Witten. Im Wittener Projekt „Jung lehrt Alt“ zeigen Jugendliche älteren Menschen den Umgang mit technischen Geräten. Davon profitieren beide Seiten.
„Wir haben ihr gezeigt, wie ihr Handy funktioniert, wie sie Nachrichten schreibt, Fotos und Videos macht und Updates durchführt“, erzählt Emma (16). Sie hat zusammen mit Cheyenne (15) als „Schülerlehrerin“ einer Seniorin bei ihren technischen Problemen geholfen. Die Holzkamp-Gesamtschule in Witten schließt mit dem Projekt „Jung lehrt Alt“ (JuleA) eine Wissenslücke. Die Jugendlichen bringen älteren Menschen acht Wochen lang alles bei, was sie über den Umgang mit Smartphone, Tablet und Laptop wissen müssen. Ehrenamtlich, wohlgemerkt.
Jedem Teilnehmer steht mindestens ein eigener „Schülerlehrer“ zur Seite. Was und wie schnell gelehrt wird, entwickelt das Lernpaar gemeinsam. „Wir sind mit Technik aufgewachsen und haben von klein auf mitbekommen, wie ein Handy funktioniert. Ich setze mich jeden Tag damit auseinander“, sagt Emma. Sie habe aber Verständnis dafür, dass älteren Menschen das nicht immer so leichtfällt.
Projekt in Witten ist hilfreich für spätere Jobwahl
„Vorher hat die Frau ihr Handy kaum genutzt. Nun kennt sie die Grundlagen“, erzählt die 16-Jährige stolz. Für sie war das Projekt auch eine Chance, sich beruflich zu orientieren. „Ich fand gut, dass es was Soziales ist.“ Emma hat bereits Praktika im Kindergarten gemacht, möchte später auch in dem Bereich arbeiten. Ihre Freundin Cheyenne habe durch das Projekt gelernt, geduldiger zu sein. „Eigentlich bin ich schüchtern und tue mich schwer, Gespräche zu führen. Das wollte ich üben.“ Ihrem Berufswunsch, Kriminalpolizistin zu werden, sei sie damit ein Stück nähergekommen.
Denn bei dem Projekt der Holzkampschule geht es um mehr als nur Technik. „Wir haben viel geredet und uns kennengelernt.“ Für Cheyenne auch eine Chance, Vorurteile abzubauen. Schließlich höre sie häufig, dass die alte nicht mit der jungen Generation klarkomme. Doch: „Die Gespräche mit den Älteren waren spannend.“
„Die Gespräche mit den Älteren waren spannend. Sie haben uns von ihrer Kindheit erzählt, zum Beispiel, dass früher der Schnee viel höher lag.“
Das bestätigt auch Dana Vukman (32), die das Projekt seit fünf Jahren als Lehrerin begleitet. „Es bringt beide Generationen zusammen.“ Etwas, so betont die Lehrerin weiter, das nicht alle Jugendlichen kennen. „Nicht alle haben Großeltern, die hier leben.“ Zum Abschluss haben die Mädchen sogar das Seniorenheim besucht, in dem ihr „Handy-Lehrling“ wohnte.
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Miley (15) hat schon mit sechs Jahren davon geträumt, Rettungsassistentin oder Kinderärztin zu werden. Daher engagiert sie sich beim Roten Kreuz, hat ein Praktikum im Altenheim gemacht und beteiligt sich nun am Projekt der Holzkampschule. „Menschen zu helfen und Lösungen für ihre Probleme zu finden, ist für mich wichtig.“ Um etwas Gutes zu tun, opfere sie gerne ihre Pause.
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Viele der Schülerinnen bringen also schon viel Wissen mit. Lenie (14) etwa engagiert sich im IT-Kurs, wo sie mit Computern arbeitet und Animationsfilme erstellt. Mit Social Media kennen sich alle aus. Anna (14): „Ich habe das schon meiner Mutter und Oma gezeigt.“ Ein weiterer Pluspunkt für die jungen Menschen: „Die Teilnahme wird auf dem Zeugnis vermerkt und sie bekommen ein Ehrenamtszertifikat des Landes NRW“, sagt Lehrerin Dana Vukman. „Das ist hilfreich für spätere Bewerbungen.“
Der nächste Kurs beginnt am 20. Februar und findet donnerstags zwischen 13.10 und 13.55 Uhr statt. Wer Interesse hat, kann sich vom 8. bis zum 17. Januar im Sekretariat der Holzkamp-Gesamtschule unter 02302 956 11 12 anmelden. Treffpunkt ist der Computerraum der Schule in der Willy-Brand-Straße 2. Der Kurs ist kostenfrei.
Projekte an der Holzkamp Gesamtschule
Das Projekt existiert seit 2008 und wurde in Arnsberg ins Leben gerufen. 16 Schulen haben sich in dem Gebiet angemeldet, über 6000 Menschen haben bisher teilgenommen. In Witten haben in der Vergangenheit pro Durchlauf bis zu 22 Senioren und Seniorinnen teilgenommen. Häufig gebe es mehr Schüler, die sich dafür melden, als Senioren.
Ein weiteres Projekt „Jung begleitet Alt“ findet zusammen mit dem Altenzentrum am Schwesternpark in Witten-Mitte statt. Schüler im Alter von 14 bis 17 Jahren besuchen die Senioren vor Ort. Auch Emma und Cheyenne werden dort teilnehmen. Alle zwei Wochen kommen sie donnerstags vorbei, essen Kuchen, singen, knobeln und quatschen. „Das Seniorenheim bietet immer was anderes an.“
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