Witten. Eine Pflegehelferin aus Witten prellt Telefon-Wahrsager um Tausende Euro Beratungshonorar. Vor Gericht bettelt sie um eine letzte Chance.

Über Monate hinweg hat sich eine deprimierte Pflegehelferin (36) aus Witten bei kostenpflichtigen Telefon-Wahrsagern die Karten legen lassen - fast immer mit falschen Identitäten und unter dreister Angabe fremder Bankdaten. Am Bochumer Landgericht fleht die vorbestrafte Betrügerin nun um ihre letzte Chance. Doch Gericht und Staatsanwaltschaft haben „erhebliche Bauchschmerzen“.

Dass sie im zweiten Winter der Corona-Pandemie (2021) nahezu täglich telefonisch bei Bezahlanbietern esoterische Lebenshilfe in Anspruch genommen hat, gab die Wittenerin am Dienstag, 29. Oktober, vor der 16. Berufungskammer unumwunden zu. Auch, dass sie dabei dreist getrickst und zur Bezahlung des Beratungshonorars fremde Konten angegeben hat. Warum die im Internet inserierenden Kartenleger sie so magisch angezogen haben, erklärte die Wittener Witwe so: „Ich habe mich zu Hause eingesperrt gefühlt. Für mich war es wichtig, von jemandem das zu hören, was ich hören möchte. Mit diesen Anrufen war für mich der Tag gerettet.“

Wittenerin verursacht Schaden von mehr als 11.000 Euro

Wenn ihr ein Kartenleger gesagt habe, dass sie schon bald eine neue Liebe finde, habe sie das aufgebaut. „Wenn mir einer düstere Zeiten vorausgesagt hat, dann habe ich einfach aufgelegt und einen anderen angerufen“, sagte die 36-Jährige. Dadurch, dass sie fremde Bankdaten – unter anderem die ihrer Vermieterin - angegeben hatte, kam es bei zahlreichen Personen erst zu Ab- und dann zu Rückbuchungen. Laut Staatsanwaltschaft sitzen die spirituellen Wahrsager bis heute auf einem Schaden von insgesamt mehr als 11.000 Euro.

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Als im August gegen die vorbestrafte Betrügerin in erster Instanz zwei Jahre und vier Monate Gefängnis verhängt worden sind, war dabei auch enthalten, dass die 36-Jährige ihrem Ex-Arbeitgeber – dem Deutschen Roten Kreuz in Witten – kurz vor dem Job-Aus im April 2024 noch einen echten Schrecken eingejagt hatte. Die Pflegehelferin gab zu, damals nachts heimlich einen Dienstwagen vom DRK-Gelände in ein Versteck gefahren zu haben und tags darauf über einen Nummernschildtausch versucht zu haben, alles zu vertuschen. Neben Betrug und Fälschung beweiserheblicher Daten hatte das Urteil damals auch auf Diebstahl, Urkundenfälschung und Fahren ohne Fahrerlaubnis gelautet.

Angeklagte bittet um letzte Chance

In der Berufung kämpft die Wittenerin nun um Milde. „Bitte geben Sie mir eine letzte Chance, ich werde sie nicht enttäuschen“, flehte sie mehrfach. Das große Problem sind allerdings ihre zahlreichen Vorstrafen und eine bereits laufende Bewährung. 

Gelingt es der 36-Jährigen binnen einer Woche, einen Platz für eine Psychotherapie zu finden, wollen Staatsanwaltschaft und Gericht darüber nachdenken, ihre „Bauchschmerzen“ zu überwinden – und der Betrügerin möglicherweise doch noch eine zweite Chance gewähren.  

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