Witten. Sie ist schon ein alter Hase auf der Ruhrtalfähre in Witten. Doch so viele Schlangen wie in dieser Saison hat Kapitänin Denise noch nie entdeckt.
Es ist einer dieser letzten Herbstabende auf der Ruhrtalfähre, mit einem Sonnenuntergang wie aus dem schönsten Ruhrgebietsreiseführer. Das sanfte Licht spiegelt sich im Wasser, während das Elektroboot leise von einem Ufer ans andere gleitet. Routiniert steuert Schiffsführerin Denise Mang die „Hardenstein“. Immerhin ist die junge Frau schon seit vier, eher fünf Jahren an Bord. Die Kapitänin hat für uns eine persönliche Bilanz der nun zu Ende gehenden Saison gezogen - und Spannendes zu erzählen.
Wie die Saison gewesen sei, will der Reporter zuallererst wissen. „Stressfeier als die anderen“, sagt die 32-Jährige, während aus den Boxen im Führerhaus Hardcore-Techno dringt. Gleich ist Feierabend und außer den Journalisten und der zweiköpfigen Crew ist niemand mehr an Bord. Dann kann ja gerne mal so was laufen. Zumal die Musik nicht laut ist. Keine Ente, kein Wasservogel erschreckt sich. Das würde die Kapitänin auch gar nicht zulassen.
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Denn Denise, deren Haarfarbe in dieser Saison von Blau auf „Karamellblond“ gewechselt hat, ist eine echte Tierfreundin. Die genau hinschaut - nicht nur als Schiffsführerin. Sie ist unheimlich gern draußen in der Natur, und welcher Job könnte da besser sein als der auf der Fähre im idyllischen Ruhrtal? In diesem Jahr sei es nicht so trubelig wie sonst gewesen, „ich habe auch nicht so viele Schwimmer im Sommer gesehen“, sagt Mang.
Schlangen und Nutrias in der Ruhr in Witten gesehen
Dafür jede Menge Nutrias, jene Nager, die offenbar die Ruhr runtergewandert sind, vom Campingplatz Steger in Richtung Schleusenwärterhäuschen. „Sie schwimmen von A nach B“, hat Denise beobachtet. Sie hat auch viele Schlangen in diesem feucht-warmen Sommer im Wasser ausgemacht. „Locker so breit und so lang“, zeigt sie mit den Händen, „die waren teilweise ziemlich groß.“ Auf der kleinen „Hardenstein“ hatte sich ein Reptil offenbar sogar gehäutet. Davon zeugte die Schlangenhaut, die die überraschten Wabe-Leute eines Tages entdeckten.
Insgesamt war auf dem Wasser und am Ufer aber weniger Betrieb, der durchwachsene Sommer hat sich bemerkbar gemacht. Es gab auch weniger Angler. Doch egal wie das Wetter ist - Denise liebt den Job an Bord. Für die Langzeitarbeitslose war und ist die Maßnahme ein Glücksfall.
Für die Wittener Ruhrtalfähre reicht das kleine Schiffspatent
Jedes Jahr hofft sie auf einen neuen Vertrag. Natürlich hat sie auch schon mal über einen Job auf anderen Gewässern nachgedacht, sollte es irgendwann mal für sie nicht mehr in Witten weitergehen. „Aber so ein richtiger Schiffsverkehr ist eine ganz andere Nummer.“ Dafür, sagt die junge Frau, „braucht man auch alle Scheine und ein dickes Fell“. Für die Ruhrtalfähre reicht das „kleine Schiffspatent“.
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Inzwischen hat Denise die Fähre vermutlich schon tausendmal oder mehr sicher von einem Ufer ans andere gebracht, sogar nachts oder spätabends, wenn es noch Veranstaltungen am Schleusenwärterhaus gab. Sie könnte es fast „blind“ tun, und mit Leidenschaft ist sie sowieso dabei. Was sie an der Arbeit an Deck so mag?
„Es ist definitiv dieser Ort“, sagt die begeisterte Fahrradfahrerin, „die Landschaft, die Leute, das Superteam.“ Natürlich kennt sie inzwischen auch viele Stammgäste, meist Radfahrer, die regelmäßig übersetzen, „den 17-Uhr-Typen“ zum Beispiel. Wenn die Saison in drei Wochen zuende ist, wünscht man sich eine gute Zeit, der ein oder andere macht dann Urlaub im Süden, Denise bleibt hier und geht mit ihrem Schäferhund spazieren. Und freut sich schon aufs nächste Jahr, wenn sie denn wieder am Ruder stehen darf. „Ich bin dann immer froh, wieder beschäftigt zu sein.“ Der Himmel über dem Ruhrtal ist inzwischen glutrot. Sanft gleitet die „Hardenstein“ in den verdienten Feierabend.