Witten. Keine Zwiebelkirmes ohne Festzug: Altbekannte Wittener Familien erzählen zum Jubiläum von mühevoll gebundenen Zwiebelketten und geklautem Gemüse.

Alles hat ganz klein angefangen: Vor 20 Jahren zogen gerade mal sechs geschmückte Wagen zum Start der Zwiebelkirmes durch die Straßen der Stadt. Beim großen Jubiläums-Umzug an diesem Freitag werden es 22 Fahrzeuge und fast ebenso viele Fußgruppen sein. Mit dabei sind dann auch die ehemaligen Wittener Markthändlerinnen und -händler, die die Tradition 2004 ins Leben riefen. Vorher erinnern sie sich daran, wie das damals war - Dönekes inklusive.

Wittener Zwiebelumzug: Angelehnt an Prozession im Mittelalter

Zwei, die fest zur Zwiebelkirmes gehören: Gudrun Dönhoff-Aufermann, die den Umzug organisiert, und Thomas Grass, Vorsitzender der Schaustellervereinigung Witten.
Zwei, die fest zur Zwiebelkirmes gehören: Gudrun Dönhoff-Aufermann, die den Umzug organisiert, und Thomas Grass, Vorsitzender der Schaustellervereinigung Witten. © Annette Kreikenbohm | Annette Kreikenbohm

Um ganz genau zu sein: Die Idee zum Zwiebelumzug hatte Gudrun Dönhoff-Aufermann (75), die lange fürs Stadtmarketing gearbeitet hat. Die umtriebige Wittenerin wollte die Kirmes um ein historisches Element erweitern und ist auf die Prozession gestoßen, die beim Kirchweihfest im Mittelalter vom Crengeldanz bis zum Kornmarkt führte.

Auf dem damaligen Wochenmarkt fand sie schnell engagierte Wittener, die etwas Ähnliches auf die Beine stellen wollten. „Ohne sie wäre das niemals zustande gekommen“, sagt Gudrun Dönhoff-Aufermann, die den Umzug nach wie vor mit viel Herzblut organisiert. Zum 20-jährigen Bestehen hat sie noch einmal einen Teil der Truppe aktiviert, alle um die 80, aber immer noch mit viel Spaß bei der Sache. In der Halle der Schaustellerfamilie Bonner am Mewer Ring, wo schon das Zwiebelmännchen auf seinem Gefährt thront, treffen sich die Familien Hemke, Ohm und Kühne, um von früher zu erzählen.

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Mit dabei: die ehemalige Marktmeisterin Ulla Heinrichs. Die 78-Jährige ist ganz in ihrem Element. „Damals standen noch nicht so viele Zuschauer am Rand. Aber die Geschäftsleute kamen raus, mit Sektflaschen in den Händen, um uns zuzuprosten“, erinnert sie sich. Die anderen nicken: „Das war schon schön“, ist man sich einig.

Echte Zwiebelketten und braune Hände

Den ersten Wagen zierte der selbst gebaute Rathausturm - heute immer noch ein Muss beim Umzug. Alle Fahrzeuge sind stets geschmückt mit unzähligen Zwiebelketten. Mit einem Unterschied: „Die haben wir damals alle selbst aufgezogen“, sagt Heinrichs. Die kilometerlangen Stränge mit echten Knollen aufzuschnüren, das dauerte tagelang - und bedeutete eine Riesensauerei. „Hinterher hatten alle braune Hände.“ Bis sich Möbelmarktbetreiber Rolf Ostermann als jahrelanger Vorsitzender des Hermann-Bonner-Vereins irgendwann erbarmte und künstliche Ketten anschaffte.

Sie haben den Zwiebelumzug in Witten vor 20 Jahren mitbegründet: (v.li.) Klaus Kühne, Udo Ohm, Ursula Kühne, Mario Lutterkort, Gerhard Krzossa, Volker Zacher, Inge Ohm, Ulla Heinrichs und Gundi Hemke.
Sie haben den Zwiebelumzug in Witten vor 20 Jahren mitbegründet: (v.li.) Klaus Kühne, Udo Ohm, Ursula Kühne, Mario Lutterkort, Gerhard Krzossa, Volker Zacher, Inge Ohm, Ulla Heinrichs und Gundi Hemke. © Annette Kreikenbohm | Annette Kreikenbohm

Viel haben sie erlebt in all den Jahren. Ein Highlight war sicher der fein gedeckte Tisch, den sie mal auf dem Wagen installierten. Mit silbernen Kerzenleuchtern und viel Leim, damit alles Geschirr an seinem Platz blieb. „Aber es war so heiß, dass der Kleber sich aufgelöst hat.“ Heute können sie darüber lachen.

Ein anderes Mal ging ein Zugfahrzeug kaputt, das eigentlich einen großen Wagen voller Obst, Gemüse und Blumen ziehen sollte. Sie haben den Wagen nur eine halbe Sunde am Berliner Platz stehen gelassen. „Als wir mit einem neuen Trecker zurückkamen, war alles bis auf die letzte Porreestange weg“, erzählt Ulla Heinrichs. Dabei hätten sie hinterher sowieso alles ans Publikum verteilt.

Historische Kostüme

Jahr für Jahr wuchs der Zwiebelumzug. Wittener Vereine, die Partnerstädte und andere Formationen schlossen sich an. Die alte Garde lässt es sich nicht nehmen, auch beim Doppeljubiläum - 600 Jahre Zwiebelkirmes, 20 Jahre Zwiebelumzug - wieder dabei zu sein. Diesmal wollen sie in den alten Kostümen auflaufen, die sie schon bei der Premiere trugen. Als Wagen-Deko dienen historische Fotos und Blumen. „Wir fühlen uns super und sind richtig stolz, dass der Zwiebelumzug nicht mehr aus Witten wegzudenken ist“, sagt Ulla Heinrichs. In diesem Sinne: Bis Freitag.

Viele neue Gruppen dabei

Mit dem 20. Zwiebelumzug wird am Freitag (30.8.) die 600. Zwiebelkirmes eröffnet. Der Tross startet gegen 16 Uhr bei den Deutschen Edelstahlwerken und zieht über die Bahnhof- und Ruhrstraße bis zur Kirmesfläche auf der Bergerstraße.

Teilnehmen werden laut Stadtmarketing knapp 40 Gruppen, davon 22 mit Fahrzeugen, und insgesamt knapp 250 Menschen. Die größte Gruppe mit 125 Kindern stellt die Ev. Jugend Witten-Mitte. Neu dabei im Jubiläumsjahr sind z.B. das Märkische Museum und die Stadtbibliothek sowie das Wiesenviertel und das Hospiz.

Auf dem Stadtmarketing-Wagen werden viele ehemalige Zwiebelköniginnen mitfahren. Im Wagen der Schaustellervereinigung sitzen der Bürgermeister und die amtierende Zwiebelkönigin Lisa. Weitere Infos: www.wittener-zwiebelkirmes.de.

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