Witten. Viel zu wenig los: Der Sprecher des Wittener Wochenmarktes befürchtet das Schlimmste. Woher kommt dann der Optimismus des Stadtmarketings?

Neues Jahr, altes Problem: Mit dem Wochenmarkt in der City gehe es stetig abwärts, kritisiert Marktsprecher Volker Möller (64). Immer wieder mahne er beim Stadtmarketing an, dass etwas geschehen müsse. „Doch es tut sich nichts – im Gegenteil.“ Dem Fischhändler selbst hat das eigenen Angaben zufolge schon erhebliche Umsatzeinbußen beschert.

Allein auf weiter Flur: An einem stürmischen Donnerstag waren die Schlesischen Wurstwaren von Norbert Burda das einzige Angebot auf dem Wochenmarkt am Wittener Rathaus:
Allein auf weiter Flur: An einem stürmischen Donnerstag waren die Schlesischen Wurstwaren von Norbert Burda das einzige Angebot auf dem Wochenmarkt am Wittener Rathaus: © Theo Körner

Mal sind es die Schulferien, mal liegt es am Wetter, dass Händler dem Markt fernbleiben. Zuletzt harrte Metzger Norbert Burda (62) aus Recklinghausen vor einer Woche am stürmischen Donnerstag mit seinen schlesischen Spezialitäten ganz allein auf dem Rathausplatz aus. Am vergangenen Donnerstag (19.1.) waren es immerhin sechs Stände, die sich im Schneematsch aber auch fast verloren. Es gab Fisch, Wurst und Gemüse. Der Bäcker am Samstag kommt schon länger gar nicht mehr.

Tristes Bild: Auch am vergangenen Donnerstag (19.1.) hatten nur sechs Händler den Weg zum Wochenmarkt auf dem Rathausplatz gefunden.
Tristes Bild: Auch am vergangenen Donnerstag (19.1.) hatten nur sechs Händler den Weg zum Wochenmarkt auf dem Rathausplatz gefunden. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Die Kundinnen und Kunden sind mittlerweile ebenfalls unzufrieden mit dem oftmals reduzierten und unregelmäßigen Angebot. Anke Tubbe kauft eigentlich immer Fleisch, Wurst, Obst und Gemüse auf dem Markt ein. Doch inzwischen vermisse sie die Verlässlichkeit. Vor allem seit Weihnachten und dem Wechsel von der Bahnhofstraße zurück zum Rathausplatz gebe es nur noch ganz wenige Stände, meist nur zwei oder drei, sagt die 66-Jährige. Besonders groß sei das Angebot auch vorher nicht gewesen, „aber der Gang zum Markt hat sich immer noch gelohnt“. Das könne man jetzt nicht mehr behaupten.

Wittener Händler: Je weniger Stände, desto unattraktiver

Metzger Norbert Burda ist seit 36 Jahren im Geschäft. Er bestätigt, was leicht nachzuvollziehen ist. „Je weniger Stände ein Wochenmarkt hat, desto unattraktiver wird er, die Kunden bleiben aus.“ Der Wittener Markt leide seiner Ansicht nach bis heute unter dem 2014 fehlgeschlagenen Versuch, ihn zur Stadtgalerie zu verlagern. Mit der Rückkehr zum Rathausplatz habe er dann eine ganze Reihe von Händlern verloren.

Insgesamt gibt es 23 Händler für Wittens Wochenmärkte

Der Wochenmarkt auf dem Rathausplatz findet dienstags, donnerstags und samstags von 8 bis 14 Uhr statt. Auf dem Schnee gibt es mittwochs von 9 bis 14 Uhr einen Markt, in Annen und in Herbede freitags von 8 bis 13 Uhr.

In der Übersicht auf der Internetseite des Stadtmarketings sind aktuell insgesamt 23 Wochenmarkthändler gelistet – vom Blumenhändler bis zum Textilanbieter. Sie sind natürlich nicht alle gleichzeitig vor Ort. Nur sechs von ihnen bieten an jedem der drei Markttage in der City ihre Ware an.

Burda wird bleiben, auch Kollege Volker Möller hält durch. „Ich habe keine andere Wahl. Bis man auf einem anderen Markt Fuß gefasst hat, dauert es drei Monate“, sagt der Fischhändler. Er habe bereits bei seinem letzten Ausweichquartier zugunsten des Weihnachtsmarktes „1000 Euro Umsatzeinbußen pro Woche“ gehabt, weil er ungünstig am Nebeneingang des ehemaligen Kaufhofgebäudes stehen musste.

Fischhändler: Events locken keine Kunden

Es finde keine vernünftige Kommunikation mit dem Stadtmarketing statt, kritisiert Möller. Dabei seien die Händler dort sogar als Gesellschafter mit im Boot. Schon 2019 sollte dieses Konstrukt enden und die Händler sollten stattdessen Mitglieder der Deutschen Marktgilde werden. Doch daraus sei bislang nichts geworden.

Auch würden keine neuen Händler akquiriert, so Möller weiter. „Ich weiß, dass das schwierig ist.“ Aber da eile dem Wittener Markt inzwischen sein schlechter Ruf voraus. Die Themenmärkte auf dem Rathausplatz nennt Volker Möller „lächerliche Events“. Damit würde man keine Kunden locken. „Lebensmittel sind hier einfach das Wichtigste.“ Davon müssten reichlich vorhanden sein. Doch an manchen Tagen sei der Wochenmarkt nur noch ein besserer Flohmarkt, sagt der Forellenzüchter aus dem Elbschetal mit Blick auf die Kleiderstände. Eigentlich sehe er für diesen Markt keine Zukunft mehr.

Stadtmarketing-Chefin will Wochenmarkt neu beleben

Bleibt optimistisch: Silvia Nolte, hier auf dem Wittener Weihnachtsmarkt. Die Geschäftsführerin verlässt das Stadtmarketing zum 1. April.
Bleibt optimistisch: Silvia Nolte, hier auf dem Wittener Weihnachtsmarkt. Die Geschäftsführerin verlässt das Stadtmarketing zum 1. April. © WAZ | Jürgen Augstein

Stadtmarketing-Chefin Silvia Nolte weiß, „dass die Situation nicht von heute auf morgen zu ändern ist“. Auf Anfrage erklärt sie: „Wir werden versuchen, den Markt auf dem Rathausplatz mit externer Expertise anders aufzubauen und neu zu beleben, planen zum Beispiel ein Wochenmarktfrühstück.“

Auch wolle man neue Händler mit ins Boot holen. „Das haben wir bereits versucht, aber es ist uns bisher nicht gelungen.“ Aufrufe über Facebook seien nicht erfolgreich gewesen. Deshalb wolle das Stadtmarketing bald entsprechende Anzeigen in regionalen Fachmagazinen schalten.

Außerdem nehme die Planung des Aktionsprogramms 2023 für die City aktuell viel Zeit in Anspruch. Ein Mangel an Personal beim Stadtmarketing mache die Sache nicht leichter. Doch in Kürze sei eine Marktversammlung mit allen Händlern geplant. Nolte hofft auf regen Zuspruch.