Witten. Manuela bekommt Bürgergeld und arbeitet ehrenamtlich bei den Ruhrtalengeln in Witten. Ihre Geschichte ist eine übers Sparen - und Zuversicht.
An diesem Tag gibt es Spaghetti Bolognese und als Nachtisch frische Waffeln. Manuela (49) hat sich schon die Schürze umgebunden und schüttet Salz in den großen Topf mit Wasser, in dem gleich die Nudeln kochen. Die Wittenerin arbeitet ehrenamtlich in der Küche der Ruhrtalengel. Bis zu 25 Kinder werden dort regelmäßig mit einer Mahlzeit versorgt. Auch Manuelas inzwischen 17-jährige Tochter hat hier früher mitgegessen. Denn die kleine Familie muss mit wenig Geld über die Runden kommen.
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Vor elf Jahren hat Manuela zum ersten Mal die Unterstützung des Vereins in Anspruch genommen. Sie wohnt um die Ecke in Annen, ist alleinerziehend, bezog Hartz IV - heute Bürgergeld - und hatte keinen, der sich um ihre kleine Tochter kümmerte, wenn sie aus der Schule kam. Denn die zweifache Mutter, die noch einen inzwischen 26-jährigen Sohn hat, hat immer ein bisschen gearbeitet, Minijobs halt. „Ich wollte nicht nur vom Amt abhängig sein.“
Eigentlich hat sie mal Arzthelferin gelernt. Doch ihre eigene Krankheit sowie gesundheitliche Probleme ihrer Tochter machen es ihr beinahe unmöglich, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Manuela leidet seit ihrer Kindheit unter einem schwer einstellbaren Diabetes. Neulich hat sie sich im neuen Kaufland beworben - erfolglos. Doch einen kleinen Lichtblick gibt es und an den klammert sich die Frau voller Optimismus.
Wittenerin muss mit 621 Euro auskommen
Über die Caritas ist sie in eine Maßnahme gerutscht, die sie wieder auf den ersten Arbeitsmarkt bringen soll. Für ihre im Prinzip ehrenamtliche Tätigkeit bei den Ruhrtalengeln bekommt sie nun 1,48 Euro die Stunde. Manuela ist fünfmal pro Woche von 10 bis 14 Uhr vor Ort. Abgesehen von diesem Minijob muss sie mit 621 Euro im Monat auskommen, ohne Miete, die das Amt zahlt. „Aber Stadtwerke, Telefon und die Bustickets für mich und meine Tochter gehen auf meine Kosten.“ Sparen ist deshalb oberstes Gebot. Denn verschulden will sie sich nicht.
Manuela kauft nur Sonderangebote, war die letzten 20 Jahre nicht im Urlaub, ihre Tochter noch nie. „Ich spare an der Kleidung, kaufe nur günstiges Duschgel.“ Dennoch machen ihr - wie so vielen - die gestiegenen Preise zu schaffen. Trotzdem versucht sie, frisch zu kochen. „Möhren für 69 Cent und Kartoffeln für 2,99 Euro - das reicht zwei bis drei Tage für mich und meine Tochter.“
Kochen ist sowieso ihr Ding. „Das habe ich bei meiner Mama gelernt.“ So kam es, dass sie irgendwann bei den Ruhrtalengeln in der Küche stand. „Wir tun hier was Gutes“, sagt Manuela und freut sich, wenn die Teller leer sind und die Kinder sie in den Arm nehmen. „Zuhause habe ich eine ganze Kiste mit selbst gemalten Bildern.“ Ein buntes Dankeschön für Hamburger, Gemüsesuppe, Hähnchentopf oder frische Kartoffelecken.
Der Raum, in dem die Kinder essen, ist schon weihnachtlich geschmückt. Ein glitzernder Baum steht in der Ecke. Auch Manuela wird sich eine Tanne gönnen, für 16,99 Euro im Discounter. „Die sind gut.“ Schmücken wird sie ihn mit alten Kugeln ihrer verstorbenen Mutter. Heiligabend verbringt sie bei ihrer Schwester. „Da gibt es mal ein schönes Stück Fleisch oder Lachs.“ Am zweiten Tag, wenn beide Kinder bei ihren Vätern sind, hilft Manuela bei den Ruhrtalengeln, die wieder 300 Mahlzeiten für Bedürftige ausgeben.
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Nur Geschenke, die sind nicht groß drin bei ihrem Budget. Sie wird höchstens 50 Euro ausgeben. Deshalb freut sich die Annenerin besonders über die Aktion „Weihnachtswunsch“, die die Ruhrtalengel seit 15 Jahren organisieren. Firmen und Privatleute spenden Geld oder kaufen Geschenke, die Kinder auf einen Wunschzettel geschrieben haben. „Auch meine Tochter hat davon schon oft profitiert.“ Mal gab es Lego, mal einen riesigen Plüschteddy, inzwischen eher Schminke. „Es ist toll, wenn so eine Überraschung unterm Baum liegt“, sagt die Mama.
Ihr größter Wunsch, mal abgesehen von Gesundheit und dem neuen Kühlschrank, auf den sie spart: Dass nächstes Jahr alles besser wird, dass sie einen richtigen Job findet. „Ich wollte nicht so weitermachen bis zur Rente.“
Geschenke-Spender und Ehrenamtliche gesucht
Die Aktion „Weihnachtswünsche für Kinderträume“ der Ruhrtalengel läuft noch bis zum 16. Dezember. Firmen und Privatleute können Kindern einen konkreten Wunsch im Wert von 25 Euro erfüllen, aber auch einfach Geld für Geschenke spenden. Noch sind einige Wünsche offen.
Am zweiten Weihnachtstag (26. Dezember) teilen die Ruhrtalengel in der Annenstraße 83 von 13 bis 15 Uhr wieder kostenlos 300 „Essen für Bedürftige“ aus. Es gibt Gänsekeule, Rotkohl und Kartoffeln plus eine Geschenktüte.
Rund 15 Ehrenamtliche sind bei dem Verein tätig, es waren mal 30, sagt Peter Skotarzik, inzwischen zweiter Vorsitzender. Neue Mitstreiter werden dringend gesucht. Weitere Infos - auch zu der Weihnachtswunsch-Aktion, unter ruhrtalengel.de.
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