von morgen. Die setzt auf elektrischen Antrieb und soll sich bald autonom - ohne Zutun eines Menschen - bewegen.

Von außen betrachtet, ist die Halle im Salinger Feld recht unscheinbar. Ein weißer Klotz mit zwei Rolltoren. Nur drei kleine Boote, mit Planen abgedeckt, lassen erahnen, was in der Halle passiert. Wer hier eintritt, steht gleich mitten im Geschehen und zwischen zwei 15 Meter langen Bootsrümpfen.

Wittener Unternehmen revolutioniert die Binnenschifffahrt

Sie gehören zu Uwe Fellers neustem Projekt, einem 15 Meter langen und sieben Meter breiten Katamaran. Während ein „normales“ Boot mit einem Rumpf auskommt, bestehen Katamarane aus zwei Rümpfen, die zum Beispiel über ein Tragdeck miteinander verbunden werden. Fellers Katamaran soll später der Uni Duisburg-Essen als Forschungsschiff dienen. Statt einem einfachen Tragdeck wird zwischen den Rümpfen eine Kabine für die Forscher platziert. Später sollen 15 Menschen auf dem Boot Platz finden. Aber was wird eigentlich erforscht?

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Anhand von Fellers Booten entwickelt die Universität die Binnenschifffahrt der Zukunft. „Die Wissenschaftler untersuchen, wie sich die Fahrt automatisieren lässt und welches Antriebskonzept für welchen Streckenabschnitt ideal ist“, erklärt Feller. Angetrieben wird der Katamaran von kleinen, leistungsstarken Elektromotoren, die ihren Strom von tonnenschweren Akkus erhalten. Es gibt aber Alternativen: „Wir haben noch zusätzlichen Laderaum eingeplant. Dort können Brennstoffzellen untergebracht werden“.

Prototyp „Ella“ lernt im Duisburger Hafen

Feller hat schon mehrere Forschungsschiffe und Prototypen gebaut. „Ella“ ist ebenfalls 15 Meter lang und schippert seit mehr als einem Jahr durch Kanäle im Raum Duisburg. Dabei handelt es sich „nur“ um ein Modell im Maßstab 1:6. Ein beachtliches Boot, aber kein Vergleich zu den dicken Pötten, die den Rhein rauf und runter fahren.

Dieser Wittener revolutioniert die Binnenschifffahrt
Uwe Fellers Forschungs-Katamaran steckt voller Technologie. Das Boot soll in Zukunft autonom fahren können. © FUNKE Foto Services | Stephan Lucka

Der Katamaran wird hingegen in voller Größe gebaut - eine Herausforderung für Fellers Team und die kleine Werkstatt im Salinger Feld. Die massigen Bauteile sind kreuz und quer verteilt und stehen dort, wo eben Platz ist. „Es ist für mich auch das erste Mal, dass ich hier so etwas Großes selber baue“, sagt der Bootsbauer. Wären die Rümpfe nur ein paar Zentimeter länger, würden sie aus der Halle herausragen. Innen drin steckt eine Vielzahl an Sensoren, die während der Fahrt Daten erheben. Anhand derer soll sich das Boot später ohne den Eingriff eines Menschen im Binnengewässer bewegen können.

In der Schifffahrt fehlen Fachkräfte - Ausbildung im Bootsbau stockt

Einer der Gründe für die Notwendigkeit dieser Technologie sei der Fachkräftemangel, erklärt Feller. In den Niederlanden löse man das Problem derzeit per Fernsteuerung. Die Steuermänner müssen also nicht mehr kreuz und quer durchs Land schiffen: Sie fahren morgens ins Rechenzentrum und steuern von dort ihr Boot per Joystick. „In Deutschland ist sowas natürlich verboten“, sagt Feller.

Verbote und Vorschriften sind es auch, die dem Bootsbauer die Arbeit erschweren. Gerne wolle Feller mehr Fachkräfte ausbilden, doch sein Unternehmen sei dafür zu innovativ. „Es gibt keine Ausbildung, die das vermittelt, was gemacht werden muss“, sagt er. Beispielsweise sei ein ausgebildeter Bootsbauer nicht befugt, die 400-Volt-Batterien des Katamarans anzuschließen. Er wünscht sich weniger Spezialisierung und eine allgemeinere Ausbildung, die auf die Dynamik einer sich im Wandel befindenden Industrie vorbereitet.

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