Neviges. Thomas Beller aus Neviges hat ein ungewöhnliches Hobby. Selbst Heiligabend hat er seinen Stammplatz im Bus, aus einem ganz romantischen Grund.

Wenn Thomas Beller aus Velbert-Neviges einen Bus sieht, dann juckt es ihm in den Fingern. Dann kann er nicht anders, als zu seiner Nikon zu greifen und auf den Auslöser zu drücken. Mal von seinem Wohnungsfenster aus, mal auf der Straße, gern auch im Bus, wenn ihm andere Fahrzeuge entgegenkommen. Denn der 64-Jährige ist ein „Bus-verrückter“, wie er selbst vergnügt sagt. „Ja, Busse sind meine Leidenschaft, auch Eisenbahnen und Straßenbahnen, aber vor allem Busse.“ Eine Million Fotos hat er bisher geschossen, digital und analog. Die Datenbank ist riesig, gleich mehrere Regalwände sind vollgestopft. Ein liebenswert-schräges Hobby, dem Thomas Beller täglich und sogar auch manchmal nachts frönt. Und, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, sogar Heiligabend verbringt er dieses Jahr im Bus.

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Linienbusse sind seine Leidenschaft. Thomas Beller hat ein ungewöhnliches Hobby.
Linienbusse sind seine Leidenschaft. Thomas Beller hat ein ungewöhnliches Hobby. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Was ist die Faszination beim Fotomotiv Bus, sehen die nicht alle gleich aus, ist das nicht langweilig? „Es gibt ja Farbwechsel beim Design, mal heller blau, mal dunkler. Auch das Design der Linien-Anzeige wechselt ja.“ Und wenn andere Fahrgäste stöhnen und schimpfen, weil ihre S-Bahn oder der Nahverkehrszug nicht fährt, dann gibt‘s für Thomas Beller kein Halten. Schienenverkehr! Das ist das allergrößte, da muss er hin, da muss er mitfahren. „Beim Schienenersatzverkehr werden auch ältere Busse eingesetzt, die von Privatunternehmen stammen und von den Wuppertaler oder Dortmunder Stadtwerken aufgekauft wurden“, erzählt der gelernte Bürokaufmann.

Die große Liebe im Bus in Velbert getroffen

Eigenen Verein gegründet

Thomas Beller hat im Januar 2020 einen eigenen Verein gegründet: Die „Bergischen Bahn- und Busfreunde“ treffen sich regelmäßig, tauschen Fotos aus und vieles mehr.

Mit einigen Büchern und historischen Fotos aus der Sammlung des Vereins hat Thomas Beller auch mehrere Vitrinen in der Einkaufspassage zwischen Elberfelder Straße und Lohbachstraße bestückt. Wer einen Ausschnitt aus der umfangreichen Foto-Sammlung sehen möchte: Mehr dazu im Netz auf www.fahrzeugbilder.eu.

„Ja, das hab ich ursprünglich gelernt, aber der Job war mir zu trocken, ich machte danach eine Ausbildung zum Fotofachverkäufer.“ In jener Zeit, Ende der 70er Jahre, entflammte dann auch seine Leidenschaft für sein Hobby. „Fotografiert hatte ich eigentlich schon immer ganz gern, anfangs eher Eisenbahnen, ich hatte auch als Sechsjähriger eine Modelleisenbahn. Und mein Opa nahm mich als Kind auch immer mit zu unserem Bahnhof“, erinnert sich der gebürtige Elberfelder. Eine gewisse Affinität für diverse Fortbewegungsmittel habe es also immer schon gegeben, aber nichts begeistert ihn so wie Busse. Fast nichts, muss man sagen: Denn da ist ja noch Helga, seine große Liebe. Die hat er, na klar, im Bus kennen- und lieben gelernt. Und das beste: Helga Mankel ist viel mehr als nur seit 34 Busfahrerin bei den WSW, die 61-Jährige liebt ihren Traumberuf.

Es funkte spätabends in der Linie 649

„Ich hatte schon mit zehn Jahren den unbedingten Willen, Busfahrerin zu werden. Damals fuhr bei uns die Linie 623 zur Sonnenblume, das fand ich toll. Hab das auch zu Hause so nachgespielt“, so erinnert sie sich. Die Kinderträume verblassten, aus Vernunftgründen machte sie eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Doch als sie dann 1990 den Satz „Busfahrer/Busfahrerin gesucht“ sah, machte Helga Mankel Nägel mit Köpfen, sitzt seitdem glücklich am Steuer der WSW. Glücklicherweise fährt sie sehr oft Spätschichten, und glücklicherweise ist Thomas Beller zu jeder Zeit gern im Linienbus unterwegs: Amor hatte freie Bahn, im März 2024 seinen Pfeil abzuschießen.

Plötzlich Schmetterlinge im Bauch

An jene Nacht erinnern sich beide nur zu gern „Ja, ich hatte damals irgendwie so ein komisches Bauchgefühl. Hab erst hier die Passage abgeschlossen, und bin dann nochmal rüber zum Busbahnhof.“ Da stand, bereit zur Abfahrt um 0.33 Uhr, die Linie 649 mit Helga Mankel am Steuer. Und auch sie habe damals gemerkt, dass „irgendetwas anders war“. Aus dem „komischen Bauchgefühl“ wurden bei beiden plötzlich Schmetterlinge im Bauch, seitdem sind die zwei „Bus-Verrückten“ unzertrennlich. Bei jeder Fahrt sitzt Thomas Beller in der ersten Reihe vorne rechts, sein unangefochtener Stammplatz.

Heiligabend gemeinsam auf Tour

Das ist auch Heiligabend der Fall, wenn Helga Mankel von 21 Uhr bis 5 Uhr früh den Nacht-Express steuert. „Ist doch selbstverständlich, etwas anderes könnte ich mir gar nicht vorstellen.“ Klar ist auch, dass die Zwei keinen Weihnachtsbaum haben, „das lohnt sich für uns einfach nicht“. Ist aber nicht so schlimm, Hauptsache, Weihnachten zusammen zu sein, und dazu noch im Bus. Für die Zwei perfekt, besser geht‘s nicht.

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Schon jetzt kribbelt es Thomas Beller voller Vorfreude in den Fingern, wenn er an das neue Jahr denkt: „Bald bekommen die WSW 32 neue Wasserstoff-Busse, 20 sind ja schon jetzt da, Solo- und Gelenkbusse.“ Thomas Beller zeigt auf einige Fotos in der riesigen Datenbank seines PC und sagt lächelnd: „Das ist eine Jagd. Sobald ein neuer Bus da ist, muss ich den möglichst schnell fotografieren.“ Dann wird alles stehen und liegen lassen, gibt es nur einen Grund, nicht sofort loszuziehen: wenn Helga gerade Bus fährt.